Kapitel 6

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Am nächsten Tag stand etwas Bodenarbeit an. Erstens, damit wir uns alle etwas vom Muskelkater erholen konnten, da wir es alle noch nicht so ganz gewohnt waren, wieder regelmäßig im Sattel zu sitzen. Und zweitens, da wir das Vertrauen zu unseren Pferden etwas stärken sollten. Also hatten wir heute alle nur die Pferde geputzt und sie bloß mit Halfter auf den Reitplatz geführt, wo wir bereits von Magnus empfangen wurden.

"Okay, wie ihr bereits mitbekommen habt, machen wir ein wenig Bodenarbeit. Aber aufwärmen gehört trotzdem dazu, also geht er jetzt alle erstmal zwei Runden auf der ganzen Bahn im Schritt. Die Reihenfolge ist wie gestern: Jace, Alec, Izzy, Clary, Simon", ordnete unser Reitlehrer an.

Jace setzte sich mit Dreamcatcher in Bewegung und ging voraus, ich folgte ihm mit Cany. Beruhigend strich ich meinen Pferd über den Hals, da er heute etwas unruhiger war, das spürte ich. Vielleicht lag es daran, dass das Wetter heute etwas bewölkt war und für den Nachmittag ein Gewitter angekündigt war, weshalb wir das Training auf den Vormittag verlegt hatten. Pferde hatten ja bekanntlich ein feines Gespür für sowas.

Nach den zwei Runden im Schritt zum Aufwärmen gab uns Magnus die Anweisung, noch eine weitere Runde im Trab zu gehen. Ich kam dabei ganz schön aus der Puste, denn der Reitplatz war nicht gerade klein. Cany war außerdem nicht unbedingt langsam und ich musste ihn immer wieder etwas abbremsen, sodass er wieder mit dem Vorderlauf auf meiner Höhe trabte.

In der Zwischenzeit hatte sich Magnus mit einem Stapel Hütchen bewaffnet und platzierte diese in gleichmäßigen Abständen auf dem zweiten Hufschlag. Ich konnte nicht anders, als ihn dabei zu beobachten. Er trug heute ein einfaches weißes T-Shirt, das seine karamellfarbene Haut besonders zur Geltung brachte. Außerdem schwarze Reithosen und Cowboystiefel. Ich musste zugeben, er sah darin außerordentlich gut aus.

Als wir alle die Runde beendet hatten, parierten wir die Pferde durch und blieben stehen, um kurz durchzuatmen. Lobend klopfte ich Canys Hals, der zufrieden schnaubte. Ich lächelte und kraulte ihn daraufhin hinter den Ohren, da ich schnell herausgefunden hatte, dass dies seine liebste Stelle war.

"Alles klar, nun möchte ich, dass ihr nacheinander die Pferde im Schritt um die Hütchen führt. Anschließend kommt ihr über die lange Seite zurück und macht das Ganze dann nochmal im Trab. Achtet auf ausreichend Sicherheitsabstand zum Vordermann und lasst umgefallene Hütchen einfach liegen, ich stelle sie dann wieder auf", ordnete Magnus an und wir alle nickten, bevor Jace mit Dreamy loslegte.

Die beiden meisterten die Aufgabe ohne Probleme, was ich von mir und Cany nicht unbedingt behaupten konnte. Der Wallach verstand anscheinend nicht, dass er im Slalom darum gehen sollte und kickte die Hütchen lieber zur Seite oder schreckte davor zurück. Entschuldigend blickte ich zu Magnus, der sie mit einem Seufzen wieder aufstellte. Die zweite Runde im Trab funktionierte erstaunlicherweise deutlich besser.

Währendessen war unser Reitlehrer dazu übergegangen, Stangen auf der anderen Seite zu verteilen. Ich gab mir die größte Mühe, Cany davon abzulenken, doch konnte den Blick selbst nicht ganz abwenden. Wie Magnus' Armmuskeln arbeiteten, während er die Stange trug... Okay, stopp. Lieber wieder auf Cany konzentrieren.

Die anderen sollten nun über die Stangen traben, Cany und ich blieben jedoch lieber weiter bei den Hütchen. Da ich jetzt wusste, dass er überhaupt keine Stangen leiden konnte, hielt ich Abstand. Ich wollte kein Risiko eingehen, zumal er heute sowieso wegen des Wetters ein wenig unruhig war.

Doch mein Plan funktionierte nicht. Clary ließ ihre Islandstute ein wenig zu schnell über die Stangen traben, sodass Millie einen kleinen Satz über die letzte machte. Das war zwar keine große Sache, doch das schien der Wallach neben mir ganz anders zu sehen. Erschrocken machte Hurricane eine Sprung nach vorne und riss sich von mir los, ehe er über den ganzen Platz schoss.

Die anderen hielten ihre Pferde fest, die nun auch nervös zu tänzeln begonnen hatten. Magnus reagierte sofort und rannte zu Cany, um ihn einzufangen. Doch durch die schnelle Bewegung stieg der Wallach nun auf die Hinterbeine und Magnus warf sich schnell zur Seite, wobei er jedoch mit dem Arm gegen den Zaun stieß.

In der Zwischenzeit war ich bei den beiden angekommen und streckte beide Arme zur Seite, um Cany zu stoppen. Dieser riss erneut den Kopf nach oben, blieb allerdings stehen. Langsam ging ich auf ihn zu und griff nach seinem Strick, ehe ich ihm beruhigend über die Nüstern strich.

"Hey, Großer... Alles ist gut", murmelte ich leise, bevor ich zu Magnus sah, der sich wieder aufrappelte.

"Geht es dir gut?", fragte ich besorgt.

"Ja, es geht schon. Ich habe nur für einen kleinen Moment vergessen, wen ich da vor mir habe und dass man schnelle Bewegungen bei ihm lieber vermeiden sollte", gab Magnus mit einem gequälten Lächeln zurück, während er sich den schmerzenden Arm rieb.

"Es tut mir so Leid, ich passe jetzt besser auf. Ich konnte nur den Strick nicht so gut ohne Handschuhe halten...", gab ich zu. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass ich sie heute brauchen würde, daher hatte ich sie auf dem Zimmer gelassen.

"Du kannst meine haben, die liegen in der Sattelkammer in Caramels Spind", meldete sich Simon zu Wort, als könnte er meine Gedanken lesen. Dankend nickte ich und gab Canys Strick an Magnus ab, bevor ich Richtung Stall ging.

"Es war nicht deine Schuld", beruhigte ich Clary im vorbeigehen, die schuldbewusst auf ihre Stiefel starrte.

In der Sattelkammer wurde ich sofort fündig. Zum Glück waren die Spinde alle nicht abgeschlossen. Als ich wieder durch die Sattelgasse zurück ging, meinte ich, ein Rascheln vom Heuboden zu hören. Verwirrt blickte ich die Leiter nach oben, doch da war niemand. Also zuckte ich die Schultern und ging wieder zu den anderen nach draußen.

***

Der Rest des Trainings war zum Glück friedlich verlaufen. Nachdem wir die Pferde zum Schluss nochmal eine große Runde im Schritt geführt hatten, brachten wir sie zurück in den Stall. Der Himmel hatte sich inzwischen zugezogen und es grollte bedrohlich in der Ferne. Wir stellten die Pferde wieder in ihre Boxen und versorgten sie noch mit frischem Heu und Wasser aus der Sattelkammer. Um das Ausmisten hatte sich Sebastian bereits gekümmert.

Doch gerade, als ich hinter Izzy die Sattelkammer wieder verlassen wollte, drehte sich meine Schwester um und lief zurück zu Saphiras Spind. Fragend sah ich ihr nach.

"Was ist?"

"Mein Armband, ich habe es vorm Training ausgezogen", murmelte Izzy, während sie den Spind öffnete. "Komisch, ich hatte es doch genau hier hin gelegt..."

Ich kam ihr nach und beugte mich über ihre Schulter, um ebenfalls einen Blick in den Spind zu werfen. Doch bis auf Saphiras Putzkasten, ihrem Zaumzeug und ein paar weiteren Utensilien war nichts zu sehen.

"Es wird schon wieder auftauchen", beruhigte ich meine Schwester, doch glaubte mir dabei selbst nicht ganz. Ich wusste, wie sehr sie normalerweise auf ihren Schmuck Acht gab. Deshalb verwunderte es mich, dass ihr Armband auf einmal verschwunden war.

Love on Hooves - Malec AUWo Geschichten leben. Entdecke jetzt