Kapitel 2

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Der Blick aus dem Fenster enthüllt eine undurchdringliche Dunkelheit, die den Nachthimmel verschluckt hat. Kein einziger Stern oder Mondstrahl durchdringt die Leere, und die Welt draußen scheint in einem unendlichen Schwarz zu versinken.

Verwirrt sitze ich auf einer Nische, an mein Fenster gelehnt, und starre in den leeren Nachthimmel. Ich kann einfach nicht einschlafen.

Der Drache hat nun auch die Stadt angegriffen! Aber eigentlich war es klar, dass der Drache dies tun würde. Irgendwann würde er es satthaben, unseren Wald zu zerstören und würde dann anfangen, unsere Stadt anzugreifen.

„JUNA! SIEH DIR DAS AN!", brüllt meine Mutter erschrocken aus dem Wohnzimmer.

Sofort bin ich besorgt und eile in das Wohnzimmer. Meine Mutter sitzt mit weit aufgerissenen Augen auf dem Sofa und starrt in den Fernseher.

Vorsichtig und bedacht gehe ich um den Fernseher herum und sehe zum ersten Mal den Drachen.

Bevor ich ihn mir genau angucken konnte, wurde eine Szene von einem Reporter eingeblendet, der versucht, über den Fall aufzuklären.

„Soll das Fake sein?", frage ich besorgt meine Mutter.

„Nein, Süße, dieser Drache ist echt!"

Danach konnte ich es einfach immer noch nicht glauben, das sind schließlich DRACHEN!

Aber aufgrund der folgenden Zeitungsartikel und Reportagen glaube ich ihnen.

Bisher habe ich den Drachen noch nicht gesehen, aber ich bin froh, denn ich weiß nicht, ob das Treffen mit so einem Drachen überleben würde. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr gering!

Ich wende meinen Blick vom Fenster ab und schaue auf mein Handy. Dieses zeigt an, dass es schon Mitternacht ist.

Vielleicht sollte ich jetzt mal wirklich versuchen zu schlafen. Leise stehe ich auf, schleiche zu meinem Bett rüber und lege mich unter die Decke und kuschele mich ein.

Gut, dass morgen ein Feiertag ist und ich nicht zur Schule muss!

Erschrocken richte ich mich auf.

Ich weiß nicht, was, aber irgendwas hat mich geweckt. Trotz meiner aufmerksamen Blicke kann ich in meinem Zimmer nichts entdecken. Mein Blick bleibt an meinem offenen Fenster hängen, ich kann mich gar nicht mehr erinnern, dass ich dieses aufgemacht habe.

Plötzlich durchdringen vereinzelte Sterne die vorherige Dunkelheit und leuchten wie funkelnde Diamanten am Nachthimmel. Ihre zarten Lichtstrahlen durchbrechen die Schwärze und lassen den Himmel wie ein funkelndes Gemälde erscheinen, das langsam zum Leben erwacht.

„Juna!"

Ängstlich ziehe ich meine Decke näher an mich und blicke mit weit geöffneten Augen in die Dunkelheit meines Zimmers.

„Juna White!"

Wer ist das?

„Juna!"

Ich kenne diese Stimme auf gar keinen Fall. Die Stimme gleicht einem Knurren eines Hundes, der versucht, eine hoch mutige Katze zu verjagen. In der Stimme liegt Wut und der Hauch von ... Interesse.

„Juna!", knurrt die gruselige Stimme erneut.

Diesmal reicht es mir endgültig. Ich presse meine Augenlider aufeinander und lege meine Hände fest auf meine Ohren, um dieser Stimme, diesem Knurren zu entfliehen.

Aber trotzdem höre ich es immer wieder meinen Namen sagen.

„Juna!"

„Juna!"

„JUNA WHITE!"

Ängstlich und mit zitternder Hand nehme ich mir meine Kopfhörer und setzte sie auf meine Ohren. Meine Augen sind währenddessen die ganze Zeit zu.

Ich öffne diese erst, als ich mein Handy in meinen Händen halte, um meine Playlist anzumachen. Daraufhin lege ich es weg, ziehe die Decke über meinen Kopf und presse meine Augen wieder zu.

Zwar höre ich die Stimme immer noch, jedoch ist sie dank der Stimme von Taylor Swift abgedämpft.

Ich wache glücklicherweise erst wieder am nächsten Morgen auf. Aber ich merke sofort, dass ich nicht viel geschlafen habe. Heute ist aber sowieso ein Feiertag, also muss ich mich nicht abquälen.

Heute habe ich mich wieder entschieden, in die Bücherei zu fahren.

Diesmal fahre ich aber mit dem Fahrrad, mit der Hoffnung, dass es mich fitter macht.

In der Bibliothek beginne ich wie immer zu stöbern. Und entdecke Bücher wie ‚Divine Rivals', ‚Fourth Wing', ‚Shatter Me', die Keeper of the lost cities Reihe und ein neues Buch, das gestern noch nicht neben ‚Iron Empire' und ‚Bride' stand.

Der Einband des Buches ‚Draconia' besteht aus robustem, abgenutztem Leder, das sich im Laufe der Zeit zu einem tiefen, satten Rot verfärbt hat. An den Rändern des Einbands sind goldene Verzierungen eingearbeitet, die Formen von Drachen, Runen oder anderen mystischen Symbolen darstellen. Das Leder besitzt Spuren von Kratzern, Abnutzung und sogar ein paar Brandflecken aufweisen, die darauf hindeuten, dass das Buch viele Abenteuer und Prüfungen durchgemacht hat.

Das dicke, robuste Leder des Einbands trägt dazu bei, dass das Buch ‚Draconia' einen massiven Eindruck hinterlässt. Wenn ich es in die Hand nehme, spüre ich sofort das Gewicht der vielen Seiten, die darin verborgen liegen. Das Leder ist dick genug, um das Gewicht der umfangreichen Inhalte im Inneren zu tragen, und seine Struktur verleiht dem Buch eine Aura von Würde und Langlebigkeit.

Interessiert nehme ich das Buch mit ein paar anderen mit.

„Oh, das Buch kenne ich gar nicht", sagt die Bibliothekarin, die mich gestern geweckt hat, mit gerunzelter Stirn und deutet auf das merkwürdige Buch.

„Ich kenne das Buch auch nicht!", stimme ich ihr verwirrt zu.

Lachend schiebt sie das Buch zu mir und meint: „Dann schenke ich es Dir, muss wohl Schicksal sein."

Ebenfalls lachend bedanke ich mich und fahre mit dem Fahrrad nach Hause.

Endlich zu Hause angekommen, lege ich das Buch auf meinen Schreibtisch und setzte mich auf meinen Stuhl.

Nach längerem betrachten des Covers öffne ich die erste Seite.

Auf der ersten Seite von ‚Draconia' prangen in kräftiger, altertümlicher Schrift die Worte: „Das Buch der Drachen". Unter diesem Titel erstreckt sich eine kunstvolle Initiale, die einen majestätischen Drachen darstellt, dessen Flügel sich über den Rand der Seite erstrecken. Darunter sind verblasste Zeilen von Text zu erkennen, die von einer vergangenen Zeit und einem längst vergessenen Zeitalter zu sprechen scheinen. Ein Hauch von Geheimnis und die Verheißung von Abenteuern liegen in der Luft, wenn man diese erste Seite betrachtet.

Die nächste Seite fühlt sich genauso alt und zerbrechlich an, wie die erste. Zum Glück ist die nächste Seite leserlicher. Gespannt beginne ich zu lesen.

Vorwort

Der folgende Text wurde von Lord Dorta Kontror Neinei, Schriftgelehrter aus Kondente, originalgetreu nach Erzählungen aufgeschrieben. Alle Erzählungen sind wahr.
Lord Neinei ist ein griechischer Schriftgelehrter zum Jahre 700 n.Chr. Am 29. April im Jahre 739 n.Chr. wurde er aufgrund von Verrat gefoltert und schlussendlich ermordet. Die Sammlung wurde erst 900 n.Chr. gefunden und von Lady Fandra veröffentlicht.

Will man hier jetzt erzählen, die Geschichten in diesem Buch sind wahr? Aber es besteht wirklich eine Wahrscheinlichkeit, dass alles, was in diesem Buch steht, wahr ist. Da es in dem Buch wahrscheinlich um Drachen handeln wird, kann ich mir gut vorstellen. Vielleicht befinden sich in diesem Buch auch Erklärungen zu dem Drachen, der auf einmal aufgetaucht ist und begonnen hat, unsere Stadt zu vernichten.

DrachenseelenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt