Kapitel 20: Monatsende

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"Weißt du, wie teuer das war!? Ich kann mir kein neues leisten!"
Von Rye kommt keine Antwort, nur seine Augen, in denen sich langsam immer mehr das Licht der Badezimmerlampe spiegelt, versuchen stark zu wirken, ohne es zu sein.
"Du kannst gehen, brauchst dich hier nicht mehr blicken zu lassen!" Grob fasse ich ihn am Arm und zerre ihn aus der Wohnung, obwohl er wohl selbst gerade einfach nur weg will. Ich schubse ihn vor die Tür und knalle diese vor seinem Gesicht zu, bevor ich mich wutentbrannt setze und kurz darauf nur wieder aufstehe, um das Haustelefon aufzusuchen. Dieser Pisser soll bloß nie wieder herkommen! Er tut immer auf so toll und fängt dann bei einem Schlag in das Gesicht fast zum Heulen an! War ja klar, dass er nur so tut.

Die Nummer kenne ich bereits auswendig, die ich wähle. Zu meiner Überraschung wird beinahe sofort abgehoben, obwohl selten jemand überhaupt rangeht. "Hallo?", frage ich ruhiger in den Hörer, um nicht all zu aufgebracht zu klingen.
"Was willst du?" Seine Stimme ist hart und ohne Gefühl, so wie ich es von ihm kenne.
"Das selbe wie letztes mal... geht das?"
"Klar, wenn du zahlen kannst?"
"Ja ... Also ... Weißt du ...", fange ich zu stammeln an und beiße mir nervös auf die Lippen. Bitte sag nicht nein ...
"Vergiss es! Ich leg dir nichts vor, das kannst du dir in den Arsch schieben!"
"Mann, bitte!", beginne ich zu betteln.
"Du weißt, dass ich es brauche!"
"Was kann ich dafür, wenn du dir den Scheiß nicht leisten kannst? Verpiss dich", rauscht die Stinme durch das Telefon und ich bekomme Angst, dass er auflegt. "Okay, ich kann es dir sowieso zahlen!", platzt es einfach aus mir heraus, obwohl ich kein Geld dafür habe und es Monatsende ist. Nicht einmal für die Familie könnte ich noch etwas besorgen, aber das blende ich alles aus. Ich komme schon an das Geld. Irgendwie ...

Nach kurzen Schweigen spricht mein Lebensretter weiter. "Gut ... Dann morgen um die selbe Uhrzeit wie sonst am selben Ort wie immer, tschau." Noch bevor ich etwas dazu sagen kann, tutet es bloß noch. Nervös blicke ich mich langsam um und erhebe mich, um an die kleine Sparbox zu gehen, in der aber kaum mehr Geld zu finden ist. Davon kann ich mir nichts kaufen und voller Verzweiflung, in welche sich die Wut aufgelöst hat, suche ich die Nummer meines älteren Bruders im Telefonbuch auf.

"Chen? ... Hey ...", flüstere ich mit brüchiger Stimme in den Hörer, als das Geräusch des Abhebens ertönt.
"Hey, na, Großer?"
"... Wie geht's dir so?" Ich will nicht gleich mit der Tür in das Haus fallen, sondern erst etwas Smalltalk halten, um nicht so zu wirken, als ob es nur wegen dem einen angerufen hätte, auch wenn es so ist.
"Ja, ganz gut soweit. Wir beide", spricht er über seine Freundin und sich, "verstehen uns gut, im Job alles gut, mit- ..."
"Ja, sag mal ... Kannst du mir einen Gefallen tun?"
"Mhm?"
"Kannst du mir ein bisschen Geld leihen? ..."
Chen seufzt am anderen Ende der Leitung plötzlich angestrengt.
"Jin, schon wieder? Ich leih euch so oft etwas, wann bekomme ich es denn mal wieder? Ein Millionär bin ich schließlich auch nicht und ich will mir eigentlich auch meine Wünsche wahr machen, statt immer nur mein Geld an euch abzudrücken."
"Ja, ich verstehe das ja auch! Aber du musst doch auch an uns denken und Maurice! Du weißt genau, dass ich keine Arbeit finde und selbst wenn ich eine hätte, würde hier nur alles drunter und drüber gehen ... Bitte."
"Und genau da ist der Punkt. Du arbeitest nicht! Wie willst du mir mein Geld zurückzahlen? Daniele könnte ja auch mal nen Nebenjob machen, der ist alt genug oder irre ich mich da etwa? Oder die Mudda soll mal was machen, aber ich hab keinen Bock, dass ihr mir ständig auf der Tasche liegt."

Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll und fange unwillkürlich am Telefon zu weinen an. "Was soll ich denn jetzt machen..?", frage ich mit zittriger Stimme und wische mir die Tränen aus dem Gesicht. Vorersg kommt nichts, doch dann die erlösende Frage meines Gesprächspartners: "... Wie viel brauchst du?"
"Ich weiß nicht ... Kannst du mir nicht einfach ein-zweihundert geben?", hake ich vorsichtig und mit brüchiger Stimmlage nach. "Jin! Es ist Monatsende! Als ob ich da noch zweihundert Euro herumfliegen habe."
"Tut mir Leid ..."
"Ich kann dir siebzig geben, aber mehr leider auch nicht ... Das wird wohl auch für die paar Tage reichen, bis ihr die Überweisung bekommt."
Nur 70? Na ja ... Besser als gar nichts ... "Danke", bin ich dennoch erleichtert. "Wirklich danke."
"Ja, ja ... Ich bring es dir später vorbei, ich muss sowieso noch etwas abholen ..."
"Okay ... Trotzdem danke nochmal ... Bis später, okay?"
"Bis später, ja."

Erleichtert lasse ich mich in mein Bett fallen und kann endlich wieder frei atmen und Luft bekommen. Während des ganzen Gespräches hatte ich das beklemmemde Gefühl, zwei Hände würden sich um meinen Hals legen und immer fester zudrücken.
Doch jetzt haben sie sich gelöst.

Disallowed Love (BoyxBoy. Yaoi)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt