Der Abend war düster und die Straßen in Emilia's Viertel waren fast menschenleer. Das Licht der Laternen tauchte die Umgebung in ein schwaches, flackerndes Licht, das die Schatten nur noch tiefer und bedrohlicher wirken ließ. Emilia schloss die Tür ihres Büros und trat auf den Gehweg, den Mantel fest um sich geschlungen. Ein kalter Wind blies, und sie fröstelte unwillkürlich.
Als sie zu ihrem Auto ging, bemerkte sie eine Gestalt, die sich in den Schatten bewegte. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, und sie fühlte eine Welle der Anspannung durch ihren Körper fließen. Doch bevor sie überhaupt reagieren konnte, sprang die Gestalt auf sie zu. Emilia schrie auf, als eine Hand fest über ihren Mund gelegt wurde und ein starker Arm sie grob packte.
„Sei still, oder es wird noch schlimmer für dich", zischte eine vertraute Stimme in ihr Ohr.
Emilia's Augen weiteten sich vor Angst. Sie wurde auf den Boden gedrückt, und ein schmerzhaftes Ziehen ging durch ihre Kopfhaut, als ihr Angreifer brutal an ihrem Haar zog. Panik überkam sie, und sie versuchte, sich zu wehren, doch der Griff war unerbittlich. Anna. Es war Anna.
Anna's Gesicht war nah an ihrem, und Emilia konnte den kalten, irren Glanz in ihren Augen sehen. „Du dachtest, du könntest mir entkommen? Dass du Severin von mir fernhalten könntest?" Anna's Stimme war ein gefährliches Flüstern, voller Bosheit und Wahnsinn.
„Bitte, Anna, du musst das nicht tun. Lass uns reden, wir können das klären", stammelte Emilia, ihre Stimme erstickt und zitternd. Sie versuchte, ruhig zu bleiben, obwohl ihr Inneres von Panik zerrissen wurde.
Anna lachte, ein kaltes, unmenschliches Lachen, das Emilia das Blut in den Adern gefrieren ließ. „Reden? Du willst mit mir reden? Es gibt nichts zu besprechen, du dumme Gans. Du hast versucht, ihn mir wegzunehmen. Aber er gehört mir! Nur mir!"
Emilia spürte, wie eine Träne über ihre Wange rollte, als sie die Verzweiflung in Anna's Stimme hörte. „Anna, bitte... ich liebe Severin, aber du kannst ihn nicht zwingen, bei dir zu bleiben. So funktioniert das nicht..."
„Schweig!" schrie Anna und riss sie grob hoch. Sie zog Emilia zu einem schwarzen Lieferwagen, der am Straßenrand parkte. Der Schmerz durchzog Emilias Körper, als Anna sie weiter zerrte, bis sie sie schließlich gegen den Van drückte. Mit einem festen Griff zog Anna eine Spritze hervor und stach sie Emilia in den Arm, bevor sie überhaupt begreifen konnte, was geschah. Dunkelheit umfing sie schnell, und das letzte, was sie hörte, war Annas leises, schadenfrohes Lachen.
Als Emilia wieder zu sich kam, lag sie auf einem kalten, harten Boden. Ihre Glieder waren taub und schwer, und ihr Kopf dröhnte. Es dauerte einen Moment, bis sie realisierte, dass sie in einem dunklen Raum war, die Wände kahl und bedrückend. Sie konnte kaum etwas sehen, aber sie hörte das leise Tropfen von Wasser in der Ferne.
„Du bist wach, wie schön", erklang Annas Stimme, und Emilia drehte sich zu der Quelle des Geräusches um. Anna stand da, ihr Gesicht in einem unnatürlichen Schatten, die Augen funkelten in einem wahnsinnigen Glanz.
Emilia versuchte, sich aufzurichten, doch ihre Glieder gehorchten ihr kaum. „Was... was willst du von mir?" brachte sie mühsam hervor.
Anna trat näher, ihre Schritte hallten auf dem kalten Betonboden. „Was ich will? Ich will, dass du verschwindest. Du hast in meinem Leben nichts zu suchen. Du bist nur eine weitere Hürde, die ich überwinden muss, um zu bekommen, was mir zusteht."
„Du bist krank, Anna. Severin gehört dir nicht. Du kannst Liebe nicht erzwingen", versuchte Emilia, ihre Stimme fest zu halten, obwohl die Angst sie zu ersticken drohte.
Anna lachte erneut, ein grausames, höhnisches Lachen. „Liebe? Was weißt du schon von Liebe? Liebe ist Besitz, Liebe ist Kontrolle. Und ich werde dafür sorgen, dass du das endlich verstehst." Sie hielt eine Waffe in der Hand, die sie vor sich hin und her schwenkte, als wäre sie ein Spielzeug.
Emilias Herz raste. „Bitte, Anna, du musst das nicht tun. Lass mich gehen, wir können das klären. Ich werde gehen, ich werde Severin verlassen, du wirst mich nie wieder sehen."
Anna beugte sich zu ihr hinunter, ihr Gesicht nah an Emilias. „Es ist zu spät dafür, Liebes. Du hast ihn mir weggenommen, und jetzt wirst du dafür bezahlen. Aber keine Sorge, es wird bald vorbei sein."
Emilia spürte, wie die Panik in ihr wuchs. Sie musste einen Weg finden, hier rauszukommen. Aber Annas Wahnsinn war greifbar, und sie wusste nicht, wie sie gegen jemanden kämpfen sollte, der so verloren war. Ihre Gedanken rasten, sie versuchte, einen klaren Plan zu fassen, aber alles schien hoffnungslos.
Plötzlich hörte Emilia ein Geräusch an der Tür. Jemand trat ein, und für einen Moment hoffte sie, dass es Rettung war. Doch die Gestalt, die in den Raum trat, war ebenfalls nur eine dunkle Silhouette. „Was machst du da, Anna?" fragte die Person, die Stimme tief und hart.
„Ich kümmere mich nur um ein kleines Problem, das wir haben", antwortete Anna kalt, ohne sich umzudrehen.
„Du bist zu weit gegangen, Anna. Das war nicht Teil des Plans", sagte die Person, ihre Stimme mit einem bedrohlichen Unterton.
„Es ist mein Plan, und ich werde ihn ausführen, wie ich es für richtig halte", erwiderte Anna scharf. Sie wandte sich um und richtete die Waffe auf die Gestalt. „Wenn du ein Problem damit hast, dann kannst du genauso gut verschwinden."
Emilia nutzte den Moment der Ablenkung. Mit aller Kraft, die sie aufbringen konnte, stand sie auf und rannte zur Tür. Ihr Kopf schmerzte, und sie fühlte sich schwach, aber der Adrenalinschub half ihr, sich zu bewegen. Doch bevor sie die Tür erreichen konnte, packte Anna sie brutal am Arm und zog sie zurück.
„Du kommst hier nicht raus, du dumme Kuh!" schrie Anna, ihre Augen funkelten vor Wut. Sie warf Emilia zu Boden, und die Welt drehte sich vor Emilias Augen, als sie auf dem harten Beton landete. Anna stand über ihr, die Waffe auf sie gerichtet, ihr Gesicht verzerrt vor Hass.
„Es ist vorbei, Emilia. Sag Lebewohl." Anna's Finger krümmte sich um den Abzug.
Doch in diesem Moment trat die andere Gestalt vor, griff nach Anna und riss die Waffe aus ihrer Hand. Ein Schuss löste sich, die Kugel schlug in die Decke, und ein ohrenbetäubender Knall erfüllte den Raum. Emilia schrie, ihre Ohren klingelten, und alles schien in Zeitlupe zu passieren.
Die Gestalt, die die Waffe entrissen hatte, stand nun zwischen Anna und Emilia, das Gesicht verborgen in den Schatten. „Lauf, Emilia! Lauf, solange du kannst!" rief die Person, ihre Stimme verzweifelt.
Emilia zögerte nicht. Sie rappelte sich auf und rannte zur Tür, ihre Schritte hallten in dem leeren Raum. Sie hörte Annas Schreie, das Geräusch eines Kampfes, aber sie blickte nicht zurück. Sie musste entkommen, bevor es zu spät war.
Draußen schlug ihr kalte Luft ins Gesicht, und sie rannte weiter, so schnell sie konnte. Ihre Gedanken rasten, das Adrenalin pumpte durch ihren Körper. Sie wusste, dass sie nicht sicher war, nicht wirklich, aber in diesem Moment zählte nur, dass sie lebte, dass sie eine Chance hatte, zu entkommen.
Severin ahnte nichts von der Gefahr, in der sie schwebte. Er wusste nicht, dass sie entführt worden war, dass sie knapp dem Tod entkommen war. Aber Emilia wusste, dass sie ihn warnen musste, dass Anna noch immer eine Bedrohung war, eine gefährliche, unberechenbare Frau, die nicht davor zurückschreckte, alles zu tun, um ihren Willen zu bekommen.
Als Emilia schließlich das Licht einer belebteren Straße erreichte, fühlte sie sich halb wahnsinnig vor Angst und Erschöpfung. Sie musste zur Polizei, musste Hilfe holen. Aber die Welt um sie herum schien sich zu drehen, und sie konnte kaum einen klaren Gedanken fassen.
Sie brach zusammen, keuchend und zitternd, und als die Lichter von einem nahenden Fahrzeug sie blendeten, wusste sie, dass sie es geschafft hatte. Irgendwie hatte sie es geschafft, zu überleben. Aber der Schrecken war noch lange nicht vorbei, und sie wusste, dass der Kampf gerade erst begonnen hatte.
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Sonnenaufgang im Herzen
RomanceAn einem magischen Sommerabend, als die Welt in goldenen Farben erstrahlt und die Zeit stillzustehen scheint, finden sich Emilia und Severin auf einem kleinen Steg am Rande eines ruhigen Sees wieder. Umgeben von der Wärme einer sanften Brise und dem...