[ 13 ]

81 8 6
                                    


PoV Seo Changbin:

Ich hasste es, Berichte zu schreiben. Mir war klar, wie wichtig es war, aber es nervte mich. Es fühlte sich immer an, als würde ich Zeit verschenken. Zeit, die ich lieber mit meinen Schützlingen verbringen wollte.

Ich saß vor dem viel zu langsamen Rechner in dem kleinen Büro, was ich mir mit einem meiner Kollegen teilte. Mein Hirn wollte nicht mehr so recht funktionieren. Ein Blick auf die kleine digitale Uhr auf dem Bildschirm machte mir auch den Grund dafür deutlich: „Schon wieder vier Stunden zu lange gearbeitet.".

Die meisten Überstunden schrieb ich mir gar nicht erst auf. Ich würde sie sowieso niemals abbauen können. Und die meisten von ihnen waren auch selbstverschuldet. Ich konnte einfach nicht damit aufhören, mich um meine Klienten zu kümmern.

Die meisten von ihnen waren stabil. Vielen war einfach schon damit geholfen, sie aus ihrem Umfeld wegzuholen. Andere brauchten mich mehr. Und dann gab es noch diejenigen, die mehr als nur eine teilweise Betreuung durch mich brauchten. Sie brauchten eine engmaschige ärztliche Betreuung und teilweise Überwachung. Man musste sie vor sich selbst schützen.

Ich tippte ein paar Sätze. Immer wieder formulierte ich etwas um, ergänzte, löschte dafür einen anderen Teil raus. Gerade, als ich passende Worte gefunden hatte, riss das Klingeln meines Handys mich raus. „Was?", sagte ich genervt in das untenliegende Mikrofon. „Mach endlich Feierabend.", antwortete er mir.

„Ich muss nur noch einen Bericht zu Ende schreiben.", erklärte ich, klemmte mein Smartphone zwischen Wange und Schulter ein und tippte verzweifelt die Worte, die ich so lang gesucht hatte. „Du bist schon wieder zu lange am Arbeiten.", blieb er standhaft. Ich antwortete ihm nicht, ich war zu konzentriert.

Mit voller Wucht schwang die Tür auf. Ich erschrak so sehr, dass mein Handy auf den verblassten Teppich fiel. „Was zum-" , hinterfragte ich die derzeitige Situation und angelte dann vom Stuhl aus nach meinem Handy. Ich überprüfte sofort, ob das Display noch heile war.

„Woher wusstest du, dass ich noch hier bin?", fragte ich, als ich den Bericht speicherte und das Schreibprogramm endlich beendete. Ich hasste es, Sachen abzubrechen. Alles, was an Arbeit liegenblieb, musste ich an einem anderen vollen Tag nachholen. „In 95% der Fälle bist du um die Zeit noch hier. Du wohnst quasi hier.", antwortete Seungmin. Ich nickte, obwohl ich ihm ungern Recht geben wollte.

„Gehen wir noch was essen? Ich hätte Lust auf Hühnchen.", schlug er vor. Ich schnappte mir meine Jacke und warf sie mir nur locker über eine Schulter. „Klingt nicht schlecht.", sagte ich ihm zu und schob meinen Schreibtischstuhl bis an die Tischplatte heran.

„Ah, verdammt.", nörgelte ich los, als ich die Tür nach draußen aufzog und sah, dass es wie aus Eimern schüttete. Schnell zog ich mir meine Jacke doch über. „Keinen Regenschirm dabei?", fragte mein Kumpel mich provokant grinsend.

Wie in einer Szene aus einem Drama, liefen wir eng nebeneinander und teilten uns seinen Schirm. Die dicken Tropfen prasselten laut auf dem gespannten Stoff und untermalten unseren Weg zum Restaurant. Regen hatte etwas Beruhigendes. Ein leichter Windzug trieb mir den Geruch des nassen Asphalts in die Nase und meine Augen suchten die bunten Spiegelungen der Leuchtschriftzüge in den Pfützen ab.

Wir hatten uns gesetzt und studierten die Speisekarte. Obwohl ich bereits wusste, was ich essen wollte, las ich mir trotzdem all die hier geführten Gerichte durch. „Du musst endlich damit aufhören, Changbin.", säuselte Seungmin. Ich sah über den Rand der Karte hinweg: „Was habe ich denn gemacht?". Er klappte das auf Papier gedruckte Menü zu und schob es beiseite. „Du arbeitest zu viel.", erklärte er, was er meinte.

The Decay - Han Jisung | Seo ChangbinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt