Ich wagte es Blickkontakt mit dem König herzustellen und sagte: "Das war unhöflich." Ohne eine Verabschiedung ein Telefonat zu beenden war unglaublich unhöflich. Außerdem hätte das nur kurz gedauert. Es war nicht so als hätte ich das ewig in die Länge gezogen.
Meine Aussage ließ er unkommentiert und sagte stattdessen: "Ich wurde vorhin darüber informiert, dass die Ringe fertig sind. Morgen wird unsere Heirat amtlich." Ich nickte und trat einen Schritt vom Tisch zurück, um ein bisschen Abstand zu haben. "Meine Freude kennt keine Grenzen."
Er stand von seinem Platz auf, was Unruhe in mir auslöste. Aramis könnte gerne sitzen bleiben, vor allem hinter dem Schreibtisch.
Um der Situation zu entkommen, erklärte ich: "Wenn es nun so übereilt stattfindet, sollte ich besser zu Tiana gehen. Vielleicht hat sie ein passendes Kleid in ihrem Schrank. Ich stehe nun unter zeitlichen Druck."
Er setzte sich in Bewegung und mit jedem Schritt stieg meine Angst, die ich überspielte. Egal wie gerne ich zurück gewichen wäre, ich blieb stehen.
Er deutete zur Tür und meinte: "Du kannst auch in deinem eigenen Schrank nach einem Outfit suchen. Ich begleite dich dorthin." Alles nur nicht das. Außerdem meinte er damit sicherlich den Schrank in unserem Schlafzimmer. Ich zog mir an den Haaren die erstbeste Ausrede herbei. "Der Bräutigam sollte die Braut nicht vorher im Kleid sehen. Das soll Unglück bringen."
"Das Unglück ist so oder so auf unserer Seite. Da macht das keinen Unterschied mehr." Wie trocken er das sagte. Aramis ging einfach an mir vorbei zur Tür und ich beobachtete ihn dabei.
Ich fühlte mich wie festgewachsen und hatte keine Ahnung was ich tun sollte. Im Grunde musste ich ihm folgen, egal wie gerne ich nach unten zu Tiana gerannt wäre.
Ich kratzte all meinen Mut zusammen und würde mich dem stellen. Alleine, um so zu tun als hätte ich keine Todesangst vor ihm. Vor dem Feind sollte man niemals klein beigeben.
Ich zwang meine Beine zu funktionieren und folgte dem Biest.
Den Raum hatten wir schnell verlassen und ich schloss hinter mir die Tür. Es wunderte mich, dass er sie nicht absperrte. In seinem Büro hatte der König nämlich sicherlich einige private oder geheime Dinge. Scheinbar vertraute er seinem Personal, dass niemand unerwünscht diesen Raum betrat. Ob das mal nicht ein Fehler war.
Wir gingen den Gang entlang, welcher zum Schlafzimmer führte. Die Stille dabei machte alles schlimmer. Wer weiß was Aramis vorhatte. Vielleicht warf er mich am Ende doch noch in den Kerker.
An der Stelle sollte ich überlegen, ob ich eine Zelle nicht doch bevorzugte. Mir nach der Heirat ein Bett mit ihm zu teilen, klang nach Folter.
Erst als wir die gewünschte Tür erreicht hatten und Aramis sie aufhielt, durchbrach er die Stille. "Wir könnten allgemein besprechen, was in unserem Terminkalender steht."
In unserem Terminkalender. Diese Bezeichnung löste vorab Bedenken aus. Egal für was er sich entschieden hatte, das konnte für mich nichts Gutes bedeuten.
Ich betrat den Raum und fragte dabei: "Was steht am Plan?"
Da er mir das letzte Mal mitgeteilt hatte, wo sich der Schrank befand, ging ich darauf zu. Ein begehbarer Kleiderschrank war ein Upgrade. Zuvor hatte ich stets einen normalen Kleiderschrank in meinem Zimmer stehen gehabt. Man sollte ja immer alles positiv sehen, also sollte ich mich über das Upgrade freuen.
Als ich ihn betreten hatte, war sofort klar welche Seite mir gehörte. Die rechte Seite war nämlich mit Damenbekleidung ausgestattet. Es fing mit Regalen an, anschließend folgten ein paar Schubladen und im hinteren Bereich gab es Stangen. Alles war gut befüllt, was mich wunderte.
Dachte er Werwölfe würden keine Kleidung besitzen, weshalb man mir eine Ausstattung vorbereiten musste? Schon mal davon abgesehen, dass er keine Ahnung hatte, was ich gerne trug.
Ich begab mich in den hinteren Teil, denn dort hingen lange Kleider. Mir schwebte für die Hochzeit etwas in die Richtung vor, deshalb war das mein Ziel.
Dennoch würde ich Tiana nach ihrem Hab und Gut befragen. Vielleicht hatte sie ja etwas Passendes.
Für eine gewisse Note Dramatik wäre ein schwarzes Kleid angebracht. Eine Farbe, die man gerne auf Beerdigungen trug. Das schien mir ideal zu sein.
Aramis war knapp hinter mir und fing an: "Deine Krone ist noch in Arbeit, was die Krönung anbelangt müssen wir uns gedulden."
"Wie schade."
Ich hatte mein Ziel erreicht und machte mich daran die möglichen Optionen zu begutachten.
Das erste Kleid war in weinrot und schlicht gehalten. Allgemein waren die ersten Exemplare eher normale Abendkleidung. Dabei schwebte mir etwas auffallendes vor.
Aramis ignorierte meinen Kommentar und fuhr fort: "Bald wird es einen Ball geben. Das wird eine größere Veranstaltung, damit du unser Volk kennenlernst. Es wäre angebracht, wenn du zumindest einen öffentlichen Auftritt hast, deshalb der Ball."
Ein Ballsaal voller Vampire. Ich konnte mir absolut nichts besseres vorstellen. Das war mein persönlicher Traum.
Ich biss mir auf die Unterlippe und hielt einen Kommentar zurück. Ich blieb auf die Kleider konzentriert und versuchte etwas zu finden.
"Und ein Abend ist bereits geplant, an dem du die höheren Ränge kennenlernst."
Ein Abend. Hoffentlich wurde dort Alkohol angeboten, den hätte ich dringend nötig. Aber sofern es kein Abendessen war, an dem die Vampire Blut konsumierten, sollte ich keine Beschwerde einreichen.
Ich hatte ein schwarzes Kleid gefunden, welches ich genauer musterte, als ich sagte: "Sie sind sicher alle kaum zu halten vor Freude eine Wölfin kennenzulernen. Dann bin ich auch noch die zukünftige Königin. Die Freude muss gigantisch sein."
Wieso spielten die Leute da überhaupt mit? Zweifelte niemand an der geistigen Gesundheit von Aramis? Wollte niemand den König stürzen?
Der Typ veranstaltete nämlich den reinsten Wahnsinn.
"Kleine Wölfin, du weißt was auf dem Spiel steht. Am besten bist du mit Begeisterung und Höflichkeit dabei." Die Leine hielt er kurz und die Druckmittel waren gut gewählt. Trotzdem sollte ich mir wenigstens eine kleine Rebellion überlegen. All das konnte ich unmöglich auf mir sitzen lassen.
Für den Moment antwortete ich: "In Ordnung."
Aramis stellte sich nun direkt neben mich, weshalb ich ihm mein Gesicht zudrehte. In einer überraschend neutralen Stimme, fragte er: "Habe ich mich bereits klar genug ausgedrückt?"
"Ja, das hast du, Sonnenschein." Der Kosename musste sein bei dem Anblick. Er ähnelte eher Gewitterwolken.
Ich ließ ab vom Kleid und trat einen Schritt zurück. "Hm, ich finde schon noch was. Am besten mit Tianas Beratung. Vielleicht hat sie ja die ein oder andere Idee."
Ich machte mich auf den Rückweg, denn vielleicht ließ er mich vom Haken. Die Hoffnung bestand.
Der König blieb an Ort und Stelle stehen und sagte: "Dann genieß deine letzte Nacht in Tianas Gästezimmer."
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Cruel Vampire King
WerewolfWerwölfe und Vampire befanden sich seit jeher in einem erbitterlichen Krieg. An den Erzfeind verkauft zu werden klang für Ariela nach einem grausamen Scherz. Allerdings hatte ihr Vater, Alpha des Rudels, genau das getan um den ewigen Krieg zwischen...