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Ein Traum

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Ein Traum. Das hier musste ein Traum sein. Weil mein Herz jedoch viel zu laut und unrhythmisch schlug, konnte ich jedoch nicht sagen, ob es ein guter oder schlechter Traum war. Mein Arzt hätte vermutlich gesagt, dass es bloß Herzrhythmusstörungen aufgrund von zu hohem Koffeinkonsum waren, doch ich war mir sicher, dass das alles nur an der Frau lag, die gerade von ihrem Platz aufgestanden war, um mich zu begrüßen und nun so erschrocken zusammenzuckte, als wäre ich eine Vogelspinne und kein Mann.
Aber zurück zum Anfang:

Als ich in das Café getreten war und erst einen langen, dunklen Gang entlang gehen musste, war mir bewusst geworden, warum man von außen kaum etwas ausmachen konnte. Der Raum, den man von der Glasfront aus mehr schlecht als recht sehen konnte, war wohl nur ein Vorraum, der einfach noch nicht in Benutzung war. Ins eigentliche Café kam ich nämlich erst wenn ich durch besagten dunklen Gang lief, dessen Ende mit einer Tafel bestückt war, auf der das heutige Blind-Date-Event ausgeschildert war. Mit diesen ganzen bunten Herzen und Blumen und Schmetterlingen verging mir gleich wieder die Lust darauf. Wobei, eigentlich war von vornerein nicht wirklich viel davon da gewesen. Eigentlich gar keine.
Dennoch trat ich ein und wurde von einer strahlenden Empfangsdame begrüßt, als würde ich in ein Nobelrestaurant spazieren und nicht in diese pastellfarbene Hölle, voller Rüschen und ... trug die Kellnerin da vorne ein rosafarbenes Maid-Kostüm?
"Willkommen im Fine Fantasia. Haben Sie eine Karte für das Blind-Date-Event dabei?"
Fine Fantasia. Wer kam auf so einen Namen? Hätte ich zuvor auf das Schild geschaut, hätte ich direkt wieder kehrt gemacht. Ich sollte jetzt wieder kehrt machen. Aber aus irgendeinem Grund reichte ich der Empfangsdame meine Nummernkarte und sie lächelte zufrieden.
"Die Nummer sechs. An Ihrem Tisch wartet bereits eine Dame auf Sie."
Ich war mir ganz sicher gewesen, dass auf meiner Karte die Nummer neun gestanden hatte, aber ich berichtigte sie nicht, denn was brachte es mir schon? Ob zu Tisch Nummer sechs oder Nummer neun gehen zu müssen, würde ein und das selbe Resultat beinhalten. Nämlich gequälte Blind-Date-Stimmung und der Wunsch so schnell wie möglich verschwinden zu können, gepaart mit den Schuldgefühlen, meinem Date definitiv den Abend zu ruinieren.
Nein, reiß dich zusammen, du bist jetzt hier und du gehst das mit aller Ernsthaftigkeit an. Danach kannst du dich entweder immer noch ärgern oder bist vielleicht der Meinung, deine potenzielle neue Traumfrau gefunden zu haben.
Wer's glaubt.

Die Empfangsdame begleitete mich ein Stück bis Tisch Nummer sechs, an dem bereits eine Frau mit langen, schimmernden blonden Haaren saß. Sie hatte mich noch nicht bemerkt und die Empfangsdame ließ mich einfach stehen, weil wohl der nächste Gast eintraf und sowieso gerade alles im Gewusel aus Bestellungen und sich unterhaltender Gäste unterzugehen schien. Vielleicht hätte ich einfach mit ihr zurückgehen und den nächsten Gast begrüßen sollen, denn während ich das seidige blonde Haar betrachtete, dass meinem Blind Date über den Rücken fiel, konnte ich nur an eine Frau denken. Schon wieder.
Wenn Hoseok versucht hatte einzufädeln, dass ich eine Blondine als Date bekam, mit dem dämlichen Glauben, dass mich das über Young hinwegkommen ließ, musste ich ihn wohl köpfen. Denn nein, diese Frau hier zu sehen, wenn auch nur ihren Rücken, machte genau das Gegenteil mit mir.
Ich versuchte, mir nicht allzu sehr zu wünschen, dass ich Young wiederbegegnen würde. Wie sollte das auch passieren? Ich hatte ihre Nummer nicht mehr. Zumindest hatte die Nummer, die ich idiotischer Weise geblockt hatte, nachdem Young mir das mit ihrem neuen Freund erzählt hatte, seit einiger Zeit nicht mehr den selben Anschluss. Sie gehörte jetzt einer japanischen Anwaltsgehilfe, die mich mit starkem japanischen Akzent gefragt hatte, warum ich sie Young nannte und dabei geheult hatte, wie ein Schlosshund. Was Young in diesem Moment machte, war mir genauso schleierhaft, wie es meine zurückkehrenden Sehnsüchte und Gefühle sein sollten.
Vielleicht hatte Hoseok ja recht und genau diese Gefühle würden endlich verschwinden, wenn ich mich auf etwas anderes einließ, statt mich kalt zu stellen. Ich atmete tief ein. Ich konnte das. Ich würde da jetzt einfach hingehen und mich freundlich vorstellen. So einfach war das.

The Lonely Life of Min Yoongi || TULOGY NovellaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt