6. Mit Worten kann man anrichten, was man sich mit Taten niemals gewagt hätte.

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Nathan
Draußen war es eisig kalt, selbst die am Straßenrand geparkten Autos waren mit einer trügerischen Eisschicht bedeckt, kaum zu glauben, dass es April war. Meine Haare waren noch immer nass von der prickelnden Dusche, die ich bis zur letzten Sekunde genossen hatte. Ich war mir bei dieser Erinnerung nicht länger sicher, ob sie tatsächlich passiert war, oder ob sich diese Nacht mit Marie nur in meinen Fantasien abgespielt hatte. Wieso war sie mir gegenüber auf einmal so kalt gewesen, hatte sie denn nicht das Gleiche gespürt wie ich, war es für sie tatsächlich bloß einer dieser läppischen One-Night-Stands, die überhaupt nichts zu bedeuten hatten. Für mich war es der wohl beste Sex meines Lebens und er hätte noch lange nicht aufhören müssen, ich hätte Monate so weiter machen können. Diese plötzliche Kälte in ihren Augen bereitete mir nur bei dem Gedanken daran ein mulmiges Gefühl in meiner Magengegend. Eigentlich war ich es, der direkt nach dem Sex beschloss, das Weite zu suchen, meistens verpisste ich mich sogar ohne jedes weitere Wort, aber heute wollte ich das nicht nur deshalb hatte ich gefragt, wo die Dusche ist und als sie mich dann fragte, ob sie mit kommen dürfe, war es für mich, als würden Ostern und Weihnachten miteinander kollidieren. Sie hatte genauso viel Spaß wie ich, zumindest war ich mir bis nach der Dusche über diesen Umstand gewiss, doch alles, was darauf folgte, ergab für mich keinen Sinn, wie auch. Wieso hatte sie mich so leichtfertig vor die Türe gesetzt, wenn ich doch genau sehen konnte, wie ihr Körper auf mich reagiert hatte. Ich fühlte mich elend, ein Gefühl, das ich nicht kannte, ein Gefühl, das sich wieder verpissen sollte, und zwar sofort! Ich wurde eiskalt abserviert, so mussten sich die Frauen fühlen, die ich ständig ohne etwas zu hinterlassen alleine zurückgelassen hatte. Noch nie habe ich mich bei jemandem so wohlgefühlt, ich meine, je näher ich Marie kam, je mehr Blicke und Worte wir austauschten, umso intensiver begannen meine Körperteile, meine Haut einfach alles auf sie zu reagieren. Selbst das Adrenalin, das schon öfter mit dem Rausch einer Droge verglichen wurde, setzte bei ihr ein und gab mir endlich eine Erklärung darauf, was die Leute damit meinten, wenn sie von der Ekstase der Aufregung erzählt hatten. Ich glaubte zu spüren, dass sie genauso fühlte, all diese Gefühl mit mir teilte, aber noch ehe ich meinen Gedanken fertig denken konnte, bog tatsächlich ein Taxi in die Straße, auf der ich noch völlig verdattert auf es wartete ein und kam direkt vor mir zum Stehen. Der Taxifahrer ließ die Scheibe seines Wagens herunter und rief.

>> Sind sie Nate? <<

>> JJa, das bin ich. <<...

Ich quälte mir ein halbherziges Lächeln hervor.

>> Na dann, steigen sie ein. Wo müssen sie denn hin? <<

>> Ich muss an das Messegelände. <<

Der Taxifahrer grinste.

>> Alles klar. <<

Zum Glück konnte ich noch duschen bevor ich rausgeschmissen wurde, sonst hätte vermutlich jeder gewusst, was für eine heiße Nacht hinter mir lag. Die Fahrt mit dem Taxi dauerte etwa 20 Minuten, bis mir meine Umgebung wieder bekannt vorkam und das Taxi endlich vor meinem Hotel stehen blieb. Als ich oben auf der Etage meiner Suite angekommen war, war ich heilfroh darüber niemandem begegnet zu sein den ich kannte, auf jegliche Arten einer Konversation, hatte ich keine Ambitionen im Gegenteil, ich musste mich innerlich erst einmal abregen und realisieren, was die letzten Stunden wahr war und wo die Lügen anfingen, doch das war mir vergönnt, ich hatte mich zu früh gefreut. Luke, mein bester Freund, den ich gestern einfach stehen gelassen hatte, klopfte wie ein Wilder gegen meine Zimmertüre und nuschelte sauer irgendwelche Worte vor sich her, womit er mich vermutlich verfluchte. Ich schlich mich heran und flüsterte, als ich seinem Ohr nahe genug gekommen war.

>> Da wird dir niemand aufmachen. <<

Luke zuckte erst zusammen, dann drehte er sich vor Schreck so ruckartig um, dass er mir beinahe eine verpasste.

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