"Dort hinten war es, richtig?", fragte Celeste und deutete auf einen etwas abgelegeneren Gang und Hokusai nickte. Kyvn war zu sehr in Gedanken versunken um ihr zu antworten und Hiro war soeben im Begriff, in der Masse an herumwuselnden Menschen zu verschwinden. Celeste und Hokusai schafften es gerade noch, Kyvn aus seinen Gedanken zu reißen und in der Nähe von Hiro zu bleiben, bevor sie diesen im Getümmel verlieren konnten.
Hiro gesellte sich zu einem der Händler, die etwas abseits standen und ließ sich in ein Gespräch verwickeln. "Ich kann Euch alles besorgen, was wollt Ihr haben?", fragte der Händler und sein Blick schien Hiro bereits nach Geld abzusuchen. "Ich hätte gerne einen Chaosfuchs", sagte Hiro und der Händler hielt inne. Er blinzelte mehrmals verwirrt. "Tut mir leid, das habe ich tatsächlich nicht", sagte er etwas perplex. "Schade", entgegnete Hiro und wandte sich von ihm ab. "Oh, da seid ihr ja!", sagte er, scheinbar überrascht, dass seine Gruppe ihm gefolgt war. "Wozu brauchst du denn einen Chaosfuchs?", fragte Celeste neugierig, doch Hiro zuckte nur die Schultern. "Wenn wir den Magier heute noch treffen wollen, sollten wir uns beeilen", sagte Hokusai und betrachtete die Leute um sich herum, die sich langsam in ihre Betten begaben.Sie erreichten am Ende eines langen Ganges tatsächlich den Zauberer, als dieser gerade im Begriff war, sich in sein Bett zu legen. Der Mann war vom Alter gebeugt, doch er strahlte trotzdem eine seltsame Macht aus, wie ein alter, aber weiser und mächtiger Mann. Er wandte sich ihnen zu und stützte sich an einem Tisch ab, der wohl zu alchemistischen Zwecken benutzt wurde, da Celeste viele Tränke und Zutaten für ebensolche dort herumliegen sah.
"Wie kann ich euch helfen?", fragte der Mann und seine Stimme klang etwas heiser und brüchig. "Guten Abend", sagte Hokusai und deutete eine leichte Verbeugung an. "Seid Ihr der mächtige Magier, von dem der Anführer dieses Ortes, Kurio, uns erzählte?" Der Mann verharrte noch kurz in seiner gebeugten Position, dann richtete er sich mit einem Mal auf und auch, wenn er nicht jünger aussah als vorher, so strahlte er doch nicht mehr den Anschein eines alten Greises aus. "Kurio hat es euch also erzählt, ja?" Er seufzte tief. "Dann vertraut er euch aus unerfindlichen Gründen wohl. Willkommen im Kreis der Eingeweihten. Ich bin Großmagister Magnus! Und mit wem habe ich das Vergnügen?"
Nach einer kurzen Vorstellungsrunde nickte der Großmagister und räusperte sich. "Und wie kann ich euch helfen? Ich wollte eigentlich gerade zu Bette gehen." "Oh, ja natürlich", sagte Hokusai entschuldigend und beeilte sich, ihr Anliegen vorzutragen.
"Kennt Ihr Euch mit magischen Portalen aus?" Der Magier lachte einmal herzhaft, dann wurde er wieder ernst. "Wirklich? Seit mehr als 5 Generationen an Großmagistern ist Portalmagie kein Thema mehr unseres Wissensschatzes. Was daran liegt, dass es seit der großen Schlacht nicht mehr möglich ist, Portale zu öffnen." Er sah sie an, als ob er sie alle durschauen könnte. "Wo kommt ihr vier her?" Wie als wäre das Kyvns Stichwort gewesen, beugte er sich verschwörerisch vor. "Wir kommen aus einer anderen Welt. Unsere Götter haben uns geschickt und wir sind durch Portale in diese Welt gelangt, um sie zu retten." Er richtete sich wieder auf und warf dem Magier einen undurchdringlichen Blick zu. Dieser wiederum schien eine Weile zu brauchen, um über die Worte nachzudenken, dann begannen seine Augen vor Aufregung zu leuchten. "Tatsächlich? Das ist mehr als faszinierend!" Der Großmagister drehte sich um und begann in einer Schublade hinter sich zu wühlen. Celeste und Hokusai warfen sich einen Blick zu, dann drehte sich Magnus wieder um. In seinen Händen hielt er ein unwahrscheinlich dickes Buch, in dem er prompt zu blättern begann.
Rund zehn Minuten lang sahen sie dem Mann schweigend dabei zu, bis er seinen Blick wieder von den Seiten hob. "Nun, tatsächlich ist es noch nie passiert, dass Reisende aus fremden Welten hierher gereist sind - zumindest ist es nicht dokumentiert. Das ist mehr als faszinierend!" Hokusai räusperte sich. "Und steht in diesem großem Buch auch etwas über Portale?" Der Magier blätterte erneut eine Weile, dann sagte er schließlich: "Es stehen einige interessante Dinge über Portalmagie in diesem Buch, doch es ist auch deutlich festgehalten, dass jeder Versuch ein Portal zu öffnen seit der Schlacht der Herolde fehlgeschlagen sind. Es ist grundsätzlich einfach nicht mehr möglich - der genaue Grund dafür ist hier aber nicht aufgeführt." Hokusai nickte nachdenklich. "Denkt Ihr, Ihr könntet Euch dieses Wissen rasch aneignen?" "Natürlich, allzuviel ist es nun auch wieder nicht und es dürfte einige Ähnlichkeiten zur Teleportation geben. Nur wieso? Wie ich bereits mehrfach versuchte deutlich zu machen: Portale können nicht mehr geöffnet werden." "Und wie mein Freund hier bereits sagte", antwortete Hokusai und klopfte Kyvn auf die Schultern, was diesen kurz irritierte, "kommen wir aus einer anderen Welt und sind durch Portale hierher gelangt. Vielleicht könntet Ihr Euch ja den Ort ansehen, an dem wir diese Welt betreten haben?" Die Augen des Magiers leuchteten auf wie kleine Diamanten, als er das Buch vor Aufregung beinahe fallen ließ. "Aber natürlich! Auf jeden Fall! Wahrlich, ich darf ein unglaubliches Wunder untersuchen!" Celeste wunderte sich ein wenig, wie viel Aufregung das Herz dieses alten Menschen scheinbar noch aushielt, so sehr wie der Mann beinahe auf der Stelle sprang. "Ich werde nur noch einige Sachen einpacken und wir können uns auf den Weg-". Er hielt inne, blickte auf sein Bett und dann wieder zu ihnen. "Morgen. Ich werde alles Nötige einpacken und morgen früh können wir gleich aufbrechen!" "Sehr gerne!", sagte Hokusai erfreut, doch Kyvn grätschte noch einmal in die Unterhaltung mit rein.
"Sagt, werter Großmagister, steht in diesem alten Buch auch etwas über die Götter, die diese Welt verlassen haben sollen?" Das Gesicht des alten Mannes erbleichte etwas und seine Aufregung verflüchtigte sich ebenso. "Nun", sagte er und warf einen Blick auf die ersten Seiten des Wälzers, "leider nein. Natürlich wurden sie früher angebetet und sollen Wunder gewirkt haben, aber sonst steht dort nicht viel über sie." "Und was ist mit ihren Namen?", hakte Kyvn nach. "Ihre Namen sind verboten!", rief der Mann entsetzt, doch Kyvn hob bereits beschwichtigend die Hände. "Ich würde sie ja nur einmal gerne gehört haben." Der Magier schien wenig überzeugt, trotzdem warf er einen weiteren Blick in das Buch, doch nach mehreren Minuten zuckte er entschuldigend mit den Schultern. "Tut mir leid, aber die Namen sind aus diesem Buch gestrichen worden. Nach dem Verrat der Götter an dieser Welt, wurden die Erinnerungen an sie sehr gründlich getilgt."
Kyvn nickte und als sich Celeste schon wieder zum Abschied anschicken wollte, fiel ihm doch noch etwas ein. "Und was ist mit den Herolden?" Der Magister runzelte etwas die Stirn und las noch etwas in seinem Buch, bis er tief Luft holte. "Über die Herolde steht hier einiges geschrieben, aber in erster Linie kann man sagen, dass sie die Champions der Götter und dazu hoch angesehen waren, bis sie in der Schlacht der Herolde gegen den Herrn des Chaos unterlagen. Bis zu dieser Schlacht galten sie als unbesiegbar und unsterblich, doch vor dieser Schlacht gab es mal 10 von ihnen - danach waren es nur noch 7. Nachdem sie geschlagen waren, kämpften sie einige Jahre noch gegen das Chaos an, doch irgendwann zogen sie sich zurück und versteckten sich irgendwo auf dieser Welt. Nur wenigen ist der Aufenthaltsort auch nur eines Heroldes bekannt, die meisten wissen überhaupt nicht, wo sie sind oder wie viele von ihnen noch leben. Nachdem die Götter fort waren und auch die Herolde sich versteckten, verloren die freien Völker nach und nach an Boden und so wie die Götter verhasst waren, waren es in ähnlichem Maße auch die Herolde."
Der Magister schloss nun endgültig das dicke Buch und bedankte sich nochmal für die Möglichkeit, die Unmöglichkeit eines Portales in diese Welt untersuchen zu können, dann ging er seine Sachen packen und Celeste und ihre Freunde machten sich auf, zurück zum Marktplatz. "Meint ihr, die Herolde leben noch?", fragte Celeste und Hiro räusperte sich. "Leben heißt zu lieben, doch wer die Liebe verloren hat, kann der dann noch sterben?" Celeste blinzelte. "Ich denke", sagte Kyvn und ignorierte Hiros Weisheit, "wir kennen bereits einen von ihnen." "So?", fragte Celeste und sah ihn erstaunt an. "Ich würde das nur noch einmal gerne überprüfen. Folgt mir."
Kyvn führte sie über den Marktplatz und visierte einen ihnen bekannten Mann in einer rötlichen Rüstung an. "Kurio!", grüßte Kyvn und der Anführer der Menschen wandte sich ihnen überrascht zu. "Ah, die Neuankömmlinge! Ich hoffe, Ihr habt unseren Großmagister gefunden?" Celeste nickte ihm lächelnd zu und Kurio erwiederte ihr Lächeln. "Das haben wir, vielen Dank." "Und wie kann ich Euch jetzt helfen?", fragte Kurio und wandte seinen Blick wieder Kyvn zu, der ebenfalls ein leichtes Lächeln aufsetzte. "Wir würden gerne noch einmal kurz mit dem Herold Rokif sprechen", sagte er und das Lächeln auf den Lippen seines Gegenübers erfror. "Mit bitte wem?" Kyvns Gesichtsausdruck änderte sich nur unwesentlich, aber wieder durchfuhr Celeste ein seltsamer Schauer, als sie in seine Augen blickte. "Wir wissen es bereits und ich verspreche, es keinem zu sagen - aber wir würden wirklich gerne nochmals mit ihm sprechen.
Kurio schluckte schwer. "Ich weiß ja nicht, wer Euch so etwas erzählt hat, aber...". Sein Blick traf auf den von Kyvn und schließlich sanken seine Schultern etwas nach unten. "Nun gut, aber bitte haltet Euer Versprechen! Niemand außerhalb dieses Ortes darf von seiner Existenz erfahren!" Während Celeste die Kinnlade etwas nach unten kippte, nickte Kyvn nur ungeduldig. "Wie gesagt, wir verraten es nicht. Aber wir würden ihn wirklich gerne sprechen." "Nun, darauf habe ich keinen Einfluss", sagte Kurio seufzend und deutete auf den Gang, wo sie Rokif wenig vorher auf seinem Weg verloren hatten. "Dort entlang findet ihr einen großen Stein, der als eine Art Tür zu seiner Kammer fungiert. Ich kann ihn nicht zwingen, Euch zu empfangen, aber vielleicht lässt er Euch ja hinein." Kyvn nickte und verabschiedete sich, woraufhin Kurio sich wieder einigen Papieren auf einem Tisch hinter ihm zuwandte.
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Forsaken World
FantasíaIn einer Welt von der sich die Götter abgewendet haben, gibt es nichts mehr, was das Chaos aufhält. Die Welt Ilaria kämpft seit mehreren hundert Jahren gegen die Vernichtung durch die Chaosdämonen an, doch ohne die Hilfe von Göttern verlieren sie im...