𝟎𝟑

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Estrella

Nachdem ich einen letzten Blick in den Spiegel geworfen habe, schnappe ich mir meine Handtasche und trete aus meinem Auto heraus. Zu meinem Glück habe ich noch den letzten Parkplatz erwischt, so voll wie die Straßen New Yorks heute sind. Meine Augen scannen die Gebäude in der gesamten Straße ab, welche nur so von Geschäftshäusern wimmelt. Hunderte Menschen rennen hier umher, einige sind hektischer als die anderen. Wahrscheinlich wollen sie ihren Boss nicht verärgern, indem sie zu spät kommen. Ein Mann läuft schnellen Schrittes an mir vorbei, sodass er mich an der Schulter anrempelt und ich einen Schritt zurücktreten muss. Er läuft einfach weiter, ohne es überhaupt registriert zu haben. Idiot.

Als meine Augen das riesige Gebäudekomplex finden, welches ich suche, gehe ich schnellen Schrittes darauf zu. Beim laufen betrachte ich das moderne und verglaste Gebäude. In Großbuchstaben schmückt der Name Marchetti den Eingangsbereich. Davor stehen zwei dunkel gekleidete Security Männer. Ohne dass diese mich aufhalten, betrete ich die Firma von Luciano und seiner Schwester Ilaria. Natürlich habe ich die beiden im Internet gesucht, bevor ich hier hergekommen bin. Scheinbar sind die beiden Italiener und führen diese Firma seit ein paar Jahren. Anders als es bei meiner Familie ist, haben sie ihre Marke selbst gegründet und aufgebaut. Dazu sind sie in nur kürzester Zeit erfolgreich geworden, was ich tatsächlich ziemlich bemerkenswert finde. Ich bin mir unsicher, ob sie sich selber einen Namen gemacht haben, oder ob ihre Eltern ebenfalls bekannt sind, denn soweit bin ich mit meiner Recherche nicht gegangen. Aber ich weiß, dass sie bis jetzt nur wenige Läden haben. Aus diesem Grund bin ich schließlich auch hier, sie wollen sich erweitern.

An der Rezeption angekommen, werde ich mit einem freundlichen Lächeln, von einer rothaarigen Frau begrüßt. Ich würde sie auf Mitte dreißig schätzen. "Guten Tag, wie kann ich ihnen weiterhelfen?" Ich erwidere ihr Lächeln. "Mein Name ist Estrella Suárez, ich habe einen Termin mit Mister Marchetti." Sie tippt etwas auf ihrem Computer ein, so laut, dass es sich anhört, als würde sie gleich die Tastatur zerstören. Dann blickt sie mir wieder ins Gesicht. "Fahren sie bitte mit dem Fahrstuhl in die dreizehnte Etage, dort werden sie schließlich von seiner Assistentin empfangen." Mit ihrer Hand deutet sie auf den Fahrstuhl. "Vielen Dank."

Ich folge ihrer Anweisung und gehe zum Aufzug, vor welchem außer mir nur ein älterer Mann wartet. Flüchtig nicke ich diesem zu, er erwidert nichts. Unhöflich. Als sich der leere Fahrstuhl mit einem ping öffnet, steige ich ein und drücke den runden Knopf mit der Nummer dreizehn. Der Mann steigt ebenfalls ein und drückt auf die Nummer acht. Er bleibt vor mir stehen, wendet mir den Rücken zu. Als ich mein Handy in meiner Handtasche vibrieren spüre, hole ich es heraus und schaue auf mein Display. Eine Nachricht von Papá.

"Warum bist du noch nicht in der Firma?"

Ohne ihm zu antworten, sperre ich das Display und stecke mein Handy zurück in die Tasche. Das werde ich ihm später wohl erklären müssen.

Auf der richtigen Etage angekommen, laufe ich auf die nächste Rezeption zu, hinter welcher eine Blondine sitzt. "Guten Tag, Miss Suárez richtig?", begrüßt sie mich höflich. "Richtig", bestätige ich. "Mister Marchetti erwartet sie bereits, folgen sie mir bitte." Sie tritt hinter ihrer Theke hervor und läuft mir voraus. Ihre Absätze hallen auf dem Boden wider. Ihr enges Kleid schmiegt sich perfekt an ihrem Körper an. Ihre Haare sind in einem strengen Dutt nach hinten gebunden. Sie spiegelt die perfekte Sekretärin wider, wie man sie aus Filmen kennt.

Vor einer weißen Tür bleibt sie stehen, klopft zweimal und öffnet sie. "Miss Suárez." Mit einer Handbewegung deutet sie mir an in den Raum hineinzutreten. Mit einem kurzen Blick zu ihr bedanke ich mich und gehe in Lucianos Büro. Es ist modern und schlicht gehalten. Die Wände sind weiß, hinter seinem Schreibtisch ist eine große Glasfront, davor zwei Sessel. Dazu steht am Rand eine Couch mit einem kleinen Tisch. Wenige Pflanzen und Bilder lassen den Raum etwas persönlicher und gemütlicher erscheinen.

Terrible pasadoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt