»Ich bin so müde«, sagt J. »Also natürlich nicht so doll wie du«, schiebt sie dann schnell hinterher. »Wenn ich dich so sehe, kann ich mich ja echt nicht beschweren.«
Ganz am Anfang habe ich hier geschrieben: »Mein müde ist nicht dein müde.« Mir war wichtig, das hervorzuheben, weil ich mich dafür rechtfertigen wollte, mich dem 100-Days-of-Projekt nicht mit irgendeinem Whataboutism-Thema angeschlossen zu haben.
Manchmal denke ich aber, dass Menschen in meiner Gegenwart nicht sagen, wie erschöpft oder müde sie sind, weil sie mir nicht meine Krankheit absprechen wollen und bei mir ja »alles viel schlimmer« ist. Müde sein ist aber kein Wettbewerb. Im Gegenteil, gerade ich kann dann doch mitfühlen. Nur weil ich Migräne habe, kannst du doch trotzdem akut an starken Kopfschmerzen leiden und das ist auch scheiße (ich rede nicht von »das kenne ich, ich hab auch manchmal ein bisschen Kopfschmerzen« sagen, das ist wieder ein anderes Thema).
Du kannst auch müde sein. Du kannst auch sehr, sehr müde sein. Du kannst auch in meiner Anwesenheit darüber sprechen. Das Schlimmste, was passieren könnte, ist dass ich sage: »Ich auch, lol.«
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100 Days of Hypersomnia
General Fiction»Komm, du bist doch nicht wirklich behindert.« »Das ist eh alles psychosomatisch.« »Du bist eine Zumutung für die ganze WG!« »Geh einfach früher ins Bett, dann bist du morgens auch nicht immer so müde.« Ich habe das Privileg, nicht aufgrund meines A...