Kapitel 1

28 6 2
                                    

Drei Wochen später...

Ich hievte meinen Koffer in den Kofferraum meines Wagens und sah auf meine Uhr. Wir lagen perfekt in der Zeit. Dann drehte ich mich zu Izzy um, die gerade unseren Eltern um den Hals fiel. Ich hatte es nicht so mit emotionalen Abschieden, aber meine kleine Schwester konnte da manchmal ganz schön durchdrehen.

"Ich werde euch so vermissen!", schniefte sie, während ich unsere Eltern nur kurz umarmte.

"Wir euch auch", versicherte uns Mum.

"Passt gut auf euch auf und benehmt euch!", kam es von meinem Dad, woraufhin ich nur die Augen verdrehen konnte. Wir waren schließlich keine 10 mehr.

"Komm Iz, wir sollten langsam los..."

Meine kleine Schwester wischte sich eine unsichtbare Träne von der Wange und öffnete die Tür der Beifahrerseite, bevor sie nochmal zu unseren Eltern sah und schmollend winkte.

So eine Dramaqueen!

Als ich es schließlich doch geschafft hatte, meine Klette von Schwester auf ihren Sitz zu bugsieren und sie sogar die Tür zugezogen hatte, atmete ich erleichtert auf. Izzy schien ihre Traurigkeit schon wieder vergessen zu haben, denn sie daddelte munter auf ihrem Handy.

"Anschnallen, Iz", grummelte ich, während ich die Adresse des Reitstalls ins Navi eingab. Dann startete ich den Motor und rollte langsam aus der Einfahrt. Unsere Eltern winkten uns noch nach, bis wir um die Ecke verschwunden waren.

Izzy hatte in der Zwischenzeit ihr Handy mit der Anlage meines Autos verbunden und startete Musik. Ich war froh, dass wir einen recht ähnlichen Musikgeschmack hatten und ich mir so eine unnötige Diskussion mit ihr ersparen konnte, die ich vermutlich sowieso nicht gewonnen hätte.

Lächelnd lenkte ich den Wagen durch den noch ruhigen und verschlafenen Ort. Ich liebte Little Falls und konnte manchmal immer noch nicht begreifen, dass ich dieses beliebte Urlaubsziel als mein Zuhause bezeichnen durfte. Es war ein riesiger Unterschied zu New York.

Wir passierten den Einkaufsladen, die kleine Bäckerei und die Kirche, bevor ich den Wagen Richtung Wald lenkte. Ich war beinahe traurig, als wir das Ortsschild hinter uns ließen. Aber wir würden ja nicht allzu weit weg sein.

Nach etwa einer halben Stunde Fahrt waren wir schon angekommen. Zum Glück, denn Izzy hatte etwa alle 5 Minuten ihr Make-up im Spiegel kontrolliert und ich wäre beinahe durchgedreht. Laut Navi müsste der Reitstall am Ende dieses Waldweges liegen...

Ich bog um die Kurve und da war er: Reiterhof Alicante. Ich konnte den großen Springplatz mit einigen Hindernissen sehen, hinter dem sich der Stall befand. Einige Pferde standen auf den Paddocks und drehten ihre Köpfe zu uns. Grinsend parkte ich das Auto auf einem der Parkplätze gleich neben dem großen Wohnhaus.

Als ich die Tür öffnete, roch ich sogleich die frische Landluft, die doch nochmal etwas anders als im Ort war. Es roch nicht unangenehm. Jedoch brachte der Geruch so viele alte Erinnerungen mit sich. Die Reitstunden, mein Lieblingspony Shadow, das Gefühl von Zügeln zwischen meinen Fingern, das Rascheln von Heu...

Auch Izzy, die mittlerweile aus dem Wagen geklettert war und nun neben mir stand, seufzte leise. Lächelnd legte ich meinen Arm um sie und ließ nochmal alle Eindrücke auf mich wirken. Ich mochte es hier jetzt schon und konnte es kaum erwarten, die nächsten Wochen hier zu verbringen.

Hinter uns hörte ich das Geräusch einer sich öffnenden Tür und ließ von Izzy ab, bevor ich mich umdrehte. Eine Frau mittleren Alters kam lächelnd auf uns zu. Ihr blonden Haare hatte sie zu einem lockeren Zopf zurückgebunden. Hinter ihr trat ein dunkelblonder Mann, ebenfalls mittleren Alters aus dem Haus.

"Herzlich Willkommen auf dem Reiterhof Alicante! Ich bin Céline und das ist mein Mann Stephen. Ihr seid sicher hier für die Reiterferien, nicht wahr?", begrüßte uns die Frau freundlich.

"Genau! Ich bin Izzy und das ist mein Bruder Alec!", stellte meine kleine Schwester uns sofort begeistert vor. Landluft machte sie wohl noch hibbeliger als sonst.

"Schön euch kennenzulernen", lächelte Stephen. "Ihr seid die ersten Feriengäste, die anderen sind noch nicht angekommen."

"So weit war unser Weg auch nicht", meinte ich mit einem kleinen Lächeln, während ich unsere Koffer aus dem Kofferraum hievte und mir nicht anmerken ließ, wie schwer der Koffer meiner Begleitung war. Izzy hatte tatsächlich ihr riesiges, mindestens 100 Kilo schweres Koffermonster mitgeschleppt, bei dem ich froh war, dass es seinen Zwilling Zuhause gelassen hatte. (Ja, sie besaß zwei dieser Dinger...)

"Ah, da ist ja auch Jace! Er zeigt euch sicher gleich die Zimmer", bemerkte Céline. Ich blickte an ihr vorbei und sah einen jungen Mann mit blondem Mann, etwa mein Alter. Er führte gerade ein wunderschönes weißes Pferd hinter sich her in Richtung Stall. Freundlich winkte er uns zu und übergab die Zügel des Pferdes an Stephen.

"Hey, ich bin Jace! Schön, mal neue Gesichter hier zu sehen!", grinste er uns an.

"Ist das dein Pferd?", fragte Izzy sofort, ohne auf seine Begrüßung einzugehen.

"Ja, das ist Dreamcatcher, kurz Dreamy. Ein 12 Jahre alter Trakehner Wallach", verkündete er stolz. Man konnte sehen, wie sehr ihm das Pferd am Herzen lag, welches Stephen gerade in den Stall führte.

"Ich bin Alec und das ist meine kleine Schwester Isabelle", wechselte ich elegant das Thema und streckte Jace meine Hand entgegen. Ich mochte ihn und konnte mir vorstellen, dass wir gute Freunde werden könnten.

Grinsend erwiderte Jace meinen Handschlag und navigierte uns dann Richtung Wohnhaus.

"Na kommt, ich zeige euch euer Zimmer! Ich hoffe es stört euch nicht, wenn ihr es euch teilt?"

Izzy schüttelte lächelnd den Kopf, während ich unser Gepäck die Treppe nach oben schleppte. Was für ein toller Bruder ich doch wahr...

Oben angekommen öffnete Jace die Tür zu einem Raum. Er war klein und simpel eingerichtet, dennoch gemütlich. Rechts und links an den Wänden standen Betten, davon hatte jedes seinen eigenen Kleiderschrank. In der Mitte stand ein Schreibtisch. An den Wänden hingen Bilder von Pferden und Kutschen.

Sofort lief ich zu dem rechten Bett neben dem Fenster, von dem aus man den Stall und den großen Reitplatz sehen konnte. Somit blieb Izzy das Bett mit dem weniger spektakulären Ausblick auf die Reithalle und den Wald.

"Richtet euch ein, später gibt es noch eine gemeinsame Führung über den Hof, wenn auch die anderen Feriengäste eingetroffen sind." Damit schloss Jace die Tür hinter sich und ich sah noch einmal zum Stall und den Pferden auf den Paddocks hinüber.

Ich konnte es kaum erwarten, endlich selbst wieder im Sattel zu sitzen. Ich hatte mich schon jetzt in diesen Hof verliebt und war fest davon überzeugt, dass wir hier einige Abenteuer erleben würden...

Love on Hooves - Malec AUWo Geschichten leben. Entdecke jetzt