Nachdem die anderen gegangen waren, hatte ich einfach nur da gestanden und auf die Tür gestarrt. Stumm hatte ich geweint, doch die Tränen einfach ignoriert. Ich verstand gar nichts mehr. Ich würde meine Freunde niemals bestehlen und vor allem Izzy sollte sowas doch wissen. Sie war meine Schwester, meine beste Freundin und der Mensch, der mich besser kannte als jeder andere.
Seufzend setzte ich mich auf die Bettkante und starrte auf das leere Bett meiner Schwester. Ich würde das alles wieder in Ordnung bringen müssen, doch ich hatte keine Ahnung, wie. Ich brauchte irgendetwas, das beweisen konnte, dass ich es nicht gewesen war. Doch es gab nichts. Und auch Magnus' Beobachtungen hatten zufällig genau auf den Zeitpunkt des Diebstahls von Clarys Uhr gepasst.
Mir blieb also nichts anderes übrig, als den Verantwortlichen selbst ausfindig zu machen. Doch mir fiel niemand ein, der es gewesen sein könnte. Alle auf diesem Hof schienen mir dazu einfach nicht fähig. Feriengäste würden so etwas nicht tun. Jace und Magnus traute ich sowas nicht zu. Ebenso wenig wie Stephen und Céline. Sebastian konnte ich nicht gut einschätzen, doch nach unserem Gespräch damals über Cany hatte ich auch eher einen positiven Eindruck, auch wenn er danach sehr hartnäckig auf ein Date bestanden hatte.
Okay, ich hatte also wirklich nichts, was mich weiter brachte. Vielleicht müsste ich auch einfach abwarten, bis sich alles ein wenig beruhigt hatte. Morgen würde ich einfach unabhängig von den anderen etwas mit Cany unternehmen. Er konnte mich sicherlich ein wenig ablenken und würde mir zuhören.
Ich rieb mir über die geröteten Augen, dann schnappte ich mir Schlafsachen und machte mich im Bad fertig, bevor ich mich ins Bett legte und die Decke bis zum Kinn zog. Ich schloss die Augen und noch einmal prasselten alle Ereignisse auf mich ein. Aber wie sagte man so schön? Morgen war auch noch ein Tag.
***
Ich sah nur noch Rauch, der mir in die Nase stieg und förmlich die Luft abschnürte. Egal wohin ich mich drehte, überall war Feuer. Ich hörte Pferde wiehern und das Krachen von Ästen. Meine Hände krallten sich fester in schwarze Mähne und ich senkte den Kopf, während das Pferd auf dem ich saß über den schmalen Weg galoppierte. Dann sah ich eine riesige Feuerwand vor mir, doch ich hielt nicht an. Im nächsten Moment hatte ich das Gefühl zu fliegen...
Das schrille Geräusch meines Weckers riss mich aus meinem Traum und ich schreckte hoch. Meine Finger tasteten nach meinem Handy und erlösten mich von dem nervtötenden Lärm, ehe ich mich zurück auf die Matratze fallen ließ. Was zur Hölle hatte ich da geträumt? Vermutlich spielte mir meine blühende Fantasie mal wieder einen Streich.
Seufzend stand ich auf und suchte mir neue Klamotten aus dem Schrank zusammen. Dann ging ich ins Bad und stellte mich unter die Dusche. Heute musste ich mich nicht mit Izzy darum streiten, wer zuerst an der Reihe war. Obwohl es mir so fast lieber gewesen wäre. Denn es würde bedeuten, dass wir keinen Streit hatten.
Nachdem ich mich abgetrocknet und versucht hatte, meine Haare zu bändigen, schlich ich die Treppe nach unten. Es schien, als würden die anderen noch schlafen. Als ich die Küche betrat, fand ich nur Stephen vor, der gerade eine Tasse Kaffee trank. Ich wünschte ihm einen guten Morgen und schenkte mir ebenfalls eine Tasse ein, bevor ich mich auf einen Stuhl setzte.
Stephen musterte mich über den Rand seiner Zeitung hinweg. Scheinbar sah ich echt scheiße aus, denn in seinem Blick lag eine fast väterliche Besorgnis. Okay, die dunklen Augenringe waren auch mir vorhin im Spiegel nicht entgangen. Izzy hätte sie wohl einfach überschminkt. Auch Magnus hätte vermutlich auf Makeup zurückgegriffen. Aber ihm stand sowas auch einfach so viel besser als mir... Bei dem Gedanken an ihn zog sich direkt wieder mein Herz zusammen.
Zu meiner Erleichterung stellte Stephen keine Fragen. Vielleicht sah man meiner finsteren Miene an, dass ich keine Lust hatte, zu reden. Oder Jace hatte seinen Eltern bereits von den Vorfällen erzählt. Obwohl das eher unwahrscheinlich war, sonst hätten sie mich vermutlich sofort zur Rede gestellt oder mich sogar vom Hof geworfen. Schließlich galt ich hier gerade nur als problematischer Feriengast.
Also schlürfte ich stumm meinen Kaffee aus und stellte die Tasse in die Spülmaschine, bevor ich oben die Zähne putzte und dann meine Reitstiefel anzog. Ich wollte mit Cany ausreiten und das würde ich lieber vormittags unternehmen, bevor uns am Nachmittag die Sonne grillte. Es gab eine Wegabzweigung, die ich bisher noch nicht erkundet hatte und ich wollte herausfinden, wohin sie führte.
Im Vorbeigehen nach draußen nahm ich noch einen Apfel für Cany mit und lief dann in den Stall. Dort begrüßte mich der Apfelschimmel bereits mit einem Schnauben und rieb seine Nüstern an meiner Schulter. Sofort musste ich lächeln und wuschelte ihm durch den Schopf. Seine dunklen Augen musterten mich dabei. Anscheinend entging ihm nicht, dass es mir nicht gut ging.
***
Wenig später ritten wir durch den Wald auf dem Weg, den ich zuvor bisher nicht erkundet hatte. Unterwegs hatte ich Hurricane alles erzählt, was passiert war. Er schnaubte immer wieder beruhigend und ich war ihm so dankbar, dass er mir zuhörte und mich sogar zu verstehen schien. Ich wusste, er war auf meiner Seite und würde immer zu mir halten.
Der Wald war ruhig, nur das Zwitschern der Vögel und das sanfte Rauschen der Blätter im Wind war zu hören. Alles wirkte so friedlich. Ich musste an meinen Traum zurückdenken. Dort war ich auch im Wald gewesen, doch es hatte nur noch das pure Chaos geherrscht. Ein starker Kontrast zu diesem Augenblick.
Cany schnaubte und blieb dann stehen. Ich sah auf und mir stockte der Atem. Vor uns lag eine Lichtung. Eine Quelle entsprang einem Felsen auf der Seite und mündete in einen kleinen Teich. Das Wasser glitzerte in der Sonne und war kristallklar.
Staundend stieg ich ab und nahm Cany am Zügel, während ich weiter auf die Lichtung ging. Der Wallach senkte den Kopf und trank genüsslich das kühle Wasser aus der Quelle. Ich widmete mich dem Ausblick, der sich mir am Ende der Lichtung bog. Sie war offen und führte einen Hang hinunter, sodass man sich etwas oberhalb der Baumkronen von den Bäumen unten befand, wenn man vorm Abgrund stand.
Dieser Platz strahlte so eine Ruhe aus und erschien mir fast magisch. Es war der perfekte Rückzugsort, den ich jetzt gebraucht hatte. Also setzte ich mich ins Gras und strich sanft über den Hals von Cany, der dösend neben mir stand. Ich schloss die Augen und genoss einfach den Moment, vergaß kurzzeitig all meine Sorgen.
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Love on Hooves - Malec AU
FanfictionIzzy hat Alec und sich für ein paar Wochen Reiterferien angemeldet. Doch schnell wird klar, dass sie ihre Zeit auf Reiterhof Alicante nicht nur mit Reiten und Ponys streicheln verbringen werden, denn auf einmal gehen seltsame Dinge vor sich. Außerde...