Kapitel 4

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Der Freitagabend legte sich wie eine warme, entspannte Decke über die Stadt. In Emilias Wohnung herrschte eine gemütliche Atmosphäre. Die Lichter waren gedämpft, und sanfte Musik spielte leise im Hintergrund. Clara saß bereits auf der Couch und trug sich eine Gesichtsmaske auf, während Emilia im Bad nach einer zweiten Tube suchte. Es war einer dieser lang ersehnten Mädelsabende, die beide Freundinnen so sehr genossen. Kein Stress, keine Verpflichtungen, nur sie zwei und die Freiheit, sich ganz aufeinander zu konzentrieren.

„Ich hab jemanden kennengelernt," sagte Clara plötzlich, ihr Gesicht hinter einer dünnen Schicht weißer Creme versteckt, die sie sorgfältig auftrug.

Emilia, die gerade mit der zweiten Tube zurückkam, blieb in ihrer Bewegung stehen und schaute Clara mit großen Augen an. „Wirklich? Ich will alles wissen!" sagte sie aufgeregt, setzte sich schnell neben Clara und begann, sich ebenfalls die Maske aufzutragen.

Clara lächelte, legte die Tube beiseite und lehnte sich zurück. „Ja, wirklich. Es ist noch ganz frisch, aber es fühlt sich so aufregend an. Sein Name ist Lukas, und wir haben uns auf einer Kunstveranstaltung kennengelernt."

Emilia hörte aufmerksam zu, während sie die kühlende Maske auf ihrem Gesicht verteilte. „Erzähl mir mehr! Wie sieht er aus? Was macht er?"

Clara grinste breit. „Er ist groß, hat braune Augen und ein unglaublich charmantes Lächeln. Er arbeitet als Grafikdesigner und ist total in Kunst vernarrt. Wir haben uns die ganze Nacht über unsere Lieblingskünstler und -stile unterhalten. Es war, als hätten wir uns schon ewig gekannt."

Emilia setzte die Tube ab und klatschte begeistert in die Hände. „Das klingt fantastisch! Und wie ging es weiter?"

„Wir haben Nummern ausgetauscht und uns ein paar Mal getroffen. Er ist so aufmerksam und lustig, und er hat diesen einzigartigen Blick auf die Welt. Es ist wirklich aufregend," Clara strahlte vor Glück.

Emilia freute sich von Herzen für ihre Freundin. „Ich kann es kaum erwarten, ihn kennenzulernen. Vielleicht können wir irgendwann etwas zu viert unternehmen, du, Lukas, Severin und ich."

„Das wäre toll," stimmte Clara zu und nahm einen Schluck von ihrem Weinglas. „Aber erzähl mal, wie geht es dir und Severin?"

„Uns geht es gut," antwortete Emilia lächelnd. „Wir haben immer noch diese Nachurlaubs-Blase, in der alles einfach perfekt ist. Es war wirklich eine magische Zeit, und ich habe das Gefühl, dass es uns noch enger zusammengebracht hat."

Die beiden Freundinnen plauderten weiter, lachten über alte Erinnerungen und schmiedeten Pläne für zukünftige Abenteuer. Die Zeit verging wie im Flug, während sie ihre Masken einwirken ließen und den Wein genossen. Die Stimmung war leicht und ausgelassen, genau das, was sie beide nach einer langen Woche brauchten.

Plötzlich öffnete sich die Wohnungstür, und Severin trat herein. „Hey, ihr zwei. Was geht hier vor sich?" fragte er scherzhaft, als er die beiden Frauen mit den Gesichtsmasken sah.

Emilia lachte und sprang auf, um ihn zu begrüßen. „Severin! Perfektes Timing. Komm her, setz dich zu uns!"

Severin zögerte einen Moment, bevor er sich auf die Couch setzte. „Ihr seht... interessant aus," bemerkte er mit einem Grinsen.

Clara schüttelte gespielt streng den Kopf. „Das sind Schönheitsrituale, die du wahrscheinlich nicht verstehst. Aber weißt du was? Heute machen wir eine Ausnahme. Emilia, gib ihm die andere Maske."

Emilia kicherte und holte die Tube hervor. „Ja, komm schon, Severin. Es wird Spaß machen!" Sie öffnete die Tube und drückte etwas Creme auf ihre Hand.

Severin hob die Hände in gespielter Abwehr. „Wirklich? Ich weiß nicht, ob ich bereit bin für diese Welt."

„Keine Widerrede!" sagte Clara lachend. „Du bist jetzt Teil unseres Mädelsabends."

Unter Gelächter und Ermutigungen ließ Severin schließlich zu, dass Emilia ihm die Maske auftrug. Seine anfängliche Skepsis wich bald einem breiten Lächeln, als er die kühlende Wirkung der Creme spürte. „Okay, das fühlt sich tatsächlich gar nicht so schlecht an," gab er zu.

„Sag ich doch," sagte Emilia triumphierend und setzte sich neben ihn. „Jetzt bist du offiziell einer von uns."

Mit Severin als unerwartetem, aber willkommenem Gast wurde der Abend noch lustiger. Sie öffneten eine weitere Flasche Wein, und die Gespräche drehten sich um alles Mögliche: von Arbeitsgeschichten über lustige Anekdoten aus der Vergangenheit bis hin zu Träumen und Plänen für die Zukunft. Sie lachten viel, besonders über Severins tapferen Versuch, sich in die Beauty-Welt einzugewöhnen.

Irgendwann schlug Clara vor, Karaoke zu machen. Sie starteten die Karaoke-App auf Emilias Fernseher und suchten sich ihre Lieblingslieder aus. Die Wohnung füllte sich mit schiefen Tönen und lautem Lachen, als jeder seine besten, oder eher schlechtesten, Gesangskünste zum Besten gab. Severin überraschte alle mit einer beeindruckenden Performance von „Bohemian Rhapsody", während Emilia und Clara mit einem Duett von „Girls Just Want to Have Fun" die Stimmung anheizten.

Der Abend war eine Mischung aus Albernheit, Tiefsinn und Freude. Es war einer dieser seltenen Momente, in denen die Zeit stillzustehen schien und alles einfach nur perfekt war. Clara erzählte weiter von Lukas, und Emilia konnte sehen, wie sehr ihre Freundin sich auf diese neue Beziehung freute. Severin fügte immer wieder humorvolle Kommentare ein und sorgte dafür, dass die Stimmung leicht und fröhlich blieb.

Als die Stunde spät wurde und die Masken längst entfernt waren, saßen sie zu dritt auf der Couch, tranken den letzten Wein aus und sprachen in leisen, vertraulichen Tönen. Sie tauschten Geschichten über Liebe, Leben und die kleinen Dinge, die den Alltag besonders machten. Es war ein Abend voller Herzlichkeit und Verbundenheit, der sie alle näher zusammenbrachte.

Schließlich stand Clara auf, streckte sich und gähnte. „Es war ein wunderbarer Abend, aber ich denke, ich sollte mich auf den Weg machen."

„Bleib doch noch ein bisschen," sagte Emilia, die die Zeit mit ihrer Freundin sichtlich genossen hatte.

„Ja, Clara, es ist noch früh," fügte Severin mit einem Augenzwinkern hinzu.

Clara lachte und schüttelte den Kopf. „Danke, aber ich sollte wirklich gehen. Ich muss morgen früh raus."

Sie umarmte Emilia fest und verabschiedete sich von Severin. „Es war ein toller Abend. Danke, dass ich hier sein durfte."

„Jederzeit," antwortete Severin. „Du bist immer willkommen."

Nachdem Clara gegangen war, räumten Emilia und Severin gemeinsam auf. Die Wohnung war wieder ruhig, und die Nachwirkung des Abends hing noch in der Luft. Als sie fertig waren, setzten sie sich auf die Couch und schauten sich an.

„Das war schön, nicht wahr?" sagte Emilia leise.

„Ja, es war wirklich toll," stimmte Severin zu. „Clara ist großartig. Ich freue mich, dass sie jemanden gefunden hat."

„Ich auch," sagte Emilia und lehnte sich an ihn. „Ich hoffe, dass es gut läuft für sie. Sie hat es verdient, glücklich zu sein."

„Genau wie wir," fügte Severin hinzu und legte seinen Arm um sie. Sie saßen eine Weile schweigend da, genossen die Ruhe nach dem aufregenden Abend und das einfache Glück, zusammen zu sein.

Als die Nacht fortschritt, fühlte sich Emilia erfüllt und zufrieden. Der Abend hatte ihr einmal mehr gezeigt, wie wichtig Freundschaft und Liebe im Leben sind. Sie wusste, dass sie das Glück hatte, sowohl in Clara als auch in Severin zwei Menschen zu haben, die sie liebten und unterstützten. Es war ein Gedanke, der sie wärmte und ihr Herz zum Lächeln brachte.

Sie wusste, dass das Leben nicht immer so leicht und unbeschwert sein würde, aber in diesem Moment fühlte sie sich gesegnet. Und das war alles, was zählte.

Sonnenaufgang im Herzen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt