Als ich 15 war, wurde ich auf die Intensivstation verlegt. Es bestand der Verdacht, dass ich eine Überdosis genommen habe, weil ich außergewöhnlich schläfrig wirkte und mich nicht wach halten konnte. Ich bin schon immer eine Person gewesen, die gerne so lange wie möglich schläft und morgens nur schwer aus dem Bett kommt, aber die Müdigkeit wurde schlimmer, hielt irgendwann den ganzen Tag über an, und neue Symptome kamen hinzu. Es gab eine Zeit, in der ich nicht zur Schule gehen konnte, weil ich über Wochen um die 20 Stunden am Tag geschlafen habe. Zwei Jahre später bekam ich dann die Diagnose. Idiopathische Hypersomnie.
Mit zwei Jahren kann ich mich übrigens noch wirklich glücklich schätzen. Weil Schlafkrankheiten (nicht zu verwechseln mit Schlafstörungen) so selten sind, kennen sich viele Ärzte kaum damit aus oder wissen nicht einmal wirklich, dass sie existieren. Oft werden Betroffene erst diagnostiziert, wenn es eigentlich schon zu spät ist. Wenn beispielsweise eine Person aufgrund der Tagesschläfrigkeit einen Verkehrsunfall baut, in die Notaufnahme kommt und dort nach der Ursache des Unfalls gefragt wird, dann zufällig jemand aus der Neurologie anwesend ist und zufällig über Schlafkrankheiten Bescheid weiß, dann wird eventuell eine Untersuchung eingeleitet.
Meine Diagnostik hat sich fast mehr durch Zufall ergeben. Mit 17 wurde bei mir ADHS festgestellt, woraufhin ich begann, ein Stimulans (ADHS-Medikament) zu nehmen - und meine Tagesmüdigkeit verbesserte sich schlagartig. Als ich dann gelesen habe, dass Hypersomnien mit Stimulanzien therapiert werden, bin ich damit zu den Ärzten und konnte im Umkehrschluss diagnostiziert werden.
Fun Fact: Trotzdem fühle ich mich immer noch faul und denke, dass ich mit meinem Verhalten zu viel Platz einnehme und mich eigentlich nur vor dem Leben drücke.
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100 Days of Hypersomnia
General Fiction»Komm, du bist doch nicht wirklich behindert.« »Das ist eh alles psychosomatisch.« »Du bist eine Zumutung für die ganze WG!« »Geh einfach früher ins Bett, dann bist du morgens auch nicht immer so müde.« Ich habe das Privileg, nicht aufgrund meines A...