𝟎𝟔

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Estrella

"Vergiss nicht, dass du dich heute mit Thomas Rivera triffst." "Dir auch hallo, Papá", erwidere ich Augenverdrehend und stelle mein Telefon auf Lautsprecher. "Ich habe dir den Ort und die Zeit geschickt, wehe du kommst du spät. Und wehe du benimmst dich daneben und ich höre auch nur ein negatives Wort von Thomas." Warum tut er so, als wäre das mein erstes Zusammenkommen mit einem Geschäftspartner? Allein für diese Anweisung und seine Herrischkeit, wäre es mir das Wert mich danebenzubenehmen. Einzig und allein, weil mich seine Reaktion interessieren würde. Ob ich danach noch am Leben wäre, sei mal dahingestellt.

Wir reden noch kurz über seinen Aufenthalt in Spanien und er setzt mich über unsere Firma dort in Kenntnis. Und wenn ich kurz sage, meine ich auch kurz. Unser Gespräch dauert knapp fünf Minuten, wobei es mindestens die Hälfte der Zeit um unsere Firma und die Arbeit geht. "ich muss dann auch auflegen. Schließlich will ich ja nicht zu spät zum Treffen erscheinen."

Vielleicht sollte ich Adrián mit einweihen, damit ich nicht alleine zu diesem Treffen muss. Alleinige Treffen mit Männern im Alter meines Vaters, sind nicht unbedingt die angenehmsten. Damit möchte ich nicht sagen, dass alle widerlich sind und sich an einen ranmachen. Auch wenn das schon öfter mal vorgekommen ist. Viel schlimmer ist es, dass man komplett unterschiedliche Interessen hat, aber auch irgendwie ein Gespräch am leben erhalten muss. Und wenn man sich in einem Café trifft, ist es unausweichlich auch über andere Themen als die Arbeit zu sprechen. Denn selbst wenn dies ein Geschäftstreffen ist, findet es nicht einem Büro oder Konferenzraum statt. Da kann man nicht einfach gehen, oder jemanden hinaus bitten.

Also wähle ich die Nummer meines Bruders. "Was gibt's hermana?" "Hast du in ungefähr einer Stunde Zeit. Papá hat mir doch dieses Meeting aufgehalst und mit dir wäre es um einiges erträglicher." Kurz ist es still in der Leitung. "Tut mir wirklich leid, aber das ist zu kurzfristig. Ich habe selber schon einen Termin den ich nicht absagen kann." "Verstehe. Kein Problem."

"Hast du was von Papá gehört?", fragt Adrián bevor wir auflegen. "Sí, er hat vorhin kurz angerufen, um mir nochmal deutlich zu sagen, dass ich nicht zu spät kommen und Mist bauen darf. Außerdem hat er von unserer Firma in Spanien erzählt. Wir haben wohl ein Problem mit Personalmangel." "Seit wann das denn?", fragt er schockiert. "Da kommen täglich Bewerbungen rein, unsere Firma ist total gefragt." "Ja, aber sie sind angeblich alle nicht qualifiziert genug. Seit Papás Aufenthalt dort, hat er wohl schon drei Mitarbeiter gekündigt, weil sie nicht gut genug sind. Und von den Bewerbern ist er auch nicht gerade begeistert. Du weißt ja, ohne seine Zustimmung wird niemand eingestellt." "Wenn er so weiter macht, will bald niemand mehr für uns arbeiten." "Sag das unserem Padre. ich habe das Gefühl in letzter Zeit ist er noch schlimmer als sonst. Wie auch immer. Er hat vor, so schnell wie möglich zurück nachhause zu kommen. Also werden wir in den nächsten Tagen wieder von seiner Anwesenheit beglückt." "Juhu." Ich kichere wegen Adriáns monotoner Stimme.

Man darf das nicht falsch verstehen. Wir lieben unseren Vater und haben ihm alles zu verdanken. Er hat alles für uns getan und ich bin mir auch ziemlich sicher, dass er für uns sterben würde. Aber gezeigt hat er uns das noch nie. Er ist nicht der Mensch netter und emotionaler Worte. Wie gerne ich von ihm einmal hören würde, dass er stolz auf mich ist. Aber so ist er nunmal nicht. Er fokussiert sich meiner Meinung nach zu viel auf die Arbeit. Und wenn man mit ihm redet, hat man manchmal das Gefühl, man würde gegen eine gefühllose Wand reden. Doch dann gibt es auch die Momente wenn man mit ihm lachen kann. Oder die Momente, in welchen ich mich daran erinnere, wie er mit uns gespielt hat, als wir noch Kinder waren. Er hat einfach Probleme damit, uns seine Gutherzigkeit zu offenbaren. Aber ich habe nie verstanden, warum das so ist. Denn bevor uns Mamá verlassen hat, war er schon genauso. Wenigstens war er immer für uns da und hat uns nicht verlassen, so wie sie.

Terrible pasadoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt