Kapitel 16

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Jaxon

Ich öffnete die Augen und fühlte mich miserabel. Meine Augen waren träge, meine Wange brannte noch immer, so als würde Moms Hand ununterbrochen Ohrfeigen auf meiner Haut verteilen, und in meinem Kopf arbeiteten ein Dutzend kleiner Bauarbeiter mit Presslufthämmern. Es schien, als wollten sie die vordere Wand meines Kopfes so porös machen, bis sie einstürzte. Knurrend massierte ich mir die Schläfen, bevor ich meinen Blick durch den Raum schweifen ließ, in dem ich mich befand. Die Wände waren weiß, kahl und es roch unangenehm das Desinfektionsmittel und Sterilität. Ich war im Krankenhaus. Super. Als mein Arm juckte und ich kratzen wollte, blieben meine Finger an einem Zugang hängen, der in meiner Armbeuge steckte. Der Beutel an dem Ständer neben mir war bereits leer, also musste in wenigen Augenblicken sicher jemand vorbeikommen und nach mir sehen. Als hätten die Krankenpfleger meine Gedanken erhört, öffnete sich die Tür wenig später und ein junger Mann mit blauem Kasack trat ein. Seine Füße steckten in weißen, bequem aussehenden Crocs. ,,Ah, Sie sind wach!“ freute er sich und stöpselte den Schlauch ab, welcher bis eben noch meine Flüssigkeitszufuhr war. ,,Wie fühlen Sie sich?“ Außer der starken Kopfschmerzen und der Sorge nach meinem Vater war alles Bestens. ,,Gut“ brummte ich und erschrak vor meiner eigenen Stimme. Sie klang, als hätte ich den heftigsten Kater meines Lebens und seit Tagen mit niemandem mehr ein Wort gewechselt. Furchteinflößende Kombi. ,,Kann ich jetzt gehen?“ Ich stemmte meine Arme auf die Matratze und schob mich an die Kante des Krankenbettes. Der Pfleger, sein Name war Tommy, wie ich es dem kleinen Namensschild entnehmen konnte, legte die Stirn in Falten und taxierte mir. ,,Sie waren ohnmächtig und haben sich den Kopf angestoßen. Der Arzt würde Sie gerne eine Nacht zur Beobachtung hier behalten.“ - ,,Ist mir egal was der Arzt will. Es geht mir gut. Also ziehen Sie mir gefälligst dieses Ding aus meinem Arm und machen Sie meine Entlassungspapiere fertig, klar?“ Ich war so ein Idiot. Ein riesengroßer Idiot, der sich wie ein arrogantes Arschloch verhielt, das glaubte mit Menschen umgehen zu können wie er wollte. Innerlich schimpfte ich mit mir selbst für meine Ausdrucksweise, doch als ich mich für meinen Ton entschuldigen wollte, murmelte Tommy bereits ein ,,Natürlich, Sir. Bin sofort wieder bei Ihnen.“ Und verschwand aus der Tür. Toll gemacht, Jaxon. Du ruinierst echt alles.

Nachdem er mit sterilem Werkzeug und Desinfektionsmittel zurück kam und mir den Zugang entfernte, bedankte ich mich bei ihm und fühlte mich einfach nur scheiße, weil er mir nicht mal in die Augen schaute. Seufzend setzte ich meine Unterschrift auf meinen Entlassungsbrief und überflog zeitgleich das Kleingedruckte. Auf eigene Gefahr. Bla, bla, bla.

Das Einzige was jetzt zählte war mein Vater. Komisch, dass ich so dachte, weil er eigentlich immer das Letzte war, an das ich irgendwelche Gedanken verschwendete. Mit klopfendem Herzen schlurfte ich zur Krankenhausinformation. Eine nette Dame mittleren Alters saß hinter dem weißen Tresen, aus dem grüne Neonröhren herausblitzen und den Fliesenboden anstrahlten. Die hatte grau-meliertes Haar, welches gelockt war, aber von einer goldenen Haarklammer auf dem Kopf zusammengehalten wurde. ,,Wie kann ich Ihnen helfen?“ lächelte sie und schob ihre Brille hoch. Ich konnte deutlich sehen, dass es ihr wichtig war Freude und Hoffnung zu überbringen, damit dieser Ort nach dem Reinkommen nicht sofort alle positiven Gefühle in Angst und Schrecken verwandelte. Trotzdem ließ mich ihre warmherzige Art in diesem Moment kalt. Nein, sie versetzte mir sogar einen Stich. Ich dachte an ihren Mann und ihre, zwei, vielleicht drei Kinder und wie gut sie es bei ihr wohl hatten. Sie wirkte wie eine Frau mit großem Herz, aufbauenden Worten und Lebensweisheiten. Mit Sicherheit fuhr sie nach ihrer Schicht nach Hause und stellte sich noch an den Herd, um ihrer Familie ein wunderbares Essen zu zaubern. Ganz ohne Mühe und Frust. Weil es ihr Spaß machte. Weil sie ihre Familie liebte. ,,Ist alles in Ordnung mit Ihnen, Sir? Sie halten die Schlange auf“ Janet, der Name stand auf einem Schild neben ihrem Telefon, beugte sich zu mir herüber und tippte mich an. ,,Verzeihung“ entschuldigte ich mich und kratzte mich am Hinterkopf. ,,Donald Wright. Auf welchem Zimmer ist er?“ Sie tippte etwas in ihrem Computer ein, klickte ein paar Mal auf der Taste ihrer Maus herum und scrollte mit dem Zeigefinger über das kleine Rädchen in der Mitte. ,,Station D. Zimmer Drei Fünf Drei.“ Ich nickte und machte auf dem Absatz kehrt. Keine Ahnung, ob es eine gute Idee war Dad zu besuchen. Wahrscheinlich wollte er mich nicht einmal sehen. Trotzdem ignorierte meine zweifelnden Gedanken und stieg in einen dieser verfickt breiten Aufzüge um in die verfickte Etage zu  gelangen, auf der er lag. Er musste leben. Ansonsten hätte sie mir auch gleich um die Ohren pfeffern können, dass ich mir schon mal passende Kleidung für die Beerdigung raussuchen sollte. Während ich versuchte das Zimmer, welches Janet mir genannt hatte, ausfindig zu machen, liefen ein paar Krankenschwestern an mir vorbei und ich spüre wie sich ihre Blicke in mich bohrten. Was Izzy wohl dazu sagen würde, wenn mich andere Frauen anschmachteten?

TRUST ME AT THE COUNTRY SIDEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt