Wenn ich alleine mit der Bahn fahre, muss ich wach sein, damit mir nicht das Malheur passiert, auf einmal in Moskau aufzuwachen (okay, ganz so weit weg dann doch nicht).
Habe ich meine Medis genommen und welche dabei? Check. Bin ich klar im Kopf? Check. Habe ich Ablenkung zum Wachhalten dabei? Mist. Dann muss ich halt am Handy daddeln und hoffen, dass mein Akku reicht.
Ich klopfe dreimal auf Holz, denn es ist mir bis jetzt nur einmal passiert, dass ich im Zug eingeschlafen bin, ohne jemanden dabei zu haben. Und weil ich genau an diesem Morgen verschlafen habe, musste ich einen Zug später nehmen, der eine andere Strecke fuhr - andernfalls wäre ich in einem anderen Bundesland aufgewacht. Ich hatte also Glück im Unglück.
Am Ende hat mich ein Mitarbeiter der Bahn geweckt und aus dem Zug geschmissen. Ich hatte erst kein Zeitgefühl, wusste nicht, wo ich war und konnte kaum sprechen. Als ich die unbeantworteten Anrufe meines Chefs auf dem Sperrbildschirm meines Handys sah, fing ich an zu weinen wie ein Kind, das seine Eltern am Bahnsteig verloren hat. Ich rief zurück, entschuldigte mich und erklärte die Situation. Er hat total verständnisvoll reagiert und war heilfroh, dass nichts schlimmes passiert ist.
Dafür bin ich ihm bis heute dankbar.
Und dann ist ein Freund anderthalb Stunden mit dem Auto gefahren, um mich abzuholen.
Dafür bin ich ihm bis heute dankbar.
Deshalb sitze ich im Zug gerne in der Nähe von vertrauenswürdig aussehenden Menschen, am besten Familien mit Kindern, wenn ich alleine fahre und meine Station nicht die Endstation ist, damit ich sie notfalls ansprechen kann, ob sie mich wecken könnten, falls ich einschlafe.
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100 Days of Hypersomnia
General Fiction»Komm, du bist doch nicht wirklich behindert.« »Das ist eh alles psychosomatisch.« »Du bist eine Zumutung für die ganze WG!« »Geh einfach früher ins Bett, dann bist du morgens auch nicht immer so müde.« Ich habe das Privileg, nicht aufgrund meines A...