Kapitel 13: Innere Unruhe

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"Okay, okay, tut mir leid", hebt der Blonde allerdings sofort die Waffen stilllegend die Hände. "Ich wollte nur meine Grenzen testen, deswegen habe ich mich darüber lustig gemacht."

"Aha." Jetzt redet er sich wieder schön aus der Sache heraus, von wegen er hätte es ja gar nicht böse gemeint, mhm? Ja ja, so kenne ich ihn bisher. "Glaubst du mir nicht?", lehnt Rye sich schließlich auf die Theke, um mir beim Aufräumen zu zusehen. Als keine Antwort von mir kommt, scheint er zu verstehen, dass es tatsächlich so ist. "Ich meine es aber ehrlich." Seine Hände greifen nach dem Brotaufstrich und er stellt ihn kommentarlos in den fast leeren Kühlschrank, um mir zu helfen. "Du musst gar nicht erst auf Unschuldslamm machen, tust doch eh was du willst."

Es ist wirklich nicht nötig, sich jetzt darum zu bemühen dass ich ihm diesen dämlichen Spruch verzeihe. Er kann froh sein, dass ich ihn nicht an den Haaren genommen und an die Theke geschlagen habe, denn er hat nicht nur mich beleidigt, sondern mein ganzes Leben, meine Familie und mein Zuhause. "Wann ist Essen eigentlich fertig?", kommen hinter uns die Stimmen meiner kleinen Geschwister durch unser kleines Streitgespräch. "Ich habe nicht einmal angefangen."

"Dann fang mal an!", gibt mir die noch 12-jährige Annika frech zurück und ich seufze bloß. Eigentlich sind sie schon alt genug, um sich selbst Pfannkuchen zu machen. "Ich kann dir helfen", bietet sich mein selbsternannter Psychologe an und scheint wirklich bemüht darum zu ein, dass ich nicht weiter ein beleidigtes Gesicht ziehe. "Mach halt", zucke ich bloß die Schultern. "Okay, was muss ich machen?"

Ich kann ihn ja als Haussklave benutzen. Das macht man eigentlich nicht mit Besuch, aber er hat sich schließlich selbst eingeladen und das tut man ebenso wenig. "Als ob Herr Oberschlau nicht wüsste, wie man Pfannkuchen macht."

"Ich hab sowas noch nie gemacht", schüttelt er allerdings den Kopf und ich frage mich, warum es mich überhaupt noch wundert. "Lass mich raten: eigene Köchin, kleines Einzelkindchen muss nie selbst kochen?" - "Richtig."

Ich werde es selbst machen, am Ende vergiftet er mir noch etwas und sagt im Nachhinein, dass es bloß ein Test gewesen wäre und macht dabei seine grünen Augen groß.

"Langsam ist es plausibel, weshalb du dich mit mir abgibst ... Dir wird einfach so viel Arbeit abgenommen, dass du immer nur Zuhause sitzt und gar keinen Plan mehr hast, wem du als nächstes auf den Sack gehen könntest ... Deswegen bist du mal im Park herumgerannt und hast dir mal so gedacht, dass du dich mal in neue Welten begeben könntest ...", spreche ich, während ich schließlich Eier aufschlage und alles zubereite. "Mag sein", streitet Rye es nicht einmal ab, während er mich beäugt und zu meiner Verwunderung kommt tatsächlich nichts beleidigendes mehr aus ihm.

"Warum bist du auf einmal so still, mhm?" Er spricht mich gar nicht mehr auf irgendetwas dummes an. "Es lohnt sich gerade nicht, dich zu nerven." Aha, so ist das also. "Das lohnt sich schon die ganze Zeit nicht."

"Doch, wir sind ja jetzt Freunde." Mir entfährt ein Seufzen. "Sind wir nicht, wie oft muss ich dir das noch sagen?"

"Das hast du aber letztens gesagt."

"Ja, aus Zwang! Genauso wie du auch nur aus Zwang hier bist." Diese Nervensäge. "Ja, okay", erwidert er bloß. Er scheint über irgendetwas nachzudenken und in seinem Kopf wieder etwas neues auszutüfteln. "Ich lass euch dann mal essen", spricht er erst weiter, als die ersten Pfannkuchen auf die Teller kommen und mir förmlich aus der Hand gerissen werden. "Ich bring' dir morgen etwas mit. Ich hoffe, du freust dich darüber." Ja, er bringt mir immer etwas mit ... "Morgen ist Montag, hast du nicht mal da etwas zu tun?" - "Doch, aber ich würde dir trotzdem gerne etwas geben ... Ich komm abends hier her ... Und vergiss nicht, dass du nichts nehmen darfst!"

"Ja!", sage ich genervt über seine Erinnerung und als ich das nächste mal zur Tür sehe, ist er bereits nicht mehr da. Was für ein erleichterndes Gefühl, dass er zumindest wochentags nicht den ganzen Tag stören kann. "Was meint er denn mit nehmen, mhm?", werde ich sofort ausgefragt, doch ich schüttle  den Kopf darauf. Darüber wird hier nicht gesprochen.

