Terrible pasado

𝟎𝟖

Estrella

"Euer Geschäft sollte sich von den anderen Geschäften in der Straße abheben, aber auch nicht deplatziert aussehen. Ich würde eine Glasfront mit sehr großen Glastüren vorschlagen, damit es einladend aussieht. Da es sich nicht um eine zu große Fläche handelt, wird es auch nicht billig aussehen, sondern sehr schön, sofern ihr die Schaufenster ästhetisch gestaltet. Was Wiederrum zu eurer Marke passt, denn diese ist ganz und gar nicht billig."

Gerade bespreche ich mich mit den Marchetti Geschwistern, was bedeutet, dass ich auch Ilaria kennengelernt habe. Und sie ist wirklich nett. "Außerdem würde ich hinter die Schaufenster extra Wände setzen, sodass was auch immer sich dahinter befindet, nicht direkt im Laden steht. Das sieht einfach schöner aus, als wenn es im Hintergrund so vollgestellt aussieht. Wie viele Etagen wollt ihr bauen lassen?" Erwartungsvoll schaue ich die Geschwister an.

"Drei. Eine Etage für die Männer und zwei für die Frauen", antwortet Ilaria. "Kinder?" "Wir stellen keine Kleidung für Kinder her", antwortet diesmal Luciano. "Warum nicht?" Damit würden sie mit Sicherheit viel Geld verdienen. "Kinderkleidung passt nicht zu unserem Stil. Wir sind relativ bescheiden aufgewachsen, mit knallbunter Kleidung auf welcher Bilder aufgedruckt waren", erzählt Ilaria mit einem verträumten Lächeln. Meine Eltern hätten mich niemals in solch eine Kleidung gesteckt. "Jedenfalls finden wir, dass Kinder keine Kleider tragen sollten, die genauso gut auch für einen erwachsenen entworfen sein könnten. Sie sollen Kinder sein und nicht darauf achten, bloß keinen Fleck auf ihre tausend Dollar Hose zu bekommen."

Das tut schon fast weh, so etwas zu hören. Adrián wurde seit ich denken kann in teure Anzüge gesteckt, sowie ich in teure Kleider. Und Ilaria hat recht, denn das waren Kleider, welche ich selbst heute noch tragen könnte, wenn es sie in meiner große geben würde. Dabei ist es viel schöner, wenn Kinder auch tatsächlich kindliche Kleidung tragen. Nolan hätte das mit Sicherheit auch gewollt, wenn wir die Möglichkeit gehabt hätten, Kinder zu bekommen.

"Eine vierte Etage im Untergeschoss? Als Lager?" Die beiden schauen sich kurz an und nicken anschließend. "Gut, damit könnte ich schonmal ein paar Grundrisse anfertigen." Ich erstelle eine ganz schnelle Skizze, welche ich in die Mitte des Tisches schiebe. "Ich würde vorschlagen, dass dort die Umkleidekabinen hinkommen, also eine weitere Wand gezogen wird." Ich zeige auf eine Stelle. "Eigentlich würde wir diese gerne direkt auf die andere Seite, also parallel, hintun." "Soll jede Etage gleich aufgebaut sein?" "Darüber haben wir uns noch keine Gedanken gemacht." "Dann sagt ihr mir das beim unserem nächsten Treffen." Ich denke, mit dem was wir heute besprochen haben, kann ich schon einiges anfangen.

"Wie kann es eigentlich sein, dass du jetzt schon solch eine angesagte Architektin bist? Ich meine, du bist doch noch so jung." Ein Kloß bildet sich in meinem Hals. Ich mag diese Frage nicht, auch wenn Ilaria einfach nur interessiert ist und dieses freundliche Lächeln aufgesetzt hat, ohne eine negative Intention dahinter. "Ich habe die High School mit einem Notendurchschnitt von 1,0 abgeschlossen. Dazu ist meine Familie schon seit Jahren in diesem Business tätig, daher war es für mich einfach, schnell Fuß zu fassen."

Die unangenehmen Fakten lasse ich dabei aus. Wie zum Beispiel, dass ich vor ein Paar Jahren mein Studium pausieren musste und eigentlich noch gar keine Architektin wäre. Aber es geschafft habe, weil Menschen nunmal bestechlich sind und Papá jede Summe an Geld hinblättern würde, damit alles nach seinen Vorstellungen läuft. Ich bin nicht stolz darauf, dass er das getan hat, denn ich hätte dieses Studium auch ohne ihn geschafft. Andererseits kann ich nichts dafür, denn er hätte es getan, egal wie lange ich protestiert hätte. In manchen Dingen bin ich einfach machtlos ihm gegenüber. Es darf nur niemals jemand erfahren, warum ich das Studium damals pausieren musste, sonst wäre es das wahrscheinlich mit meiner Karriere.