Kapitel 19

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Isabel

War mir nie sicherer. Jaxons Worte hallten, auch vier Wochen später, noch immer pausenlos durch meine Ohren und fluteten meinen Körper regelmäßig mit einer kribbeligen Gänsehaut. Dass wir, nach langem hin- und her Geplänkel, tatsächlich alle Mauern zum Einsturz gebracht hatten, die uns davon trennten uns unsere Gefühle endgültig einzugestehen, war magisch und ich musste meinen Verstand immer wieder daran erinnern, dass es der Wahrheit entsprach. Jaxon Wright, der Enkelsohn meiner Arbeitgeber, der gefallene und gebrochene Ex-Polizist, der verschlossene Dreiundzwanzigjährige, welcher mich wochenlang mit unangenehmen Schweigen in den Wahnsinn trieb, hatte den Stacheldraht, der sein kühles Herz umhüllte mit einem Seitenschneider durchtrennt, um meine Wärme hinein zulassen. Wir waren ein Paar. Er und ich. Ich und er. Eine Woche schaffte ich es, die frohe Botschaft vor meinen Eltern geheim zu halten. Nach Sieben Tagen, welche sich anfühlten wie Sieben Jahre, gut das war vielleicht etwas überzogen, sprach Mom mich auf mein ständiges Schmunzeln an. ,,Du benimmst dich seit Tagen wie ein Honigkuchenpferd. Gibt es etwas, worüber du mit uns sprechen möchtest?“ lachte sie mir, am Freitag vor drei Woche, am Frühstückstisch entgegen und sorgte dafür, dass sich erneut ein breites Lächeln auf meinen Lippen ausbreitete. Ich hatte es gar nicht mehr versucht es zu verstecken, da es ohnehin sinnlos war. ,,Es hat mit Jaxon zutun, hab ich Recht?“ fuhr sie fort, weil mein Kiefer wie eingefroren war und ich keim Wort rausbekam. Als der Name des Braunhaarigen fiel, miaute Socke uns aus dem Wohnzimmer zu und kam mit tapsigen Pfoten angerannt. Die kleine Katze war immer noch total vernarrt in den Älteren und ich nahm es ihr keine Sekunde übel, obwohl es manchmal schon ziemlich anstrengend war, wenn sie ihre Kuscheleinheiten mit meinem Freund einforderte und ich dabei zusah, wie er freudig ihren Kopf kraulte und sie schnurrend auf seinem Schoß lag. Es klang völlig absurd eifersüchtig auf ein Tier zu sein, doch ich hatte das Gefühl, dass die Tatsache, dass Jaxon und ich ein Paar waren, mich noch süchtiger nach seiner Anwesenheit machte. Ich wollte ihn küssen, umarmen, ihm nah sein und das jede freie Minute. ,,Seit wann?“ war die letzte Frage, die Mom mir stellte und Dad biss knurrend in seinen Toast, weil auch er genau wusste worauf dieses Gespräch hinauslief. ,,Seit einer Woche“ quiekte ich und wurde ganz rot, während ein wohliger Schauer meinen Körper durchfloss. ,,Das wurde aber auch Zeit! Es ist so schön dich endlich wieder glücklich zu sehen, Spätzchen. Ich hatte schon Angst, du würdest Kyle noch ewig nachtrauern.“ Hatte sie geantwortet und Dad zwängte sich ein murrendes ,,Glückwunsch“ heraus. Er mochte Jaxon, hatte aber Angst, dass er mich verletzen würde. Ich nahm ihm die Reaktion keineswegs übel. Bis heute nicht. Würde ich niemals. Er war mein Vater und quasi dazu prädestiniert jeden Typen zu hassen, der eine potenzielle Gefahr für mein Herz darstellte.

Nun saß ich hier, mit einer gepackten Tasche, in der Kleidung für zwei Tage verstaut waren, so wie Jaxon es von mir verlangte. Gestern Abend rief er mich an und sagte, er hätte die gesamte Woche an einer Überraschung für mich getüftelt, die sich offensichtlich über das kommende Wochenende erstreckte. Ich würde nicht mehr benötigen als zwei Outfits, also packte ich das Doppelte ein. So wie Frauen das eben so machten. Vier Oberteile, vier Hosen, sowie Slips - die von der sexy Kategorie, nur um sicherzugehen – und ein Dutzend paar Socken. Mein weißer, mit Spitze besetzter BH würde für zwei Tage reichen, also war in meiner Reisetasche noch Platz für ein schickes Kleid. Vielleicht würde ich es ja doch brauchen und ich war liebend gerne auf alle Möglichkeiten vorbereitet. ,,Und du hast keine Ahnung wohin es geht?“ Mona hatte versprochen mich kurz vor Reiseantritt anzurufen, um mir die Aufregung zu nehmen, die in mir rumorte, seit Jaxon mir von seiner Überraschung erzählt hatte. ,,Nope. Er hat nichts gesagt, außer dass ich Klamotten für zwei Tage einpacken soll.“ Mona seufzte gespielt verliebt und ich konnte ihr Grinsen praktisch durchs Telefon hören. ,,Das klingt so romantisch. Denkst du er hat euch eines dieser furchtbar teuren Hotelzimmer gebucht? So richtig mit Pool und so?“ Meine Augen wurden riesig. Diese Option war mir tatsächlich überhaupt nicht in den Sinn gekommen. ,,Oh mein Gott“ hauchte ich perplex ,,Glaubst du echt? Ich habe gar keinen Badeanzug eingepackt!“ Meine beste Freundin stieß ein Lachen aus voller Kehle aus ,,Badeanzug? Bist du eine Nonne? Du ziehst natürlich einen Bikini an! Hast du noch Zeit einen einzupacken?“ Der nachfolgende Blick auf die Uhr gab mir eine klare Antwort. Jaxon würde in weniger als Fünf Minuten vorfahren, wenn er pünktlich war. Also, Nein. ,,Habe ich nicht. Verdammt, was mach ich denn jetzt?!“ - ,,Atmen, Izzy. Beruhig dich. Hast du sexy Unterwäsche dabei?“ Ich nickte und schob ein schüchternes ,,Ja“ hinterher. ,,Kluges Mädchen“ kicherte sie ,,Dann gehst du eben so, oder ihr badet nackt. Hat auch seinen Reiz, glaub mir.“ Ich verzog das Gesicht, weil ich sicher kein Typ war, der sich nackt in einen Indoor-Pool setzte, indem schon Tausend andere Menschen nackt gesessen und Gott weiß was getrieben hatten. Plötzlich hupte es und ich sprang erschrocken von der Veranda auf. ,,Er ist da“ flüsterte ich, als wäre es ein Geheimnis und Mona lachte ,,Viel Spaß und sei nicht zu verkopft. Genieß das Wochenende mit deinem heißen Polizisten. Wenn was ist ruf an, okay?“ - ,,Mach ich. Danke. Bye.“ Hastig legte ich auf, verstaute das Smartphone in der Hosentasche meiner Jogginghose und schlurfte mit der Tasche im Schlepptau auf Jaxons Truck zu, an den der Wohnwagen von Helen und Marc angekoppelt war. Jaxon war ausgestiegen, um mir einen Kuss auf den Mund zu drücken. ,,Hey“ hauchte er sanft gegen meine Lippen und sein rauer Tonfall löste eine Gänsehaut auf meinem Körper aus. Zu meinem Entsetzen brachte dieses eine, simple Wort eine bestimmte Stelle zwischen meinen Schenkeln zum Pochen. Das war in letzter Zeit schon öfter geschehen, wenn wir gemeinsam im Bett lagen und einen Film sahen. Sobald seine Hand meinen Oberschenkel berührte, oder unsere Küsse hitziger wurden, erregte es mich fast schon ein wenig zu sehr. Glücklicherweise drängte Jaxon mich nicht, da er meine Vorgeschichte kannte, doch langsam war ich an dem Punkt angelangt, wo mich die Sache mit Kyle viel weniger interessierte, als die Tatsache, dass ich endlich mit Jaxon schlafen wollte. Ob ein Campingtrip die richtige Gelegenheit dafür bot, würde sich zeigen, dachte ich. ,,Hey“ kicherte ich, als er mir meine Tasche abnahm und im Kofferraum verstaute. ,,Bist du bereit für ein unvergessliches Wochenende?“ Bereit, wenn du es bist, Jaxon.  Nickend nahm ich auf dem Beifahrersitz platz und schnallte mich an. ,,Wohin geht’s?“ fragte ich neugierig, als er rückwärts vom Hof rollte und schnurstracks Richtung Highway fuhr. ,,Verrate ich nicht. Du siehst es, wenn wir da sind.“ Seufzend rutschte ich tiefer in den Sitz und verband mein Handy per Bluetooth mit seinem Autoradio. Das machten wir immer so, wenn wir zusammen fuhren, auch wenn meine Musikwahl ihm oft nicht gefiel. Er sagte es zwar nicht, doch seine krausgezogene Nase verriet ihn.

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