Kapitel 4

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Ich muss heute nicht in die Schule, aber was sollte ich auch bei dem Trümmerhaufen? Es ist überhaupt nichts übergeblieben.

Auf den Bildern in der Zeitung ist das Ausmaß der Zerstörung durch den schwarzen Drachen deutlich sichtbar. Die Schule liegt jetzt in Trümmern, umgeben von verkohlten Überresten und dem Rauch der Verwüstung. Feuerwehrleute und Rettungsteams sind zu sehen, wie sie sich durch die Ruinen kämpfen, während sie verzweifelt nach Überlebenden suchen. Die Gesichter der Menschen auf den Bildern spiegeln Trauer, Angst und Entsetzen wider, während sie versuchen, sich von dem Schock zu erholen, den die plötzliche Zerstörung ihrer Gemeinschaft verursacht hat. Und über allem schwebt die bedrohliche Gestalt des schwarzen Drachen, dessen Angriff eine Narbe in die Geschichte dieser Stadt gerissen hat.

Eine Narbe neben tausenden!
Leider sind bei diesem Angriff 12 Menschen gestorben.

Mrs. Clark
Mr. Hatchmith
Emma Smith
Liam Johnson
Olivia Brown
Noah Davis
Ava Taylor
William Wilson
Sophia Anderson
James Thomas
Isabella Martinez
Benjamin Thompson

All diese hatten ein tragisches Ende, das ich nie und nimmer jemandem wünschen würde. Das Leben ist ungerecht, aber das ist mir schon länger klar.

Meine Mutter hat sich glücklicherweise nach gestern wieder ein bisschen erholt und redet jetzt wieder mit mir.

Ich beobachte sie, wie sie durch die Küche tigert, während ich mir einen Löffel von meinem geliebten Porige in den Mund schiebe.

Heute habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, meine Mutter zu beruhigen. Ich mag es absolut nicht, wenn sie sich solche Sorgen macht.

„Mom, wollen wir heute einen Filmmarathon machen?“

Verwirrt bleibt sie stehen und schaut mich forschend an. Wahrscheinlich hat sie verstanden, dass ich sie aufmuntern will, trotzdem nickt sie zustimmend.

Nach kurzer Zeit, in der ich mein Porige aufgegessen habe, befinden wir uns auf dem Sofa, ich mit der Fernbedienung in der Hand.

Ich swipe durch Netflix durch und überlege, was wir gucken könnten.

„Hmm, wie wäre es mir, The Vampire Diaries?“, schlage ich vor.

Meine Mutter scheut mich schräg von der Seite an und meint: „Ich glaube, das können wir nicht alles heute gucken.“

Nickend stimme ich ihr zu und swipe weiter.

„Wie wäre es mit Alice in Borderland. Theoretisch könnten wir die ganze erste Staffel nochmal schauen.“

„Keine schlechte Idee, aber ich dachte, wir wollen einen Filmmarathon machen.“

Sanft lege ich meinen Kopf auf ihre Schulter und swipe weiter.

„Mir Mein Nachbar Totoro kann man nichts Falsch machen!“

„Na, dazu habe ich nicht so Lust.“

Das kann dich hier noch um Ewigkeiten handeln.

Schlussendlich haben wir uns entschieden, Star Wars zu gucken. So, wie wir es eigentlich immer machen. Es gibt halt nichts Besseres als Star Wars, meiner Meinung nach. Meine Mutter und ich haben alle Filme und Serien schon geguckt, manche auch mehrfach, aber ich kann nie genug von Star Wars haben.

Scherzhaft frage ich meine Mutter, welchen Teil sie denn gucken möchte.

Ich richte mich auf, um sie besser angucken zu können.
Meine Mutter schaut mich erst mit einem Blick aus der Mischung „Dein Ernst!?“ und „Du denkst auch du bist lustig!“ an.

„Der Dritte natürlich“, meint sie, gespielt streng.

Und dann beginnt sie zu lachen und es scheint so, als will es nicht aufhören.

Das Lachen meiner Mutter ist wie der Klang von tausend Glocken, die im Wind der Erlösung läuten. Es ist ein Orchester aus Freude, Hoffnung und Dankbarkeit, das den Himmel berührt und die Herzen aller um sie herum erwärmt. Ihre Augen strahlen wie Sterne am klaren Nachthimmel, und in ihrem Lachen liegt die ganze Geschichte ihrer Ängste und ihrer unermüdlichen Liebe verborgen. Es ist ein Moment der Reinheit, in dem alle Schatten der Vergangenheit verschwinden und nur noch das strahlende Licht der Zukunft bleibt.

Ich wünschte mir, dieses Lachen würde nie enden, aber bald hört sie auf und mustert mich ausgiebig.

„Is ja schon gut!“

Ich richte meinen Blick wieder zum Fernseher, drücke auf Start und lehne meinen Kopf wieder auf die Schulter meiner Mutter.

Könnte dieser Moment einfach nie enden. Nachdem wir Episode 3 zu Ende geschaut haben, haben wir noch Episode 4, 5 und 6 geschaut.

Nachdem wir am Ende von Episode 6 geheult haben, bin ich erschöpft in mein Zimmer gegangen.

Es ist spät geworden. Ziemlich spät, wenn ich ehrlich sein soll. Bei einem Blick aus meinem Fenster sehe ich, dass die Sonne beginnt unterzugehen.

Ich lege mein Handy auf meinen Schreibtisch und mein Blick fällt auf das Draconia.

Es sieht immer noch genau so aus, wie vorher. „Draconia“ ist ein altes, dickes Buch mit einem roten Ledereinband, das von vielen Jahren des Gebrauchs gezeichnet ist. Seine vergilbten Seiten tragen die Spuren vergangener Zeiten und sind mit einer alten Schrift gefüllt, die Geschichten von Drachen, Magie und Abenteuern zu erzählen scheint. Mit kunstvollen Verzierungen und Illustrationen lädt es den Leser ein, in eine Welt voller Geheimnisse und mystischer Erfahrungen einzutauchen.

Wie es scheint, stammt das Buch aus dem Jahre 700 n.Chr. wenn ich mich jetzt täusche.

Ich schiebe meinen Schreibtischstuhl nach hinten, damit ich mich auf ihn fallen lassen kann. Sorgsam beginne ich das Buch zu öffnen und ein paar vergilbte Seiten umblättere.

Ich entdecke das Vorwort, das ich schon gelesen habe, darum blättere ich eine Seite weiter und lese die Überschrift.

„Der Drachenlord und seine Gefährtin“

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