17.02.2020
Lieber Herr S.,
Ich bin so krank wie ich noch nie war. Ich meine psychisch, keine Sorge. Ich denke das ist die schlimmste Stufe der Depression die mach erreichen kann, das nächste wäre schon Suizid.
Ich war sogar zu schwach um Ihnen zu schreiben, jetzt kann ich es auch nur tun weil ich was genommen habe. Die Nächte überstehe ich sowieso nur noch unter Drogeneinfluss, auch wenn es nicht mehr so gut hilft wie früher, höhere Dosen machens auch nicht besser, ich bin einfach schon zu resistent geworden. Aber ein bisschen hilfts ja. Immerhin.
Ich habe auch keinen normalen Schlaf mehr, manchmal mache ich die Nächte durch weil ich Angst vor dem Schlafen habe, dafür schlafe ich dann unterm Tag. Meistens wenn ich frei habe penne ich dann aber doch um 4 irgendwann ein und je nachdem wie viel ich genommen habe, wache ich dann schon wieder um 7 oder eben 14 Uhr auf. Ganz komisch.
Seit ich mit, Sie wissen schon, angefangen habe blutet es in meiner Nase auch ständig, ist ja logisch aber ich hoffe nur dass sich da nicht irgendwann mal was entzündet. Hilfe suchen ist nicht einfach Herr S, wirklich nicht.
Ich vermisse meine Mama und meine Geschwister. Am liebsten würde ich meiner Mama alles erzählen, doch damit würde ich sie wieder kaputt machen und somit wäre weder ihr noch mir damit geholfen. Wenn ich zu Hause wohnen würde wäre das was anderes aber so würde sie sich nur jeden Tag Sorgen machen und könnte mir nicht wirklich helfen. Mein Bruder sagt auch immer dass ich immer mit ihm über alles reden kann, gestern haben wir mal wieder gequatscht und er hat mich gefragt ob ich eigentlich momentan glücklich bin. Ich hab gesagt ja, nur dass es mir allmählich schwer fällt alleine zu wohnen.
Ist er nicht süß? Er ist gerade mal 16 und wenn ich mir die andren Jungs in seinem Alter anschaue, bin ich unglaublich stolz auf ihn. Er ist der beste Mensch den ich kenne. Der gutherzigste Mensch.
Wie kann ich mich nur reparieren? Ich bin es leid in all meinen Briefen an Sie nur über mein Elend zu schreiben, so sollte es nicht sein, es steckt mehr in mir da bin ich sicher. Ich möchte es nochmal versuchen mit mir. Diesen Satz hätte ich ohne Drogeneinfluss nie geschrieben.
Es hilft mir wirklich, ohne Schmarrn. Sonst wäre ich schon längst untergegangen. Dieser gruselige Polizei-Faible ist seit den Drogen übrigens auch verschwunden. Klar, das passt beides nicht zusammen, mit den Konsequenzen eine Katastrophe. Ich bin darauf angewiesen, deswegen gehe ich weiteren Begegnungen mit der Polizei aus dem Weg.
Krass wohin einen das Leben führt.
Was würde ich für ein Gespräch mit Ihnen geben. Oder mit irgendwem. Eine Umarmung würde gut tun, ich möchte umarmt werden und zwar solange bis ich loslasse, denn gefühlt brauche ich eine 5-Minuten Umarmung.
Ich hab Sie lieb.
Marta
DU LIEST GERADE
Lieber Herr S.
Não FicçãoIch schreibe Briefe an meinen Lehrer die ich nie abschicke. Herr S. begleitete mich durch alle Höhen und Tiefen: Begegnungen mit Polizisten, die Einweisung in die Psychiatrie und der Beginn einer Drogensucht. Die Briefe an ihn haben mich das alles ü...