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𝐋𝐮𝐜𝐢𝐚𝐧𝐨

"Familienprobleme?"

Erschrocken dreht Estrella sich herum. Ertappt schaut sie mich an, als hätte ich sie bei irgendwas erwischt. Vielleicht weil ich sie mit ihrem Vater gesehen habe. Santiago Suárez, wie ich per Internet erfahren habe.

"Tut mir leid, ich möchte nicht zu persönlich werden." Obwohl ich unwahrscheinlich gerne mehr über diese Frau erfahren möchte. "Es sah nur nicht so friedlich aus zwischen euch."

"Hast du uns etwa beobachtet? Ich wusste doch, dass du ein Stalker bist." Sie versucht es witzig klingen zu lassen, aber den Sturm von Wut welcher in ihren Augen herrscht, diesen kann sie nicht verstecken. Ich bin mir sicher, dass diese Frau jeden in die Knie zwingen könnte, wenn sie es wollte.

"Möglicherweise ist mein Blick ein oder zweimal bei euch stehen geblieben." "Was für ein Zufall", murmelt sie augenverdrehend und verschränkt ihre Arme vor der Brust. Dabei fällt mein Blick auf das Sektglas in ihrer Hand, welches noch immer genauso voll ist, wie als sie es sich genommen hat. "Möchtest du den nicht?" Ich deute mit meinen Augen auf das Glas, als sich Fragezeichen auf ihrem Gesicht abzeichnen. "Er ist nicht besonders gut", erklärt sie sich. "Dann hast du aber ziemlich hohe Ansprüche. So schlecht fand ich ihn garnicht und ein teurer ist es noch dazu." "Teuer bedeutet nicht gleich Qualität." Nachdem sie mir das Glas in die Hand gedrückt hat, trinke ich es aus und stelle es auf den Boden an die Wand des Gebäudes. Vielleicht ist das verwerflich, aber ich möchte mir jetzt nicht die Mühe machen, noch einmal reinzugehen.

"Möchtest du hier weg?", frage ich nach einem kurzen Moment der Stille. "Warum fragst du?" "Weil du nicht so aussiehst, als würdest du nochmal darein gehen." Mein Daumen zeigt auf das Gebäude hinter mir. "Ich denke ich rufe meinen Fahrer an." "Das ist doch nicht Nötig. Mein Auto steht direkt dort, ich fahre dich wohin du willst", biete ich ihr an. "Und die Gala?" "Ich war lange genug dort." Außerdem würde ich mir keine Chance entnehmen lassen, diese Frau vor mir kennenzulernen. Sie ist bildschön und in ihrem roten Kleid sieht sie einfach nur Atemberaubend aus. Aber abgesehen von ihrer Schönheit gibt sie nicht viel von sich preis. Das wurde von Anfang an deutlich.

Ich erinnere mich an den Abend im Club, an welchen ich sie das erste mal gesehen und angesprochen habe. Nach nur ein paar Sätzen ist sie gegangen. Dann die Kunstausstellung darauf, wo sie sich beschwert hat, dass ich sie angeblich belagere. Sie ist auf keinen meiner Flirtversuche angesprungen und vorhin meinte sie, dass sie weder in einer Beziehung ist, noch an einer interessiert sei. Bei unseren Meetings erzählt sie kaum etwas über sich, sondern fokussiert sich auf ihren Job. Aber was steckt hinter ihrer Fassade? Und warum sträubt sie sich so dagegen, einen Einblick in sie zu gewähren?

"Also, was sagst du?" Estrella hadert kurz mit sich, gibt sich aber geschlagen. "Na gut."

"Möchtest du darüber reden, was das vorhin mit deinem Vater war?", frage ich als wir in meinem Auto sitzen. "Wir kennen uns doch kaum. Warum sollte ich mit dir darüber reden?" "Das ist natürlich eine berechtigte Frage. Aber vielleicht kann ich dir ja weiterhelfen." "Das denke ich nicht. Er ist einfach zu stur, um manche Dinge einzusehen. Oder um sich etwas sagen zu lassen." "Und wer war der Kerl, welcher dich von uns entführt hat?" Die Frage brennt mir schon seit vorhin auf der Zunge. Sie sah glücklich und erleichtert aus, als sie ihn gesehen hat. Und dann war sie auch schon zu schnell verschwunden mit ihm. Die beiden sind eindeutig miteinander vertraut.

"Das war Landon. Ich kenne ihn schon seit der Highschool." Wenn ich mich nicht irre schwingt etwas trauriges in ihrer Stimme mit, aber ich bin mir nicht sicher. "Wart ihr mal zusammen?", schließe ich daraus. "Was?" Jetzt hört sie sich eher entsetzt an. "Landon und ich? Niemals!" "Hätte ja sein können." "Ist auch egal. Ich kenne seine Familie seit Jahren und habe mich gefreut sie wiederzusehen."

Terrible pasadoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt