Kapitel 1

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Die schier undurchdringliche Dunkelheit des Waldes vor ihm jagte einen Schauer über Katsukis Rücken.

„Müssen wir hier wirklich durch?", murmelte Eijiro.

„Ja", erwiderte Katsuki knapp und straffte seinen Rucksack. „Jeder Umweg über Windbruch würde uns selbst auf Pferderücken zwei Tage kosten."

„Scheiße", murmelte sein bester Freund, der sein Schild fester an sich drückte.

„Jammern hilft nicht", knurrte Katsuki, er riss sich zusammen und schritt fest voran. Eijiro folgte ihm widerwillig, aber er folgte ihm und ließ ihn nicht allein. Katsuki gab es nicht zu, aber es beruhigte ihn ein wenig, seinen starken Freund im Rücken zu wissen. Seine übermenschliche Muskelkraft hatte sie noch in so einigen brenzligen Lagen gerettet.

Als sie den sumpfigen Wald betraten, schien es, als schlossen sich die Äste hinter ihnen und schlossen das Licht fast vollständig aus. Nur vereinzelt reichten Sonnenstrahlen durch das dichte Laub.

Katsukis Augen versuchten jeden Baum und jeden Schatten gleichzeitig wahrzunehmen. Seine Ohren nahmen eine beunruhigende Stille auf, er hörte nur ihre Schritte durch seinen Kopf hallen. Mutig und mit klopfendem Herzen folgte er dem überwuchernden Weg, der scheinbar schon lange keine Menschenfüße mehr gespürt hatte. Hoffentlich verlor er sich nicht irgendwann, sondern hielt sich an die Karte.

Mit Schwere im Magen fiel Katsuki das blasse Gesicht des Wirts im Dorf Oberling ein, als sie ihm von ihrem geplanten Weg erzählt hatten. Er war sogar einen Schritt zurück gewichen und hatte auf ihre Fragen nur geflüstert: „Der Wald ist verflucht. Die wenigen Menschen, die sich hinein wagen, kommen entweder gar nicht mehr oder völlig von Sinnen zurück. Sie brauchen Wochen, um sich von den Schrecken zu erholen."

„Was genau soll denn in dem Wald sein?", hatte Eijiro gefragt.

„Monster", hatte der Wirt nur gehaucht, ehe er eilig verschwunden war.

Jetzt war sich Katsuki nicht mehr so sicher, dass er nur übertrieben hatte. Kalter Schweiß lag in seinem Nacken und sein Blick irrte hektisch von Baum zu Baum. Seine Hände verkrampften sich um sein Schwert und seine linke Hand erhitzte sich automatisch, sodass sie einen leichten Schimmer abgab.

„Lass das", flüsterte Eijiro ängstlich, seinen Schild fest in der Hand.

„Was?"

„Dein Glühen. Wenn du jetzt dein Feuer auspackst, weiß jede Fledermaus, dass sich im Wald zwei Fremde befinden."

Katsuki zwang sich zur Ruhe und entspannte seine Hand, sodass sie aufhörte zu leuchten. Es war vielleicht wirklich besser, wenn sie keine Aufmerksamkeit auf sich zogen. Auch wenn er natürlich keine Angst hatte, er hatte nur Respekt.

Die Stunden zogen sich elendig lange dahin. Es kam Katsuki vor, als liefen sie seit Tagen durch den nassen Wald. Am Rande des Weges tauchten immer wieder Sumpfabschnitte auf, deren schwarz wirkendes Wasser ihn beunruhigten. Dann wieder bestand der Wald aus scheinbar undurchdringlichen Fichten, die sie in komplette Schwärze tauchten und kaum die Hand vor Augen sehen ließen. Und die ganze Zeit herrschte diese unerträgliche Stille.

Als sie nach einem schier ewigen Abschnitt tiefdunkler Fichten hinaus auf eine Art Lichtung traten, atmete Eijiro hinter ihm hörbar auf.

„Elise sei Dank, hier scheint die Sonne durch das dunkle Laub", murmelte der rothaarige Muskelprotz und kreiste seine angespannten Schultern. Er schien sich beim Anblick der Sonnenstrahlen zu entspannen.

Katsuki ging es anders. Misstrauisch musterte er den breiten Teich, der auf der rechten Seite aufgetaucht war. Einige Lichtstrahlen erhellten Teile des grünen Wassers und ließen erahnen, wie tief dieses Gewässer sein könnte. Eine tiefgreifende Unruhe packte ihn bei diesem Anblick und er musste sich zwingen, wegzusehen, um nicht panisch zu werden.

Von Nymphen und FeuerkräftenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt