Wir leben alle für einen Grund. Manche wissen es nur nicht.
Ich bin auf der Suche. Jeden Tag.
Meine Zeit läuft.
Ich starrte die weiße Decke meines Zimmers an und versuchte die Gedanken zur Seite zu schieben. Sie drängten sich jedes Mal wieder nach vorne, ohne jemals gefragt zu haben, ob mir das überhaupt recht war. Der Boden unter mir war ungemütlich hart und strahlte Kälte aus, doch ich mochte die Perspektive, die ich von hier aus hatte. Alles, was ich sah, war das ewige Weiß. Es hingen keine Gedanken daran, so wie sie es bei all den Gegenständen in meinem Zimmer taten. Über mir war noch so viel Platz, so viel Luft. So viel Leben. Und trotzdem konnte ich die Gedanken, die auch sonst in meinem Kopf herum schwirrten und mir das Leben zur Hölle machten, nicht abschalten.
Sie kamen schneller in den Vordergrund zurück als ich sie vertreiben konnte und schoben heimlich die anderen, die schönen, nach hinten. Und das passierte in letzter Zeit immer häufiger.
Mein Körper fühlte sich leer an. Genauso weiß wie Tapete. Genauso weiß wie alles in meinem Leben.
Um ehrlich zu sein, hatte ich keine Ahnung, warum ich überhaupt darüber nachdachte. Warum passierte das mir? Ich wollte nicht sterben. Nie hatte ich das je gewollt. In meinem Leben hatte immer alles gestimmt. Es war nahezu perfekt. Zumindest schien es so.
Doch das wollte ein Teil von mir nicht mehr glauben. Egal, wie sehr ich mich bemühte, ihn davon zu überzeugen, er wollte es nicht einsehen. Er hatte seinen eigenen Willen.
Am Anfang war es ganz selten gewesen. Sobald ich traurig war, zum Beispiel weil ich mich mit meinen Freundinnen gestritten hatte, überkamen mich diese Gedanken. Gedanken darüber, ob mein Leben überhaupt einen Sinn hatte. Jede kleinste Sache hatten sie zu einem riesigen schwarzen Loch gemacht. Sie ließen sich leicht ausblenden, indem ich mich wieder einschaltete, aufstand und weitermachte. Losgelassen hatten sie mich aber nie wirklich.
Jetzt waren sie immer öfter da. Auch wenn ich keinen Grund hatte, traurig zu sein, tauchten sie auf. Und jedes Mal kostete es mehr Kraft, sie zu vertreiben. Das einzige, was kurzzeitig half, war, sie zu ignorieren und das Leben weiter zu leben.
Ich wusste nicht, warum mir das passierte. Es gab wirklich keinen Grund dafür. Ich hatte eine Familie, die mich unterstützte, Freunde, die zu mir hielten, Erfolg in der Schule und Spaß an meinen Hobbys. Nein, es gab keinen Grund.
Dennoch ließ es mich nicht los. Bei diesem Gedanken fragte ich mich jedoch, wer hier wen nicht loslassen konnte.
Tief durchatmend schloss ich die Augen. Das Weiß verschwand und wurde durch ein unendlich scheinendes Schwarz ersetzt.
Ich wollte all das nicht. Es nervte gewaltig, ständig diese Bilder zu sehen. Die Gedanken, die einfach immer wieder auftauchten und mich daran erinnerten, dass irgendetwas mit mir nicht ganz in Ordnung war. All das war schrecklich.
Mit jedem Tag wurde mir bewusster, dass ich etwas tun musste. Ich war sechzehn, hatte noch mein ganzes Leben vor mir. Es gab keinen Grund, in Tränen zu schwimmen. Ehrlich gesagt, wollte ich mich nicht zu diesen Leuten zählen. Ich wollte nicht krank sein. Alles, was ich wollte, war mein Leben zu genießen und glücklich zu sein. Das war doch nicht so viel verlangt, oder?
Doch mir war ebenso klar, dass das nicht von alleine passierte – zumindest nicht bei mir, nicht in meiner Situation. Ich müsste etwas dafür tun. Was das sein sollte, wusste ich selbst noch nicht genau. Aber ich war mir sicher, dass ich das schaffen konnte, wenn ich mein Ziel kannte. Ich durfte es nur nie aus den Augen verlieren.
Ich würde kämpfen.
YOU ARE READING
The Adam-Theory
RomanceJune lebt in einer weißen Welt, während ihr Inneres Dunkelheit birgt. Sie hat nicht die leiseste Ahnung, wie sie da hinaus kommen soll. Doch dann trifft sie auf Adam Black, der die absurdesten Dinge logisch erscheinen lässt, Unmögliches möglich mach...