Lieber Herr S.

Der erste Abend

01.09.2019

Lieber Herr S.

Ich frage Sie, wo soll das alles noch enden mit mir? Im schlimmsten Fall im Gefängnis oder in der Klapse. 

Ich befinde mich in meiner ersten eigenen Wohnung und ich kann mir selbst nicht vertrauen so viel Freiheit zu haben. Von meinen ersten drei Abenden alleine, habe ich drei davon mit der Polizei verbracht. Ich habe viele Leute sauer gemacht und das tut mir auch Leid. 

Erst wurde ich aus der einen Bar rausgeschmissen, weil die Feierabend machen wollten und ich nicht gegangen bin. Dann bin ich draußen rumgeirrt und wäre fast mit so einem widerlichen, verschwitztem Typen in seine Wohnung gegangen. Ich konnte ihn Gott sei Dank loswerden und habe mich dann vor das berühmte *Stadtname*- Schloss gesetzt und die Polizei angerufen. 

Ich war mit dem Fahrrad da, das Fahrrad ist neu und das Licht geht nicht automatisch an sondern muss manuell eingeschaltet werden, aber ich hab das nicht gecheckt weil ich zu doof bin für sowas und weil man ja nicht ohne Licht fahren darf, habe ich eben die Polizei angerufen dass sie mir helfen.

Der Typ am Telefon war da erstmal nicht so erfreut weil er hat gesagt die Polizei ist kein Fahrrad Reparateur und dann hat er mir gesagt dass ich ein bisschen höflicher mit der Polizei zu reden habe bis er endlich nen Streifenwagen geschickt hat.

Als die zwei Polizisten da waren hab ich denen das Fahrrad gezeigt, aber die haben das mit dem Licht auch nicht verstanden.

Und dann meinte der eine dass ich sowieso nicht mehr fahren dürfte weil ich offensichtlich alkoholisiert war, ich hab gesagt dass ich nur ein bisschen was getrunken hatte und das fürs Fahrradfahren noch sicher wäre, vorausgesetzt natürlich die würden mein Licht reparieren.

Dann hat der eine gemeint das ich ja nicht mal mehr gerade stehen kann und hat diesen Alkoholpustautomaten geholt und gesagt wenn ich unter 0,3 Promille hätte, dürfte ich fahren. Hatte ich natürlich nicht und die haben mir befohlen das Fahrrad zu schieben.

Der eine Polizist war übrigens recht lustig, er wusste das ich aus Bayern komme nur weil ich „freilich" gesagt habe. Und ich spreche ja nicht mal richtig bayrisch.

Als sie weg waren, bin ich wieder in die Stadt gelaufen und hab noch so nen seltsamen Typen getroffen mit dem ich dann zusammen in die einzige Bar gegangen bin die noch offen hatte. Naja, eigentlich war die zu, aber der Barkeeper saß eben mit drei Insidern noch drinnen und wir haben uns dazu gesellt. Das waren alles sehr lustige Typen, jeder mindestens über 40, aber sie waren nett und teilweise genauso betrunken wie ich. Einer hat mir sogar noch einen Tequila ausgegeben. Der andere Tequila ging letzten Endes ungewollt aufs Haus. Ich wollte in der Bar übernachten und dann wurde der nächste Barmann sauer und hat die Polizei gerufen und natürlich kamen wieder die gleichen. 

Der Barmann hat auf eine Anzeige Gott sei Dank verzichtet. Ich hab noch mehr Ärger von den Polizisten bekommen die das nicht mehr lustig fanden das ich immer noch draußen rum lief. Dann sind sie wieder weggefahren. Ich weiß nicht mehr so genau wie es weiter ging, ich hab ein bisschen auf so einer Bank geschlafen, musste aufs Klo und durfte freundlicherweise im *Stadtname* -Schloss aufs Klo gehen, das war schon cool. Der Sicherheitsdienst hat es mir erlaubt und sie wussten komischerweise wer ich war.

Dann habe ich wieder die Polizei gerufen weil ich meine Sachen auf der Bank liegen gelassen hab und sie nicht mehr gefunden habe. Eigentlich wusste ich wo sie sind, aber ich wollte nicht das der Spaß schon vorbei war. Die Polizisten waren dieses Mal richtig angepisst und der lustige Typ vom Anfang war doppelt sauer, weil ich dem Sicherheitsdienst gepetzt hatte wie unfreundlich der zu mir war weil der mir nicht mit meinem Fahrrad helfen wollte.

Naja egal. Ich bin dann doch nach Hause gefahren. Und das Herr S., war noch amüsant, im Vergleich zum darauf folgenden Tag. Aber darüber will ich noch nicht sprechen. Vielleicht bald. Das war nämlich ne Katastrophe. Die reine Katastrophe.

Liebe Grüße,

Marta