Kapitel Zwei: Glashäuser und Steine

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Die Dunkelheit verschlang die letzte Hoffnung, einen Weg zu finden, der nach Hause führen könnte.
Einsam fühlte ich mich oft, doch diesmal kam nochh das verschlingende Gefühl der Trauer hinzu. Meinen Geburtstag hatte ich mir zwar genauso vorgestellt, auf dem Friedhof ak Grab meines Vaters, doch auch diesmal spürte ich wie jedes Jahr, dass das Loch in meinem Herzen, welches entstanden war, als er gestorben war, noch immer unverheilt und verfällt.
Ich setzte mich auf die trockene Erde und zupfte etwas Gras aus dem Boden. Den Grabstein sah ich beinahe nicht, doch ich wusste, dass er grau war und in verschlungenen Buchstaben sein Name daraufstand.
'Kenji Oikawa, geliebter Vater und Ehemann'
Ich verspürte den Drang, zu weinen, wollte schreien und um mich schlagen. Es war nicht fair. Er hatte es nicht verdient zu sterben, niemand hätte es verdient, zu sterben.
Aber er hatte es am allerwenigsten.
Ich atmete ruhig die kühle Nachtluft ein, den Geruch nach Erde und Natur.
Ein leichter Wind umspielt die Bäume, wie ein unsichtbares Kind.
Ich saß dort und schwieg, dachte an meinen Vater und rief mir sein Gesicht ins Gedächtnis.
Seine Stimme.
Seine Augen.
Erneute Trauer durchfuhr meinen Körper und diesmal lief mir eine Träne aus dem Augenwinkel.
Weitere verdeckten meine Sicht und ich nahm nun meine Brille ab.
Mittlerweile fing ich richtig an zu weinen. Ich schluchzte, zog meine Knie an und legte mein Gesicht in meine Hände.
Ich war nicht mehr das fröhliche Kind von früher. Der Junge, welcher sich über viele Sachen freute und nie mit dem Grinsen aufhörte.
Ich war gebrochen.
Ein Wrack, unter den Trümmern meiner Vergangenheit. Es gab nicht viele Sachen, die mir halfen, erst recht nicht die Therapie, zu der ich verdonnert worden war.
Viel mehr waren es die Tabletten, die ich bekam und das ritzen.
Ich verletzte mich fast jeden Tag und bereute es höchstens zweimal im Monat.
Eine Panikattacke nach der nächsten suchte mich heim und ich hatte immer wieder das Gefühl, jeden Moment zu sterben.
Und obwohl ich eben jenes wollte, bereitete es mir Angst.
In Gegenwart anderer setzte ich ' Das Lächeln' auf. Es zeigte nicht, wie kaputt ich eigentlich war. Wie schlecht es mir ging.
Es waren aber nicht nur psychische Narben des Unfalls zurückgeblieben.
Wegen Glassplittern und offenen Brüchen hatte ich am Oberkörper, Rücken und Armen viele Narben.
Ich hatte zwei Monate im Krankenhaus verbracht und mein siebenjähriges ich hatte die Schmerzen tapfer ausgehalten, ohne auch nur eine Träne zu vergießen.
Doch jedesmal wenn ich an meinen Vater dachte, liefen mir etliche über die Wangen und schienen meine Gehirnerschütterung nur noch zu verschlimmern.
Die Ärzte deuteten alles Falsch und gaben mir Schmerzmittel und Beruhigungsmedikamente, weil sie davon ausgingen, mir tue alles weh.
Dabei hatten sie nicht Unrecht, aber viel mehr tat mir der Verlust weh.
Die Tatsache, dass mein Dad tot war, und ich dran schuld.
Und nach einiger Zeit fing ich an, mich selbst zu hassen, mir Vorwürfe zu machen, mich zu verletzen und den Schmerz tatsächlich zu genießen.
Es war wie eine Droge und bald schon konnte ich mir ein Leben ohne nicht mehr vorstellen.
Jeden einzelnen Tag bereute ich mein Dasein und war mir in meinem Selbsthass einer Sache ganz klar.
Er hätte nicht sterben sollen.
Nicht er.
Sondern ich.

IwaOi- |The Night We Met|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt