Kapitel 1

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Isabel

Hier stand ich nun. Völlig verschwitzt, weil mein Auto unterwegs den Geist aufgegeben hatte und es in der Sonne mindestens Dreißig Grad waren. Ich wusste nicht genau wie viele Meilen ich zu Fuß zurückgelegt hatte, jedoch war mir eine Sache ganz klar. In meiner jetzigen Situation würde ich mich gleich wahnsinnig ins Zeug legen müssen, um meinen gerade gewonnenen Job nicht noch vor Antritt des ersten Tages wieder zu verlieren.

An meiner rot-weißen Karobluse klebte Motoröl - glaubte ich zumindest - ich stank vermutlich mehr nach Schweiß, als ein Wrestler der zwei Wochen nicht geduscht hatte und zu allem Überfluss war ich bereits eine halbe Stunde zu spät. Dabei hatte ich am Telefon nahezu darüber geschwärmt, ja fast schon angegeben, welch zuverlässiger Mensch ich doch war.

Entweder hielten mich die Wrights jetzt tatsächlich für eine Lügnerin, oder für jemanden, der seinen Job nicht ernst nahm. Beides könnte mir in wenigen Augenblicken das Genick brechen. Dabei brauchte ich das Geld so sehr.

Während ich langsam, und mit zittrigen Beinen, die Veranda des weiß-gestrichenen Landhauses betrat, versuchte ich mit den Händen über mein Oberteil zu streichen, in der Hoffnung,  vorhin entstandene Knitterfältchen zu glätten. Kurz darauf hob ich meinen Blick, suchte verzweifelt die Türklingel und stellte fest, dass es keine gab. Reflexartig hob ich eine Braue und fragte mich, wie alt dieses Gebäude war, wenn es nicht mal eine Klingel gab. Dann eben der altmodische Weg. Klopfen. Zögerlich hob ich die Hand, ballte sie zu einer Faust und tippte meine Fingerknöchel zwei Mal hintereinander gegen die Holztür. Nichts passierte. Keinerlei Reaktion. Vielleicht war ich einfach zu leise? Immerhin hatte ich es hier mit einem älteren Ehepaar zutun. Seufzend strich ich mir ein paar Strähnen von der verschwitzten Stirn und versuchte es nochmal. ,,Ist sie das endlich?" ertönte eine männliche Stimme aus dem Haus und ich schluckte schwer. Super. Einerseits machte sich Erleichterung in mir breit, da mich offensichtlich jemand bemerkt hatte, andererseits hoffte ich, dass ich mir jetzt nicht sofort den ersten Tadel einfangen würde.

,,Miss Dunkin?", erklang es zeitgleich mit dem Knarzen der sich öffnenden Tür. Die Vermutung, dass dieses Haus seine besten Jahre bereits hinter sich hatte, festigte sich immer mehr. Miss Wright stand vor mir und zog ihre Mundwinkel leicht in die Höhe, was die Fältchen auf ihren Wangen tanzen ließ und zarte Grübchen hervorschob. Ihr warmer Gesichtsausdruck baute meine Nervosität unverzüglich ab. Dennoch überkam mich das Gefühl, mich rechtfertigen zu müssen, noch bevor ich im Stande war eine simple Begrüßung über meine Lippen gleiten zu lassen.  Schließlich war ich an meinem ersten Arbeitstag mehr als eine halbe Stunde zu spät. Wobei man diesen Tag noch nicht wirklich offiziell als richtigen ersten Arbeitstag abstempeln konnte. Ich hatte den Wrights zwar bereits mein großes Interesse an einem Job in ihren Räumlichkeiten deutlich gemacht, und sie klangen am Telefon so nett, dass ich mir - bis dato - eher weniger Sorgen darüber gemacht hatte, dass unser erstes persönliches Treffen so dermaßen in die Hose gehen könnte, dass wir uns nicht vertraglich einigen würden, doch unterschrieben hatte ich noch nichts.

 ,,Es tut mir unglaublich leid, Miss Wright. Ich versichere Ihnen, dass so eine Verspätung nie wieder vorkommen wird. Mein Auto ist unterwegs liegen geblieben. Ich habe noch versucht es zu reparieren, aber ich wusste nicht wie, weil ich absolut keine Ahnung von Autos habe und dann bin ich den Rest zu Fuß gelaufen" Ich verschluckte mich beinahe an jedem zweiten Wort und stolperte an nahezu jeder Silbe. Du benimmst dich wie der letzte Höhlenmensch, Izzy..

Die Ältere Dame unterbrach mich mit einem leisen Lachen, kopfschüttelnd. ,,Komm doch erstml rein Liebes. Du siehst durstig aus."

Miss Wright war einen Kopf kleiner als ich, was auch nicht sonderlich schwer war. Schon damals in der Grundschule war ich das größte Mädchen gewesen. Bei 1,75m hatten meine Knochen sich dann irgendwann doch dazu entschieden einen endgültigen Stopp einzulegen.

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