Kapitel 13: Eine metallene Kiste

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"Na von mir aus, dann haltet halt Wache", schnaubte Kyvn unzufrieden und warf sich auf das behelfsmäßige Strohbett, dass die Dodos für sie vorbeitet hatten. Sie hatten zwar kein Dach über dem Kopf, aber solange es nicht regnete, fand Celeste es nicht so schlimm.
Die vier Taekwondodos salutierten vor Kyvn und postierten sich um sie herum. Sie waren ihnen gefolgt, trotz ihrem Protest. Sie schienen jeden Befehl von ihnen auszuführen außer den, zu gehen, ganz gleich wie nett Celeste sie um Kyvns Willen auch gefragt hatte. Die hatte sich ebenfalls in ihr Strohbett gelegt und Tails Seil um einen Baum in der Nähe ihres Bettes umgebunden. Der Fuchs wimmerte mittlerweile mitleidserregend, doch sie war erst jetzt soweit sicher, dass er weder abhauen noch irgendwen fressen würde, dass sie ihn füttern konnte. Vorsichtig und mit der Hilfe von Hiro und Hokusai nahm sie Tails den Maulkorb ab und gab ihm etwas von ihren Rationen ab. Der Fuchs schlang so viel in sich hinein wie er konnte und legte sich nach einer Weile in ihrer Nähe vorsichtig zusammen zum Schlafen. Celeste hätte fast vor Freude gequikt. Tails vertraute ihr - und am nächsten Morgen würde sie ihn endlich ganz vom Chaos heilen!

Der nächste Morgen kam früher als erhofft. Die Dodos schienen sich auf einen ganz bestimmten Zeitpunkt festgelegt zu haben an dem sie aufwachten, denn Celeste und ihre Gruppe schreckte aus dem Schlaf hoch, als ein unglaubliches Gebrabbel rings um sie herum losging. Die Dodos waren wach und gingen ihrem Tagesgeschäft nach, was bei den meisten wohl aus lauten Unterhaltungen zu bestehen schien. Celeste rieb sich müde die Augen und gähnte genüsslich, als sie plötzlich ein Bellen vernahm. Sie warf einen Blick auf Tails, der seinem Unmut über das unsanfte Wecken lauthals Luft machte. Bei der Gelgenheit fiel ihr auch auf, dass sie es gestern versäumt hatte, dem Fuchs seinen Maulkorb wieder anzulegen. "Shh, Tails! Ganz ruhig!", versuchte sie ihn zu beruhigen, doch ihre plötzliche Anwesenheit direkt neben ihm schien ihm auch nicht zu gefallen. Er nahm ein paar Schritte Abstand und knurrte sie an. "Kyvn? Hiro? Kann einer von euch vielleicht noch einmal so nett sein?", fragte sie und keine zwei Sekunden später jaulte Tails überrascht auf, als Kyvn ihn in einem festen Griff gepackt hatte. Er nickte ihr zu und sie legte ihre Hand auf die Brust des Fuchses. Ihre Haare glühten auf und das Glühen verlagerte sich in den Fuchs hinein, der erneut aufjaulte. "Aua!" Überrascht ließ Kyvn den Fuchs los und auch Celeste sah Tails erstaunt an. "Hast du gerade 'Aua' gesagt?", fragte sie und Tails knurrte. "Ja, habe ich. Aber es geht schon wieder... Danke. Irgendwie hast du mir geholfen glaube ich." "Du kannst ja sprechen!", rief Celeste entzückt und auch Hiro und Hokusai gesellten sich nun zu ihr. "Du hast meinen Verstand von dem Trieb zu Töten befreit - wie auch immer du das geschafft hast. Dadurch kann ich endlich wieder klar denken und mit euch sprechen. Danke." "Keine Ursache", murmelte Hiro und rieb sich ebenfalls die Augen. "Wofür jetzt nochmal genau?"

Während seine Begleiter sich mit Celeste freuten, einen neuen Freund gefunden zu haben, der sie nicht auffressen wollte, rief Hokusai lieber noch einmal seine heilige Waage herbei. Er konzentrierte sich und betrachtete die sich bewegenden Waagschalen. Die Macht des Chaos war in Tails nicht mehr zu erfassen. Er atmete erleichtert auf. Damit musste Celeste dem armen Tier nicht mehr mit ihrer göttlichen Kraft wehtun, um ihn zu heilen.
Hokusai wollte seine Waage schon wieder fortschicken, als sie ihm noch etwas anderes offenbarte. "Das ist merkwürdig", murmelte er und zog damit die Aufmerksamkeit von Kyvn auf sich, der die Waage ebenfalls betrachtete. "Was ist merkwürdig?" "Die Waage zeigt mir eine starke Störung der Ordnung in diesem Gebiet an." "Ach? Und wo kommt diese Störung her?" Kyvn ließ seinen Blick über das Dodo-Dorf gleiten. "Ich sehe hier viele mögliche Störquellen."
Hokusai konzentrierte sich weiter auf die Waage und sie begann sich ein wenig zu drehen. "Die Störung kommt von hinter dem Fluss... sie kommt aus der Hütte, in der wir gestern waren." Kyvns Blick schien sich zu schärfen, als er das Gebäude betrachtete. "Ich wusste, dass da was faul ist", murmelte er und blickte Hokusai fest in die Augen. "Lass uns nachschauen." Hokusai nickte und wandte sich ihren anderen beiden Gefährten zu, um ihnen den Plan mitzuteilen. Kurz meinte er, ein Zucken in Kyvns Hand zu sehen, doch als er nochmal hinsah, hing sie entspannt neben seiner Hüfte. Ein sanftes Lächeln umspielte seine Lippen und er machte eine auffordernde Geste.
"He Leute, kann ich euch kurz sprechen?" Celeste, Hiro und der nun halbwegs normale Fuchs wandten sich ihm zu. "Kyvn und ich wollten nochmal zu der Hütte da drüben, da scheint noch was zu sein, von dem eine gewisse Gefahr ausgehen könnte. Kommt ihr mit?" Der Fuchs zog ein wenig den Schwanz ein und sah Celeste an, die kurz überlegte. "Ihr könnt gerne schonmal vorgehen, ich komme gleich nach." "Dann bleibe ich solange noch bei dir", sagte Hiro und bekam von Celeste einen kurzen, irritierten Blick zugeworfen. Hokusai nickte. "Gut, aber lasst euch nicht allzuviel Zeit." Der Mönch neigte seinen Kopf und Hokusai bedeutete Kyvn, ihm zu folgen. "Sei aufmerksam, mein Freund", sagte er und erntete einen verwirrten Blick vom Dämonenjäger. Dann machte Hokusai sich unsichtbar und Kyvn kniff seine Augen ein wenig zusammen. "Kannst du dir selbst Frühstück jagen?", hörte Hokusai noch seine Gefährtin den Fuchs fragen, dann waren er und Kyvn auch schon im Gedränge der Dodos.
Hokusai musste etwas aufpassen, dass die Tiere ihn nicht umrannten, doch er schlängelte sich unbemerkt durch die Massen bis auf die Brücke, die das Dodo-Dorf mit der großen Hütte verband. Kyvn war ihm dicht gefolgt und schien ihn nicht einmal aus den Augen verloren zu haben, was er als erstaunliche Leistung anerkannte. Dieser Mensch war zu mehr fähig, als es von außen den Anschein machte.
"Ich schleiche mich zuerst hinein und halte dir die Tür offen", flüsterte Hokusai und jetzt zuckte Kyvn doch kurz überrascht zusammen. Dann nickte er und sie überquerten die Brücke. Hokusai ging unsichtbar an den Wachdodos vorbei und öffnete leise die Tür. Dann erzeugte er magisch ein verdächtiges Geräusch etwas weiter weg und als die Vögel nicht hinsahen, schlüpfte Kyvn an ihnen vorbei durch die Tür.
Im Inneren der Hütte war es still. Die hinteren Trainingsapparate standen still und der einzige Dodo, den sie sahen, war der Großmeister, der ihnen den Rücken zugewandt hatte. Kyvn richtete sich auf, doch noch bevor er das Wort an den Dodo richten konnte, drehte dieser sich zu ihnen um und sah ihnen in die Augen. "Ah, willkommen zurück. Wie kann ich euch beiden helfen?" Hokusai lief ein kurzer Schauer über den Rücken, dann löste er seine Unsichtbarkeit auf. Dieser Dodo ließ sich wohl von magischen Tricks nicht täuschen.
"Seid gegrüßt, Großmeister Dodorian", sagte Kyvn, doch in seiner Stimme schwang kaum noch etwas von der Freundlichkeit vom Vortag mit. "Wir sind hier, weil wir noch ein paar Fragen hätten." Dodorian nickte und sein weißer Bart schwang bei der Bewegung mit. "Worum geht es denn?" "Mein Freund hier", sagte Kyvn und deutete auf Hokusai, der kurz etwas den Kopf neigte, "hat festgestellt, dass Ihr hier etwas habt, das ein großes Ungleichgewicht ausstrahlt, wenn Ihr versteht. Vermutlich wird es etwas sein, das mit der Macht der Dämonen in Verbindung steht. Also, was habt Ihr hier?" Der alte Dodo sah sie an, doch in seinen Augen zeigte sich keine Spur des Erkennens. "Es tut mir leid, aber ich muss Euch enttäuschen. Wir haben hier nichts dämonisches." Kyvn knirschte mit den Zähnen und sah zu Hokusai. "Kannst du es nochmal lokalisieren?" Der Angesprochene schloss die Augen und konzentrierte sich. Er spürte das Gleichgewicht des Waldes, dieses Raumes und der Energien darin - und er spürte hier eine enorme Störung davon. Er streckte seine Hand aus und zeigte auf die Quelle der Störung, dann öffnete er die Augen und folgte mit ihnen seinem Zeigefinger. Er, Kyvn und Dodorian blickten an die Decke, an der eine gewaltige, metallene Kiste hing.

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