Kapitel 11

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Vince hatte sich, nach mehreren gemeinsamen Stunden, von uns verabschiedet und war nach Hause, zu seiner Frau und seinem kleinen Sohn, gegangen. Wir hatten kurz alles aufgeräumt, bevor wir nochmals den Plan durchgegangen waren und nun sass ich Stunden später auf dem Boden vor der grossen Lagerhalle und zündete mir meine vierte Kippe an.

Ich war schrecklich nervös und hoffte inständig darauf, dass der morgige Tag gut verlaufen würde. Dazu kam noch die Tatsache, dass ich bald wieder Zuhause bei meinen Eltern zurückkehren und heiraten würde.

Mein Herz verkrampft sich bei diesem Gedanken erneut. Ich war jetzt eine Zeit lang in Rio, hatte mich bewusst von Roman fern gehalten und versucht meine Gefühle unter Kontrolle zu halten. Doch mit jeder Sekunde, die verstrich, wuchs das Bedürfnis in seiner Nähe zu sein, immer mehr in mir. Ich wusste nicht, wie lange ich mich, noch von ihm fern halten konnte und wie lange mein Herz diesen schmerz aushalten würde.

Am liebsten hätte ich laut geschrien. Wieso war alles so kompliziert?

Möchtest du alleine sein?"

Ich musste gar nicht aufschauen, um zu Wissen, wer vor mir stand. Roman wartet meine Antwort gar nicht ab, sondern liess sich neben mir nieder und klaute mir eine Zigarette aus meiner Schachtel. „Hey Rom", grüsste ich ihn nur knapp und nahm einen weiteren Zug von dem Nikotin.

Es ist bald vorbei, was?", meinte er nur, während er sich die Kippe anzündete und den Rauch in die warme Nachtluft bläst. „Ich schätze schon", antwortete ich, schaute dabei hoch in den Himmel. Tausend Sterne tanzten um den strahlenden Mond im Nachthimmel herum und gaben mir ein seliges Gefühl. Mir war klar, dass Roman nicht die Mission meinte, sondern uns. Wenn es überhaupt noch ein „uns" gab, was bald vorüber sein könnte.

„Ich hoffe, du weist, das ich dich trotzdem für immer lieben werde", sagte er dann und lehnte sich gegen die Wand der Lagerhalle. Schmerzhaft schloss ich meine Augen, um die herannahenden Tränen zu unterdrücken. „Ich dich auch, Rom", hörte ich mich flüstern. Roman sagte nichts dazu und ich liess meine Augen weiterhin geschlossen. Alles was ich hörte, war sein vertrautes Atem und wie er, ab und zu, den Rauch aus seiner Lunge ausstiess.

„Es gibt wirklich gar keine Möglichkeit für uns? Nicht einmal, wenn ich dieses scheiss Geld besitze?", begann er wieder die gleiche Leier und ich schüttelte nur den Kopf. „Es geht meinem Vater nicht nur um das Geld. Es geht ihm um so vieles mehr, Rom. Ich kann mich nicht widersetzen", sagte ich und blickte endlich zu ihm. Roman hatte schon bereits zu mir geschaut. Sein Blick war voller Liebe und doch bemerkte ich auch den Schmerz, der sich dahinter befand. Wir hatten diese Diskussion schon unzählige Male geführt und wie kamen immer wieder zum gleichen Punkt. Das mit uns konnte nicht klappen.

„Du kannst nicht dein Leben lang, das machen, was deine Eltern von dir verlangen. Du wirst niemals glücklich sein so", fuhr er fort. Ich wandte meinen Blick wieder ab und blickte erneut hoch in den Nachthimmel. Ich wusste, das Roman natürlich recht hatte, aber mein Vater hatte mich bereits in Rio gefunden, obwohl ich meine Spuren verwischt hatte. Es gab kein entkommen, keine Möglichkeit. Ich müsste mein Leben lang ständig auf der Flucht sein und mir fehlte nunmal die Kraft dazu, das bis zu seinem Tod so durchzumachen.

„Wir haben dieses Thema oft durchgekaut, Rom. Wieso akzeptierst du es nicht einfach, dass es mit uns vorbei ist? Es geht nicht, egal wie sehr ich das auch möchte und drehe und wende!", fuhr ich an und seufzte schwer auf. „Mein Vater hat mich bereits hier in Rio gefunden. Er wird mich überall finden und ich möchte nicht ständig auf der Flucht sein vor meinem eigenen Vater!"

Während ich diese Worte sagte, liefen mir Tränen über das Gesicht. Roman fiel das bestimmt auf, dennoch schien er nicht nachgeben zu wollen.

„Adria, baby, ich möchte nicht, dass du mit mir zusammen bist. Es geht mir mittlerweile gar nicht mehr darum. Ich möchte, dass du endlich Frei bist", sagte er und ich schaute endlich wieder in seine vertrauten Augen. „Ich würde alles dafür tun, damit ich dir diese Freiheit schenken kann, auch wenn das bedeuten würde, dass ich dich nie mehr wieder sehe."

Mir entfuhr ein kleiner Schluchzer, während die Tränen immer mehr und mehr wurden und nicht aufhören wollten. „Seit dem ich dich kenne, machst du alles, was andere von dir verlangen und vergisst dabei völlig auf dich selber zu achten! Diese 10 Sekunden, diese Viertelmeile und die Zeit mit mir, waren deine einzigen Möglichkeiten, um diesem Trauerspiel zu entfliehen, aber wenn du jetzt dieses Arschloch heiratest, weil deine Eltern das möchten, dann wirst du dich komplett verlieren und nie wieder Frei sein. Sag mir, Prinzessin, ist dir das wirklich wert?"

Romans Worte brannten auf meiner Seele, als er sich erhob und ohne ein weiteres Wort wieder in das Innere des Gebäudes verschwand. Er liess mich mit meinen lauten Gedanken alleine und drehte sich nicht mehr nach mir um.

Meine Hände griffen nach meiner Schachtel, woraufhin ich gleich eine weitere Kippe anzündete. Nicht mal mehr rauchen konnte ich, wenn ich wirklich Joseph heiraten würde. Meinen geliebten M3 E36 müsste ich zurück lassen, meine Locken wieder verstecken, meine knappe Kleidung entsorgen und meine Schminke auf meinem Gesicht beschränken.

Roman hatte recht. Ich würde niemals glücklich sein so. Das kleine Gefühl an Freiheit würde ebenfalls verschwinden. Es fühlte sich so an, als würde die Ehe mit Joseph mich in Ketten legen und mich in einen Käfig sperren.

Und das war definitiv nicht das, was ich in meinem Leben haben und führen wollte.

Doch was hatte ich schon für Möglichkeiten?

Ich drückte die letzte Kippe aus, bevor ich mich von meinem Sitzplatz erhob und meinen viel zu kurzen Rock richtete. Sanft strich ich über den Stoff und seufzte wehmütig auf. Bald war diese Reise hier zu enden und ich konnte all das vergessen.

Mein Blick glitt wieder zum Nachthimmel, bevor ich entschlossen nach meinem Ersatz-Handy griff und eine Nummer wählte.

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ein kleines, eher emotionales kapitel. i hope y'all liked it 🫶🏼

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 10 ⏰

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