Magische Macht

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Lothar nickte. Er war bereit. Königsdisziplin hin oder her. So schlimm konnte diese letzte Aufgabe kaum sein. Die Schale erhob sich höher in die Luft. Bis sie auf einer Linie mit den umstehenden Türmen war. Ein Loch war in der Säule verborgen. Gitterstäbe versperrten den Weg dorthin. Dahinter schien etwas zu sein. Etwas Schreckliches. Er hätte es nicht für möglich gehalten. Würde Aylia ihm das erzählen, würde er sie für einen Lügner halten. Aber er sah es mit eigenen Augen. Ein Teufel. Eingesperrt in dieser Säule. Symbole waren auf den Boden unter ihn aufgemalt. Er schien kleiner zu sein, als seine Artgenossen. Das Gitter öffnete sich. Das Teufelchen ging ihm kaum bis zu den Knien. Trotzdem spürte Lothar in sich die Panik aufsteigen. Er war alleine mit dem Ding in diesem Kreis. Ketten rasselten. An Händen und Füßen waren Ketten angebracht, wenn auch keine aus Bronze oder Eisen. Sie leuchteten grünlich und schienen magischer Natur zu sein. „Ei, was haben wir den da? Ein junger Zaubera", sprach das Teufelchen und „Was schämst du dich, was grämst du dich?"
Er kam näher. Zu nahe, viel zu nahe. Lothar weicht zurück. Seine Stiefel stoßen gegen die Steine. Er stand mit dem Rücken zur Wand. Der Teufel kam klimpernd auf ihn zu. „Was wünscht du dir, das geben wir." Kurz, bevor er in Griffweite war, spannten sich die Ketten. Hielten den Teufel auf Abstand und ihn am Leben. Jetzt sah er ihn ganz deutlich. Spitze Zähne befanden sich unter diesem teuflischen Grinsen. Seine Klaue streicht das Fell bei seinen stumpfen Hörnern glatt. „Begehrst du Macht, Reichtum oder die Liebe? Alles kannst du haben, ganz ohne Hiebe", lockte er mit weicher Stimme, während seine Klaue die Kurve seines Hornes nachfuhr. Wieder antwortete Lothar nicht. Seine Füße bewegten sich seitwärts. Vielleicht konnte er ihm so entkommen. Er steckte sich die Finger in die Ohren und begann zu rennen. Den Steinkreis entlang. Das Teufelchen folgte ihm. Wut zeichnete sein Gesicht. Rotunterlaufene Augen starrten ihn finster an. Die Zähne fletschte er angriffswütig. Weißer Schaum qualmte aus seinem Maul hervor. Egal, was passierte. Er durfte nicht stehen bleiben und schon gar nicht durfte er sich von dem Biest erwischen lassen. Ein blauer Blitz zerreißt die Luft. Knapp über seiner Schulter saust er hinweg – und trifft. Lothar bleibt stehen. Der Knall war nicht zu überhören. „Du willst nicht mit mir verhandeln, fein so will ich mich nicht an dich bandeln", sagt das Teufelchen und breite die Flügel aus. Die Ketten sind weg. Zerrissen, zersetzt und zerfetzt Schweben ihre Überreste in der Luft herum. Das grüne Schimmern beginnt sich aufzulösen. Das Teufelchen hebt ab. Fliegt aus den Steinkreis. Ein Blitz greift nach seinen Füßen. Der Fuß des Teufelchens zuckt als die Blitze in treffen. Es riecht verbracht. Schwarz verkohlte Stellen entstehen dort, wo die Blitze ihn berührten. Kein Fluchen, kein Schimpfen nicht einmal ein Wort verliert das Teufelchen dazu. Es fliegt einfach weiter, als ob nichts geschehen ist. „Nein, nein, da hast du aber gründlich versagt, dieser Dieb hat schon längst jeden Pakt", ertönt die Stimme des Teufels wie aus dem Nichts. „Zurück", befielt der Prüfer. Feuer brennt auf seinem Stab, die Flamme beginnt sich im Kreis zu drehen. Erst langsam, dann schneller und immer schneller. Das Geschoss wächst auf der Spitze, bis sie so groß wie sein Haupt ist. Der Prüfer holt mit dem Stab aus. Das Feuer schwingt zurück. Fast hätte es seine Finger verbrannt. Der Prüfer achtete nicht einmal darauf, seine Augen fixierten das Teufelchen. „Egal, wie weit du fliegst, du wirst nicht entkommen", brüllt er ihm hinterher, gefolgt vom Feuerball. Das Teufelchen weit nach rechts aus, der Ball zischt an ihm vorbei. Kurz dreht er sich um, sein Grinsen war ihm noch nicht vergangen. „Fliehen? Iwo, ein Meister seinen Platz, sonst behandelt der mich auch noch wie eine räudige Katz."
Die beiden Zauberer stürmen heran. Ihre Spitzhüte wehen und drohen ihnen vom Haupt zu fallen. Gerade nach so halten sie sie mit einer Hand auf ihren Plätzen. „Ist alles in Ordnung?", fragt der Kleinere, während er zusah, wie das Teufelchen über ihm davonflog. Lothar wollte ihn warnen. Der andere treibe sich immer noch frei hier herum. Alle starrten dem Kleinen hinterher, doch die wahre Gefahr. Lothar gefror das Blut in den Adern. War direkt hinter ihm. Er spürte den Atem in seinem Nacken. Bevor er schreien konnte, bevor er wegrennen konnte, packte ihn eine Klaue. „Verfluchter Dieb, deine Zeit ist gekommen", brüllte er und riss sich die Feder vom Hut. Er wollte vollenden, was er begonnen hatte. Das teuflische Werk fortsetzen und sein Leben beenden. Das durfte er nicht. Keiner wusste, welch teuflische Qual er sich für ihn ausgedacht hatte. Lothar wand sich. Kampflos würde er nicht sterben. Er schlug gegen seine Klaue, riss und zerrte an seiner Hand. Doch er ließ nicht locker. Sein Blick wurde finsterer, grimmiger. Spitze Zähne blitzten in seinem Maul. „Jetzt reicht es mir. Du stirbst heute hier." Ratten krochen aus ihren Löchern hervor. Ihr Quieken hallte über den gesamten Platz. „Verfluchter Dieb, dein Tod wird langsam und qualvoll sein", sagte der Teufel und drückte fester mit seiner Klaue zu. Seine Fingernägel schienen sich in sein Fleisch zu bohren. Grüne Symbole erscheinen auf seiner Hand und fließen in seine Haut. Kaum klebte eines dieser kästchenartigen Symbole auf ihn, schon verfärbte sich seine Haut dort grünlich. Die Symbole verbreiteten sich auf ihn wie eine Seuche. Ein Surren ertönte. Der Blick des Teufels hob sich. Seine Hand schnellte zurück. Blitze flogen dorthin, wo eben noch seine Hand war. „Bleib weg, Ungetüm", brüllte der Hagere. Die Stabspitze rauchte, der Prüfer sah einzig und alleine den Teufel. „Du schon wieder", sagte der Teufel und drehte sich zu dem Prüfer. „Vielleicht sollte ich mit dir beginnen, Made." Irgendwas stimmte nicht. Die Haltung des Teufels war angespannt, sein Grinsen war verschwunden. Boshaftigkeit lag in seinem Blick. Er meinte es ernst. Sein Ton hatte sich verändert, er klang härter, etwas an seinen Worten hatte sich verändert. „Beenden wir es."
„Ich röste dich, bis du Rattentod bis", sagte der Teufel und hob seine Hand. Feuer flammte auf. An jedem seiner Finger glühte ein Feuerball. Er holte aus und warf sie dem Prüfer entgegnete. Die Bälle zischten durch die Luft. Er konnte sie kaum sehen, so schnell waren sie. Eine Hand packte ihn am Kragen und zog ihn nach hinten. Der Kleinere war Blas. Schweiß stand ihm auf die Stirn geschrieben. Auch Lothar war nervös. Schritt für Schritt ließ er sich weg von dem Teufel zerren. Allen Göttern sei dank, achtete er nicht mehr auf ihn. Er war vertieft in den Kampf mit dem Prüfer. „Wir müssen hier schnell weg, dass wird gleich ziemlich ungemütlich für uns." Ein Feuerball sauste zurück. Keiner, wie die, die er auf Lothar geschossen hatte. Dieser war größer, schneller und gefährlicher. Als er aufschlug, grub er sich mehrere Armlängen tief in den Boden ein und hinterließ nichts als Feuer und Asche. Rückwärtsgehend entfernte sich Lothar von dem Kampf. Seine Stiefel stießen gegen die Grenzsteine. Kurz hielt er inne. Es hieß, er müsste im Kreis bleiben. „Komm endlich", forderte ihn der kleinere Zauberer auf und zerrte an ihm. „Dein Leben steht auf dem Spiel." Er hatte recht, sein Leben stand auf dem Spiel. Niemand hatte etwas von einem Teufelsangriff gesagt und es würde ihn auch ausgesprochen wundern, wenn auch nur irgendjemand damit zuvor gerechnet hätte. Der Prüfer konnte das nicht von ihm erwarten. Er würde nicht einfach Zielscheibe für ihn spielen. Zusammen mit den anderen beiden Zauberern verzogen sie sich in die hinterste Ecke des Platzes. Hier waren sie zwar auch nicht unbedingt sicher. Aber den meisten Zaubern würden sie dadurch entgegen. Der schwebte in der Luft. Einfach mitten in der Luft. Ohne sonderbare Anstrengungen. Wenn Lothar so etwas könnte, würde die gesamte Sache anders aussehen. Mit solchen Kräften, könnte er die gesamte Stadt, nein die gesamte Welt retten. Doch er kannte die Wahrheit, genau wie die anderen Zauberer – kein Mensch war für solche Macht bestimmt. Die Zauberer waren sich nicht mal einig, ob solch eine Magie überhaupt existieren konnte und doch taten die Teufel genau das. Dabei gab es nur diese wenigen Elementzauber mit ihren beschränkten nutzen. Wie jedoch brachten die Teufel solche Wunder zu Stande? Keiner wusste es und eins war sich Lothar sicher. Keiner würde es jemals wissen. Besonders er nicht, wenn er hier drauf ging. Ein Blitz zerschellte direkt über ihren Köpfen. Es knallte. Steine regnete auf sie herab. Dumpf schlugen sie im Sand auf. Die Zauberer schützen ihre Hüte, indem sie ihre Hände zu Dächern formten. Wind kam auf. Die Zauberer packten ihre Hüte und hackten sich mit ihren Armen ein. Von beiden Seiten wurde Lothar festgehalten. Kurz wurde es windstill. Schon am Anfang hatte er ein flaues Gefühl im Magen – und schon bald würde es ihm besagten umdrehen. Das nahm kein gutes Ende. Er hatte damit gerechnet. Trotzdem haute es ihm um. Buchstäblich. Das war kein Wind, das war kein Minitornado oder Sturm. Das war ein ausgewachsener riesiger Tornado! Sand wirbelte überall herum. Prasselte wie Hagel auf ihn herab. Der Wind riss ihn vom Boden. Nur die zwei Zauberer hielten ihn noch fest. Dabei bewegte er sich von ihnen weg. Auf und Ab schüttelte der Tornado sie. Die Zauberer schrien und fürchteten um ihre Spitzhüte. Sand peitschte ihnen ins Gesicht. Mit einem Schlag brach der Tornado und verschwand einfach. Lothar plumpste auf den Boden. Sand regnete auf sie herab. Der Teufel war verschwunden. Am anderen Ende des Platzes stand der Prüfer. Die anderen Zauberer atmeten schwer. „Vorwarnungen wären nett gewesen, Vorzugsweise schriftlich", keuchte der kleinere Zauberer und sah den Prüfer an. Der Prüfer zuckte mit den Schultern. „Es war notwendig. Teufel müssen vernichtet werden, besonders dieser."
Lothar hustete. Sand hatte sich in seinem Mund gesammelt. Er knirschte zwischen seinen Zähnen und schmeckte nach Asche. Seine Zunge kribbelte und fühlte sich pelzig an. Der Prüfer hockte sich vor ihm hin und legte eine Hand auf seine Schulter. „Du bist noch nicht bereit dazu. Geh nach Hause. Leb dein Leben und such dir einen sicheren Beruf."
Das konnte nicht sein Ernst sein. Der Steinkreis wurde vollkommen zerstört. Nicht ein Stein ist auf dem anderen geblieben. Es war nicht fair. „Warum?", fragte er mit zitternder Stimme. „Ich habe doch alle Prüfungen bestanden."
„Die Flamme war schwarz, dem Zauber konntest du nicht Ausweichen und der Teufel hatte es auf dich abgesehen. Eines dieser Sachen alleine, hätte dich disqualifiziert", sagte der Prüfer und stand auf. „Das hier ist nie geschehen. Es ist besser für dich und mich."
Der Prüfer blickte auf die beiden anderen Zauberer, die genauso mit dem Sand. „Bringt ihn nach Hause."
Sein schwarzer Umhang flatterte. Zum Abschied hob er ein letztes Mal seine Hand. Dann verschwand er, einfach so. Als wäre nichts gewesen. Mit allen Träumen und Hoffnungen, die Lothar je hatte. Heiße Tränen rannten ihm die Wangen herunter. Er wollte nicht heulen, er war kein Kleinkind. Doch er konnte es nicht. Er konnte sie einfach nicht zurückhalten. Der Schmerz in seiner Brust war zu groß. Zu viel hatte er heute verloren. Zu viel musste er heute durchstehen. Niemals wieder würde sich so eine Gelegenheit bieten. Niemals würde er ein Zauberer werden. Tröstend klopften die Zauberer ihm auf den Rücken und machten sich auf den Heimweg. Die Tränen erzeugten einen salzigen Geschmack in seinem Mund. Nichts blieb ihm mehr in dieser Welt, außer der Geschmack seiner Niederlage gemischt mit dem seiner Tränen.

Das Gift der GötterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt