Prolog

36 5 5
                                    

Es war einer jener magischen Sommerabende, an denen die Zeit stillzustehen schien. Die Luft war warm und duftete nach Blüten, die irgendwo in der Ferne blühten. Das goldene Licht der untergehenden Sonne tanzte über die Wellen eines ruhigen Sees und tauchte die Welt in ein sanftes, glühendes Orange. Vögel zwitscherten leise, und das entfernte Lachen spielender Kinder hallte durch die Bäume, die den See umgaben.

Auf einem kleinen Steg, der in das glitzernde Wasser hinausragte, saßen Emilia und Severin, eng aneinander gekuschelt. Der Steg knarrte leise unter ihrem Gewicht, doch sie achteten nicht darauf. Sie waren völlig in ihrem eigenen kleinen Universum versunken, abgeschottet von der Außenwelt. Es war ihr besonderer Ort, ein geheimes Refugium, wo die Realität keinen Platz hatte und nur ihre Liebe zählte.

Emilia sah zu Severin auf, ihre Augen funkelten wie die Sterne, die bald am Himmel erscheinen würden. „Ich liebe dich..." hauchte sie, als sie in seine tiefen, dunklen Augen blickte, die in diesem Moment nur sie sahen. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, ein zarter Hauch, getragen von der sanften Brise, die über den See strich.

Severin lächelte, ein Lächeln, das Wärme und Sicherheit ausstrahlte. Es war ein Lächeln, das ihr Herz schneller schlagen ließ und sie gleichzeitig beruhigte. „Ich dich auch..." flüsterte er zurück, seine Stimme war ruhig und voller Gefühl. Er beugte sich zu ihr hinüber und küsste sie leicht auf die Stirn. Die Berührung seiner Lippen auf ihrer Haut fühlte sich an wie ein sanfter Windhauch, der durch ihre Seele strich und sie mit einem Gefühl tiefer Geborgenheit erfüllte.

Der Himmel wurde langsam dunkler, das Farbenspiel des Sonnenuntergangs wich dem sanften Blau der hereinbrechenden Nacht. Die ersten Sterne blitzten am Horizont auf, und der Mond begann, seine silberne Sichel über den Bäumen zu erheben. Es war einer dieser Augenblicke, in denen man das Gefühl hatte, dass die Welt innehielt, um ihnen diesen einen Moment der Perfektion zu schenken.

„Erinnerst du dich, als wir das erste Mal hier waren?" fragte Emilia leise, während sie ihre Finger mit seinen verschränkte. Ihre Stimmen waren kaum mehr als ein sanftes Murmeln, begleitet vom leisen Plätschern des Wassers, das sanft gegen die Ufersteine schlug.

Severin nickte, ein sanftes Lächeln auf seinen Lippen. „Ja, das werde ich nie vergessen. Es war ebenfalls ein Sommerabend, genau wie heute. Wir saßen hier und haben über die Zukunft gesprochen, über unsere Träume und Hoffnungen. Es war der Moment, in dem ich wusste, dass ich mein Leben mit dir verbringen möchte."

Emilia legte ihren Kopf an seine Schulter und schloss die Augen. „Ich auch", murmelte sie. „Es fühlte sich so richtig an, als ob wir für immer hier bleiben könnten, fernab von allen Problemen und Sorgen."

In der Ferne begann ein Leuchtkäfer, seinen Glanz durch die Dämmerung zu tragen, gefolgt von einem Schwarm anderer, die den Abendhimmel erhellten. Es war, als ob die Natur ihnen ein privates Lichtspiel bot, eine stille Feier ihrer Liebe. Die Welt schien ihnen in diesem Moment zu gehören, ein unberührtes Paradies, das nur für sie existierte.

Doch trotz der Ruhe und des Friedens in diesem Augenblick schien eine unsichtbare Last über ihnen zu schweben, ein unausgesprochenes Gefühl, das die Stimmung trübte. Es war nicht die Art von Schatten, die aus einem einzelnen Vorfall entsteht, sondern eher eine Sammlung von vielen kleinen Dingen, die sich über die Zeit angesammelt hatten. Ein unausgesprochener Zweifel, eine Unsicherheit über die Zukunft, die sie beide verspürten, aber niemand wagte, in Worte zu fassen.

Severin spürte dieses Gewicht ebenfalls, doch er wusste nicht, wie er darüber sprechen sollte. Es war, als ob die Worte, die er finden wollte, nicht die richtigen waren, um seine Gefühle auszudrücken. Stattdessen zog er Emilia näher zu sich, als ob er sie vor der Unsicherheit der Welt schützen wollte, zumindest für diesen Moment.

„Weißt du," begann er nach einer Weile, „manchmal frage ich mich, ob wir das alles schaffen werden. Nicht wegen uns, sondern wegen allem, was um uns herum passiert. Die Welt ist so unvorhersehbar geworden, und manchmal habe ich das Gefühl, dass unsere Liebe der einzige sichere Hafen ist, den ich habe."

Emilia hob den Kopf und sah ihn an, ihre Augen suchten nach seinen. „Ich weiß, was du meinst," antwortete sie sanft. „Aber vielleicht ist es genau das, was uns so stark macht. Dass wir diesen Hafen haben, in dem wir uns immer wieder finden können, egal was passiert. Dass wir uns gegenseitig haben, um uns daran zu erinnern, was wirklich wichtig ist."

Severin lächelte und küsste sie erneut, diesmal auf die Lippen. Der Kuss war sanft und liebevoll, ein Versprechen, dass sie, egal was die Zukunft brachte, immer zueinander finden würden. Es war ein Kuss, der all ihre Zweifel und Ängste für einen Moment verschwinden ließ, sie wieder fest miteinander verband und sie an die Tiefe ihrer Gefühle füreinander erinnerte.

Die Nacht war inzwischen vollständig hereingebrochen, und die Sterne funkelten hell am klaren Himmel. Der Mond spiegelte sich im ruhigen Wasser des Sees, das nun wie ein schwarzer Spiegel wirkte, gesprenkelt mit dem Licht der Sterne. Es war ein Bild von solcher Schönheit, dass es fast unwirklich schien.

„Komm," sagte Severin plötzlich, „lass uns schwimmen gehen." Seine Augen funkelten schelmisch, und Emilia konnte nicht anders, als zu lachen.

„Jetzt?" fragte sie, obwohl sie bereits wusste, dass sie nicht ablehnen würde. „Das Wasser ist bestimmt kalt."

„Vielleicht," antwortete er mit einem Grinsen, „aber das hat uns doch noch nie aufgehalten."

Und so standen sie auf, ließen ihre Kleidung am Ufer zurück und tauchten in das kühle Wasser des Sees. Es war eine spontane, kindische Freude, die sie erfasste, als sie zusammen durch das Wasser glitten, lachend und spritzend. Das Gefühl der Freiheit, das sie in diesem Moment empfanden, war überwältigend und erinnerte sie daran, wie wichtig es war, im Augenblick zu leben und die kleinen Freuden des Lebens zu genießen.

Nach einer Weile schwammen sie zurück zum Ufer, ihre Haut kühl von dem Wasser, aber ihre Herzen warm vor Freude und Liebe. Sie legten sich auf den Steg, nebeneinander, und schauten in den Himmel, der nun von unzähligen Sternen übersät war. Die Kälte des Wassers wich bald der Wärme ihrer Körper, und sie lagen schweigend da, in stiller Übereinkunft und in einer Ruhe, die nur Liebende kennen.

„Schau," flüsterte Emilia plötzlich, „eine Sternschnuppe."

Severin sah in den Himmel und entdeckte die kleine, leuchtende Spur, die durch das Firmament zog. „Mach einen Wunsch," sagte er leise, und Emilia schloss die Augen, um ihren Wunsch zu formulieren.

Sie wünschte sich nicht Reichtum oder Ruhm, nicht einmal Glück oder Erfolg. Alles, was sie sich wünschte, war, dass diese Momente der Einfachheit und Liebe, diese stillen Augenblicke der Nähe, für immer andauern könnten. Dass sie und Severin immer diesen Hafen füreinander haben würden, egal wie turbulent das Leben um sie herum auch werden würde.

Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie, dass Severin sie ansah, ein leises Lächeln auf seinen Lippen. „Was hast du dir gewünscht?" fragte er neugierig.

„Das kann ich dir doch nicht verraten, sonst geht es nicht in Erfüllung," antwortete sie spielerisch. „Und du?"

„Das Gleiche wie immer," antwortete er, und in seinen Augen lag eine Tiefe, die sie nur zu gut kannte. „Dass wir für immer zusammenbleiben."

Der Morgen würde bald anbrechen und das sanfte Licht der Dämmerung würde die Welt erneut in ihren Bann ziehen. Aber für diesen Augenblick waren sie einfach nur Emilia und Severin, zwei Seelen, die in einer unvollkommenen Welt ihre eigene kleine Perfektion gefunden hatten.

Sonnenaufgang im Herzen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt