Kapitel 2: Warum?

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Die Wege meines Dealers und mir trennen sich und ich schleiche durch den Park, setze mich zufrieden auf eine Bank und lehne mich zurück. Ich fühle das harte, kalte Eisen an mir und kann mir ein Seufzen nicht verkneifen. Es in den Händen zu halten - das Glück dieser Welt - lässt mich so gut fühlen. Diese Stadt hat viele Seiten. So wie Dealer und Menschen wie ich sich hier herumtreiben, halten sich auch Leute mit dem großen Geld in ihrer wenigen freien Zeit hier auf, denn der Park vereint die Stadt. Trotz allem ist es ein ruhiger Platz, der nur spät abends und nachts durch Drogensüchtige und Betrunkene gefährdet wird, Tagsüber jedoch passiert hier recht wenig und so kann jeder hier entlang gehen, ohne belästigt zu werden. Ich persönlich will auch nicht dumm von der Seite angemacht werden, sodass ich nach dem Leben und leben lassen handle. Ich lasse andere in Ruhe und werde in Ruhe gelassen ... Klappt nicht immer, aber wenn ich es nicht provoziere ist die Chance größer Ruhe zu haben.

Bis in den frühen Abend lächle ich in mich hinein und fahre immer wieder mit den Fingern der Tüte an den Ecken entlang. Ich beschließe, es jetzt zu nehmen und in dem Moment, den ich mich erheben will um glücklich Heim zu gehen, fühle ich das Tütchen des Glückes nicht mehr in meiner Hand. "Warum hast du so etwas?", höre ich eine Jungenstimme sagen und sehe sofort auf. Ich blicke in unnatürlich hellgrüne Augen, die mich fixieren. Der Junge in Markenkleidung und dem reinblonden Haar wedelt mit den Drogen vor mir her. "Mhm?"
"Geb' das her", zische ich und greife danach, doch er zieht es kurz bevor meine Finger das Plastik erreichen können, ein Stück zurück. "Warum?"

Prompt stehe ich auf und sehe auf den einen Kopf kleineren Jungen herab, welcher mich frech lächelnd mit seinen grünen Augen fixiert. "Was fässt du den Kram von anderen an!?" Er sollte sehen, wie sehr er mich mit seiner unnötigen Frage provoziert.
Ich schubse ihn an den Schultern, doch obwohl er zurück stolpert, zeigt er sich unbeeindruckt. "Na, na, na. Wir wollen doch nicht gleich wegen wenigen Milligramm Todespulver handgreiflich werden", flötet der gut gekleidete Blonde und winkt mir ab. Ich atme ein, um ihm eine gehörige Standpauke zu halten, da spricht er einfach vor mir los: "Ich wette, dass du für den Scheiß hier alles Geld ausgibst, was du hast und wahrscheinlich verzichtest du dafür auf jede Scheibe Brot, so wie du aussiehst." Ich stocke und beiße wütend die Zähne aufeinander. "Was geht dich das an!?", zische ich, etwas mit der Wahrheit aus seinem Mund überfordert. Ist es so offensichtlich? ...
"Wenn du dem typischen Klischee entsprichst, dann hast du noch tausend Geschwister und deine Eltern, die wahrscheinlich zu mindestens einen Teil aus Stiefverwandschaft entstammen, kümmern sich weniger als einen Dreck um euch."

Ich verdrehe die Augen und blicke verschämt zu einem Baum, während ich ihm die geöffnete Hand hin halte, in welche er meinen Besitz ablegen soll. "Gib mir das einfach wieder zurück."
"Du hast mir meine Frage noch nicht beantwortet!"
Aus den Augenwinkel funkle ich den Blonden an und beiße mir vor Ungeduld auf die Unterlippe.
Er grinst weiter dreist zu mir auf und verschränkt samt Tüte zwischen Zeige- und Mittelfinger die Arme.
"Vielleicht weil du Recht hast und ich es deswegen brauche?", bin ich wütend und greife erneut danach. Dieses Mal schaffe ich es das Pulver aus seiner Hand zu entnehmen, wobei es sich beinahe so anfühlt, als hätte er freiwillig los gelassen.
"Super!", lacht er plötzlich wie ein süßes Mädchen und scheint völlig verändert. Ah ja. Schizophrenie ist in höheren Kreisen wohl genau so weit verbreitet, wie in den unteren Gesellschaftsklassen.
"Du bist genau so einer, wie ich ihn suche", flötet der komische, mir wirklich unsympathische Junge weiter. "W-wie meinst du das?"
Er schafft es mich mit seiner ungewöhnlichen Art zu verunsichern ... "Ach, egal!", antwortet er mir bloß, während ich meinen geliebten, teuren Schatz in meine Tasche schiebe, um ihn vor dem Fremden zu schützen. Noch nie hat jemand auf eine solch dämliche Art und Weise eine solch unnötige Konversation mit mir geführt.

"Aha", entgegne ich dem Jungen möglichst im gleichgültigen Ton und versuche meine Unsicherheit zu überspielen. Er legt zu allen Unannehmlichkeiten zusätzlich die Hand auf meine Schulter und fährt sie hinab. "Du bist so schön mager", murmelt er - ohne dass ich weiß, ob er mit mir oder sich selbst spricht. "Fass mich nicht an", gebe ich wieder gereitzt von mir und ziehe mich zurück. Ich will nach Hause, er soll aufhören mich auf diese Weise zu belästigen!
Statt aber zu gehen ... folgt der Schwachkopf mir sogar.
"Ist es dir denn egal, wenn du dich kaputt machst?", fragt mich der Grünäugige mit genau diesen Grinsen, welches man hat, wenn man etwas findet das man gesucht hat.
"Jo." Kurz, knapp angebunden.
Er holt schnell auf und stellt sich mir - rückwärts gehend - vor mich. "Was willst du, mann!?", zische ich wieder und bleibe wütend stehen. Sowas von penetrant!
"Wie heißt du?"

Ich verdrehe seufzend die Augen und wünsche mir kurz zu den Schlagbereiten zu gehören, doch leider bin ich so nicht - genauso wenig wie ich mit meinem Gewicht sonderlich stark bin. "Jin."
Es ist besser es zu sagen, sonst reitet er noch länger, nervig wie er ist, darauf herum, bis ich sowieso damit herausrücke.
"Gut", lächelt er. Ich mag ihn überhaupt nicht, er kommt für mich wie ein psychisch Gestörter herüber, der aus irgendeiner Anstalt geflohen ist und nun die Leute auf den Straßen tangiert. "Ich bin Rye."
Ich zucke die Schultern. "Wo sind die Leute, die das interessiert?"
Er lacht, als hätte er es überhaupt nicht verstanden oder so, als würde er sich über mich lustig machen und kommt auf mich zu. Ehe ich etwas dagegen tun kann, schließt er seine Arme um mich und drückt seinen Kopf kurz gegen meine Brust.
"Lass uns Freunde sein, Jin-Jin."
Ist das sein verdammter Ernst!?
"Klar", sage ich wieder knapp angebunden und schiebe ihn an der schmalen Schulter zur Seite. "Kannst du mich bitte für heute in Ruhe lassen?" Eigentlich wollte ich seinen Namen anhängen, jedoch habe ich ihn bereits wieder verdrängt und vergessen. "Wenn du mir folgendes ehrlich beantworten kannst?"
Ich zucke wieder entnervt die Schultern. Mach doch was du willst, Junge! Aber lass mich verdammt noch einmal in Ruhe!

"Willst du sterben?"


Disallowed Love (BoyxBoy. Yaoi)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt