4. Zwischenspiel

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Es ist dunkel. Früher haben seine Schritte in solchen Hallen immer etwas getapst und unnötig Lärm gemacht. Doch diesen Weg ist er schon oft genug entlang geschlichen.
Mit einer Klaue streift er vorsichtig über die Wand neben sich und spürt die bekannten Muster, die Bewegungen darunter. Ja, diese Festung beinhaltet eine Seele in sich, aber das Gemäuer selbst scheint unter seinen Fingern lebendig zu werden!
Er gönnt sich einen kurzen Moment, um das Kribbeln der Macht zu genießen, dann gleitet er weiter. Zum hundertsten Mal bereits überspringt er den lästigen Teil, in dem er früher die Treppe hatte nehmen müssen. Heute lenkt er die Macht des Wesens in den Wänden etwas um und schon gleitet er an der Wand empor.
Der alte Syrius denkt, er allein beherrsche diesen Trick. Ein dunkles Lächeln schleicht sich auf seine Lippen. Der alte Syrius ist ein Narr. Die Macht der Feste zu lenken obliegt schon seit einer ganzen Weile nicht mehr nur diesem senilen Trottel.
Noch ein kleines Stück und er ist da. Er verlangsamt sich und kann das wütende Zischen hören, als er die Macht wieder freilässt. Sie wird nicht gerne kontrolliert - er aber auch nicht. Seit einiger Zeit schon arbeiten er und dieser Geist zusammen, stets auf der Suche nach Freiheit für sie beide.
Er blickt die gewaltige Flügeltür an und muss einen Fluch unterdrücken. Syrius hat sie mit derartig viel Willenskraft verschlossen, dass es eine ganze Weile dauern dürfte, hindurch zu kommen. Er atmet tief durch und konzentriert sich. Er ist so weit gekommen, da wird er hier nicht scheitern.
Gerade beginnt er, das Machtzentrum, das die Tür blockiert, aufzuschlüsseln, als er Schritte hörte. Leise, kaum wahrnehmbar - aber er hat gelernt, selbst das Unhörbare zu hören. Jemand schleicht zu ihm. Hat man ihn entdeckt? Ihm aufgelauert? Ist der alte Syrius doch kein so vertatterter Greis wie gedacht?
Er zieht sich zurück und lässt sich in die Wand sinken. Ein riskanter Trick, allerdings nur, wenn Syrius in der Nähe wäre. Doch stattdessen nähert sich ein... Mensch? Kurz ist er irritiert, dann versteht er. Was macht einer dieser Fremden hier? Der Mensch blickt auf und untersucht ebenfalls die Tür. Im Gegensatz zu ihm hat er keine Ahnung, wie man sie aufbekommen kann. Noch so ein törichter Narr.
Der Mensch fummelt kurz erfolglos am Schloss herum, dann flucht er leise und genauso schnell wie er gekommen ist, ist er auch schon wieder weg. Zeit, selbst wieder ans Werk zu gehen. Zur Sicherheit überprüft er kurz, ob noch andere Leute in der Nähe sind und stellt fest, dass ein paar von Syrius Männern in der Gegend sind, einige Hallen weiter. Es sind ungewöhnlich viele und gleichzeitig scheint sich etwas im Westturm zu regen. Bevor die ganze Festung noch aufwacht und man bemerkt, dass er weder in seinem Bett noch an seinem Schreibtisch ist, bricht er seine Versuche für die heutige Nacht lieber ab. Er wird auf eine bessere Gelegenheit warten müssen - vielleicht können ihm die Fremden dabei sogar eine gewisse Hilfe sein...

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