Ich setze mich zu meinen Geschwistern, um mir auch einen Pfannkuchen zu negmen und bestreiche ihn mit etwas Schokolade. "Ah ja!" Billig, aber schmeckt gut. Eigentlich ist Rye schon zu beneiden. Eine eigene Köchin und wahrscheinlich ne Putzfrau in meiner eigenen Villa, das wäre doch mal ein schönes Leben, so völlig ohne Pflichten und alle dem. Man kann machen, was einem gerade passt und merkt nicht einmal, wie sich alle über die nicht vollzogene Erziehung an einem aufregen. Wahrscheinlich würde ich da auch mal gerade nebenbei auf Hobbypsychologe machen!

Teller abwaschen bleibt wie immer an mir hängen, doch mittlerweile macht mir das schon nichts mehr aus. Es ist okay, es ist eben nunmal mein Alltag und morgen ist Putzen angesagt, denn alle meine Geschwister gehen zur Schule oder sind im Kindergarten. Eigentlich würde das freie Zeit für mich bedeuten, aber leider ist es nicht so. Ich schätze aber, dass zumindest Hausfrau spielen etwas ist, was ich gut kann.

Ich setze mich auf mein Bett, nachdem alles still und ruhig ist und der Kleine im Bett liegt. Sofort fällt mein Blick auf die Haarbürste - mein Versteck für ganz besondere Dinge. Ich fühle sie, diese innere Unruhe und das Verlangen, es zu nehmen ... Nach einem langen Tag mit den Kindern, Einkaufen und Ryes Gerede, einfach um einmal abschalten zu können ... Ich fühle mich wirklich ... so unruhig.

Allerdings wende ich meinen Blick ab und lege meinen Kopf in das Kissen ab. Der heutige Tag ist geschafft ... Ich habe öfter schon mal ein paar Tage Pause zwischen meinen Schüben gehabt - täglich kann ich mir nicht leisten und zu abhängig will ich auch nicht werden, aber zu wissen, dass ich nicht dürfte, selbst wenn ich jetzt wollte und auch etwas davon da habe, das ist das, was mich beunruhigt, was mich die Nacht kein Auge zu bekommen lässt, mir Kopfschmerzen bereitet umso mehr ich gezwungen bin, darüber nachzudenken. Wenn ich es jetzt wollte ... dann könnte ich nicht, weil Rye es mir anmerken würde ... Mein Leben würde kaputt gehen ... Ich verdränge den Gedanken so gut es geht, doch die ganze Nacht hindurch schleicht er sich wieder in meinen Kopf, lässt mich nicht los und fesselt mich förmlich - so lange, bis mein Wecker klingelt und mich aus dieser Trance zwischen Schlaf- und dem Wachstadium reißt. Habe ich nun wirklich die Nacht kaum ein Auge zu gemacht? Es kommt mir so vor, als hätte ich gar nicht geschlafen, aber darauf schwören würde ch nun auch nicht. zeit, die Kinder zu wecken ...

Unglaublich schwer lässt es sich aufstehen und wie sonst gehe ich zu jedem Zimmer, um daran zu klopfen oder sanft über die Wangen meiner Geschwister zu streicheln - nur Maurice lasse ich schlafen, denn der hat noch zwei Stunden. Als endlich alle weg sind, setze ich mich in der Küche an den Tisch und stütze meinen Kopf auf den Händen ab. Ich bin unglaublich müde und komme mir vor, als würde ich mich bloß in Zeitlupe bewegen. Ehe ich mich versehe, schlafe ich am Küchentisch ein und wache erschrocken auf, als die Türklingel zum wiederholten mal Lärm macht und meine Geschwister von der Schule kommen. Sofort laufe ich zur Tür und drücke den Schalter zum Öffnen. Ich habe gar nichts vorbereitet! Also sofort ab in die Küche ... Gewischt habe ich auch nicht ... Nicht besonders gut die Arbeit heute.

Der Stress soll am Abend natürlich noch nicht von dannen sein, Rye fehlt auch noch ... Auch er klingelt und ich lasse ihn herein. Es dauert ein bisschen, bis er wirklich bis an die Tür kommt, aber draußen bellt der Hund ... Das wird der Grund dafür sein, schließlich hat er Angst vor den Tieren, weshalb auch immer. "Hallo"; lächelt er mich frech an, ganz im Gegensatz zu gestern, wo er eher traurig wirkte, als er ging. "Hier, dein Geschenk." Rye reicht mir noch bevor wir uns irgendwohin setzen können ein kleines, rechteckiges Kästchen, welches er - oder seine Haussklaven für ihn - in samtiges Geschenkpapier eingewickelt hat. Das rote Schleifchen darauf darf natürlich auch nicht fehlen. "Danke für deine Mühe ..." - "Ich hab' noch etwas", überhäuft mich der Blonde ein wenig und zückt ein weiteres, kleines Geschenk.

Disallowed Love (BoyxBoy. Yaoi)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt