Kapitel 10

18 5 1
                                    

Noch bevor mich Izzy durch ihre morgendliche Bad-Routine am nächsten Tag wecken konnte, wurde ich durch warme Sonnenstrahlen geweckt, die durch das Fenster fielen und meine Nase kitzelten. Ein Blick auf mein Handy verriet mir, dass es halb acht war. Also würde es in etwa einer halben Stunde Frühstück geben.

Gähnend stieg ich aus dem Bett und griff nach meinen Klamotten, ehe ich mich ins Bad zurückzog, bevor Izzy es besetzen konnte. Schnell zog ich mich um und machte mich frisch, dann weckte ich meine kleine Schwester. Sie grummelte, da ich sie aus ihrem 'Schönheitsschlaf' gerissen hatte, wie sie es immer nannte, aber das ignorierte ich.

Ich freute mich auf den heutigen Tag. Da Sonntag war, würde uns vormittags nur eine Theoriestunde bevorstehen, den Nachmittag hatten wir dann zur freien Verfügung. Heute würde es ziemlich heiß werden, daher war eine Reitstunde ausgeschlossen. Für uns und die Pferde wäre es einfach zu anstrengend, selbst in der Halle.

Außerdem wollte ich Cany eine Pause gönnen. Der Wallach hatte bisher immer recht brav mitgearbeitet, trotz seinem hitzigen Gemüt. Magnus und Jace waren beide der Ansicht, dass er sich mit mir auf dem Rücken besonders viel Mühe zu geben schien, was er bisher wohl bei keinem von ihnen zuvor getan hatte.

Als Izzy in einem gelben Sommerkleid und einer farblich passenden Schleife, die ihre Haare wegen der Hitze zurückhielt, aus dem Bad kam, machten wir uns gemeinsam auf den Weg nach unten. Clary, Simon und Magnus waren bereits dabei, den Tisch zu decken. Letzterer warf mir ein breites Lächeln zu, was mich fast zum Schmelzen brachte. Wegen der Hitze, selbstverständlich.

Nach dem Frühstück mit den Herondales führte uns Jace auch schon zum Stall. Wir rückten uns Heuballen, Aufstieghilfen und Putzkästen als Sitzmöglichkeiten vor der Tafel in der Stallgasse zurecht. Die Verteilung der Pferde stand immer noch angeschrieben und erst jetzt viel mir auf, dass sich die Schrift von 'Hurricane' tatsächlich ein wenig vom Rest unterschied. Sie war irgendwie geschwungener, eleganter. Einfach Magnus' Stil.

Zuerst besprachen wir die verschiedenen Körperteile eines Pferdes. Doch wir alle mussten uns einen Kommentar zur Skizze von Jace verkneifen, seine Malkünste waren nicht unbedingt die besten. Clary hatte angeboten, zu helfen, doch Magnus hatte eine bessere Idee. Er holte seine Stute aus der Box und so besprachen wir alles an einem lebenden Modell. Beranilah ließ alles mit einer Seelenruhe über sich ergehen.

Als nächstes waren die Bestandteile einer Putzbox an der Reihe gewesen. Magnus übernahm ab hier, während Jace beleidigt Platz nahm. Zuerst wurden wir mit dem Hufkratzer und seiner richtigen Anwendung vertraut gemacht. Ich bewunderte Magnus, dass er nur gegen Beranilahs Bein zu tippen brauchte, ehe sie auch schon bereitwillig den Huf anhob.

Federstriegel, Gummistriegel, Kardätsche und Wurzelbürste waren mir alle schon bekannt. Auch, wie man die Mähne richtig striegelte und wie vorsichtig man beim Schweif vorgehen musste. Im besten Fall nutzte man einfach die Hände, um Stroh und andere Verschmutzungen zu entfernen. Auch die Sprays gegen Fliegen im Sommer gingen wir nochmal kurz durch.

Danach kam das Equipment. Halfter und verschiedene Trensen. Gebisse, Zügel und Riemen. Die Sättel fand ich besonders interessant. Jace erklärte die Unterschiede zwischen Dressur-, Western- und Springsattel. Es folgten Gamaschen und Bandagen und wie man diese richtige anbrachte. Dieses Mal diente als Modell Jace' Wallach Dreamcatcher.

Zuletzt präsentierte uns Magnus seine breite Kollektion von farblich passenden Schabracken, Gamaschen und Fliegenohren, die er in wirklich jeder nur erdenklichen Farbe besaß. Von Regenbogen bis Glitzer war alles dabei, wobei ich bezweifelte, dass das eine Farbe war. Als wir alle verzweifelt aufstöhnten, unterbrach Jace und schwenkte schnell zur nächsten und letzten Lektion für heute, Ausrüstung für den Reiter.

Einige Panzer, Reithosen, Stiefel und Gerten später war es endlich geschafft. Eigentlich hatte ich meine Ferien dazu nutzen wollen, die Schule voll und ganz zu vergessen und einfach mal zu entspannen, doch das hier hatte sich wirklich wie Unterricht angefühlt. Dennoch, alles besser als eine Doppelstunde Mathe mit anschließenden Hausaufgaben.

Den Nachmittag verbrachte ich mit Lesen im Zimmer. Zwischendurch war ich mal im Stall gewesen und hatte Cany kurz mit kühlem Wasser abgespritzt und einen Apfel zugesteckt, viel mehr war aber auch nicht passiert. Als ich das nächste Mal von meinem Buch auf- und aus dem Fenster sah, war die Sonne bereits dabei, sich langsam zu senken.

Die Tür wurde aufgerissen und eine grinsende Izzy stand darin. Fröhlich schnappte sie sich ihre pinke Reithose und zog sich ins Bad zurück. Als sie kurze Zeit später zurückkehrte, setzte ich mich verwirrt auf.

"Was hast du vor?", fragte ich und beobachtete, wie sie ihre Sandalen gegen Stiefeletten tauschte und nach ihren Chaps griff.

"Jace hat eine Überraschung für uns! In einer Stunde in Reitklamotten und gesattelt vorm Stall!", antwortete sie.

"Warum wusste ich davon nichts?", gab ich verwundert zurück, aber stand auf und ging zum Schrank, um mich ebenfalls umzuziehen.

***

Eine Stunde später hielt ich Cany am Zügel und streichelte seinen Hals, während ich mit den anderen wartete. Simon war der Letzte, der Caramel durch die große Tür nach draußen auf den Hof führte. Er hatte sich Handschuhe von Jace geliehen, da er seine immer noch nicht finden konnte. Wir gurteten nach und schwangen uns in die Sättel. Cany blieb brav stehen.

Dann gab Jace, der sich seine Kamera umgehängt hatte, das Kommando zum Schritt und wir setzten uns in Bewegung. Mittlerweile hatte sich die Luft etwas abgekühlt und die Sonne strahlte nicht mehr mit aller Kraft auf uns herunter. Wir ritten langsam durch den Wald, wo es schattig und angenehm kühl war. Ein See blitzte hinter den Bäumen hervor.

Erst dachte ich, wir würden mit den Pferden schwimmen gehen, doch Jace steuerte Dreamy wieder aus dem Wald hinaus. Dann hielt er an und wir alle positionierten uns neben ihm.

"Da wären wir!", verkündete er stolz.

Vor uns erstreckte sich ein weites Stoppelfeld. Mein Herz machte vor Freude einen Satz und der Wallach unter mir beinahe auch, hätte ich die Zügel nicht etwas nachgefasst. Mit der Versicherung, dass alle bereit waren, schnalzte Jace aber auch schon mit der Zunge und Dreamy schoss nach vorne.

Cany zögerte keine Sekunde und jagte wenige Sekunden später bereits im gestreckten Galopp an den beiden vorbei. Ich grinste, ließ ihm genügend Zügel und ging in den leichten Sitz. Magnus und Beranilah tauchten neben uns auf und forderten uns still zum Wettrennen auf.

Jace hantierte mit einer Hand an seiner Kamera herum, die ihm um den Hals hing. Er und Dreamy waren ein eingespieltes Team, dennoch sah seine Aktion nicht gerade ungefährlich aus. Er drehte sich zu uns und versuchte von jedem die besten Schnappschüsse einzufangen. Ich lachte und klopfte Cany den Hals. So hatte ich mir den Sommer vorgestellt.

Love on Hooves - Malec AUWo Geschichten leben. Entdecke jetzt