|Kapitel 7|

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// Triggerwarnung: Ein Wenig Gewalt und Blut (Nicht viel, nur für Leute, die so etwas überhaupt nicht abkönnen) //

Wir bleiben urplötzlich stehen. Sind wir angekommen? Ich höre, wie ein Schlüssel klimpert und anschließend in ein Schloss gesteckt wird. Etwas knackt. Danach folgt ein weiteres. Und ein weiteres. Und ein weiteres. Was auch immer gerade aufgeschlossen wird hat viele Schlösser, sehr viele sogar.

„Hast du's bald?", fragt das Mädchen ungeduldig.

„Ein Bisschen Geduld Elane", antwortet Sam genervt.

Elane also. Ein hübscher Name für ein hübsches Mädchen, klingt sympathisch. Nur dass es nicht gerade sympathisch ist, mich zu entführen. Also wird das mit uns wohl eher nichts.
Sam hat scheinbar alle Schlösser aufgeschlossen, denn es hört sich an, als würde er den Schlüssel in seine Hosentasche stecken und eine Klinke runterdrücken. Anschließend ertönt ein lautes Quietschen, gefolgt von einem Knarren. Die Tür müsste wohl mal dringend geölt werden.
Mich schubst wer nach vorne, sodass ich über meine Füße stolpere und hinfallen würde, würde Sam mich nicht auffangen. Was er glücklicherweise tut. Hinter mir quietscht es wieder. Wird die Tür geschlossen? Wahrscheinlich. Das bedeutet, dass ich in dem Raum stehe. Eingeschlossen. Ich hole tief Luft, um mich zu beruhigen. Und bereue es, denn da ist definitiv der ekelhafte, metallene Geruch von Blut in der Luft. Warte mal... Blut? Wo zur Hölle bin ich hier, dass ich Blut rieche? Das wird doch wohl hoffentlich keine Folterkammer sein, oder? Wieso sollten sie mich foltern wollen? Ich habe keine geheimen Informationen, ich weiß ja nicht einmal wieso ich hier bin! Also wieso sollten sie mich foltern wollen? Man foltert doch nicht zum Spaß! Obwohl ich mir da bei Sam und Elane garnicht mal so sicher bin. Man entführt schließlich auch nicht zum Spaß.
Mein Puls beschleunigt sich augenblicklich. Ich atme schneller, immer schneller, bis sich alles dreht, obwohl ich doch immer noch nichts sehe, was sich drehen kann, denn meine Augen sind verbunden und ich habe einen Knebel im Mund, der Knebel muss weg, von dem mir der Sabber runtertropft und das Tuch um meine Augen wird nass, weine ich?, ich möchte nach Hause, währe ich doch bloß nicht im Bus eingeschlafen! Aber ich bin eingeschlafen und nun sitze ich hier, nein, ich sitze nicht, ich stehe, obwohl ich doch viel lieber sitzen würde und ich rieche Blut, zum Glück ist es nicht meins, aber vielleicht wird es gleich meins sein.

Ich zittere. Ich habe Angst. Ich habe so viel Angst wie noch nie und mein Atem geht zu schnell und alles dreht sich und ich möchte sitzen. Ich gehe in die Knie, aber ich bekomme keine Luft, wieso bekomme ich denn keine Luft?
Aber dann... Sehe ich wieder. Das Tuch ist weg. Sam hat es mir abgenommen. Und damit legt sich seltsamerweise auch meine Panik, obwohl ich nun sehe, dass ich tatsächlich in einer Art Folterkammer sitze. Nicht, dass ich schonmal eine Folterkammer gesehen habe, aber die Gerätschaften, die hier stehen, sehen gefährlich aus. An manchen klebt Blut, daher wahrscheinlich der Geruch. Ich drehe meinen Kopf und schaue Sam verwirrt an. Wollen sie mich wirklich foltern? Wieso? Ich habe nichts getan. Sam schaut nur beschämt weg. Feigling. Da ist Elane eine größere Hilfe. Ich schaue auch sie an und sie seufzt erschöpft.

„Tut mir leid wir müssen das machen."

Wieso? Hat ihnen das jemand befohlen? Das kann tatsächlich sein, aber wer? Wer würde wollen, dass ich gefoltert werde? Und warum? Was habe ich jetzt schon wieder angestellt?

Sam nickt mir verbissen zu, dann deutet er auf ein Gerät links von mir. Ich verstehe und gehe langsam dort hin. Meine Panik ist verschwunden, genau wie meine Fluchtpläne. Ich muss einfach hoffen, dass sie mich nicht töten wollen. Was ich tatsächlich nicht glaube, denn wozu die Arbeit? Das hätten sie auch vorhin tun können. Also lege ich mich auf die Liege, die vor mir steht. Sam bindet meine Arme und Beine mit einem Lederband fest, sodass ich mich kaum noch bewegen kann. Dann nimmt er meinen Knebel ab. Diese Aktion lässt etwas in mir erleichtert aufseufzen, obwohl das albern ist. Was nützt es mir, reden zu können, wenn meine Arme und Beine festgebunden sind?

„Kann es los gehen?", fragt Elane, die Hand über einem Hebel.

Sam schaut mich noch ein letztes Mal entschuldigend an, dann nickt er ihr zu. Augenblicklich ertönt das Geräusch einer Säge und dass Quietschen eines lang nicht mehr benutzen Metallarmes, der sich über mir langsam senkt. An ihm die Säge. Nicht mehr weit, dann erreicht er meinen Bauch. Und wenn er das tut, bin ich tot, definitiv. Ich schaue Sam an, warte darauf, dass er irgendetwas sagt, fragt, droht, was auch immer, aber da kommt nichts. Langsam kommt die Panik zurück. Wollen sie mich etwa doch umbringen? Wieso? Ich zerre an meinen Fesseln, doch es nützt nichts. Die Säge kommt näher.

„Lasst mich hier raus!", schreie ich. Niemand reagiert, Sam schaut wieder weg.

Feigling, so ein verdammter Feigling.

Näher.

Ich höre nichts als das Pochen meines Herzschlages, Adrenalin rauscht durch meine Adern. An der Säge ist ein roter Rand. Blut, längst getrocknet, aber Blut.

Näher.

Der Arm bewegt sich nur langsam, sehr langsam, aber er ist nur wenige Zentimeter von meinem Bauch entfernt. Was soll das? Womit habe ich das verdient?

Näher.

Ich spüre etwas in mir. Eine Macht, die versucht, sich ihren Weg nach außen zu drängen. Ich lasse sie, was bleibt mir auch anderes übrig?

Näher.

Die Säge schneidet durch mein Kleid. Ich schreie, aber da ist etwas neues, etwas mächtiges in meiner Stimme. Etwas, dass Sam interessiert aufhorchen lässt.

„Haltet das Ding an!", schreie ich. Befehle ich. Und Elane gehorcht.

Langsam aber sicher fährt der Arm wieder nach oben. Ein roter Tropfen löst sich, fällt auf meinen Arm. Er ist noch warm. Ich keuche, den Blick auf meinen Bauch gerichtet, wo sich mein Kleid langsam rot färbt. War ich zu spät?

„Bindet mich los."

Sam kommt sofort an und löst meine Fesseln, sein Blick seltsam verschleiert. Ich richte mich auf, begutachte meine Wunde. Ein oberflächlicher Schnitt, nichts weiter als ein Kratzer. Eine Sekunde später und das hätte anders ausgesehen. Das etwas zieht sich zurück, lässt mich zitternd und geängstigt mit Sam und Elane zurück. Und damit klärt sich auch Sams Blick.

Es ist ein Spiel. Alles.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt