Harvest Moon Festival

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"Jetzt nur nicht den Mut verlieren! Du schaffst das!", sprach ich mir zu, um mich zu beruhigen. Das Spiegelbild vor mir brachte mich in Verlegenheit. Es weckte Erinnerungen, an die ich lieber nicht zurückdachte. Ich befestigte eine letzte Haarsträhne mit einer kleinen, goldenen Haarnadel und seufzte. Ich fragte mich, wie es wohl sein würde mich an seiner Seite zu zeigen. Eigentlich störte es mich nicht im Geringsten die Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen und gewissermaßen war ich es auch gewohnt, aber aus irgendeinem Grund beschlich mich das dumpfe Gefühl, dass so vieles von diesem Abend abhängen würde. Ich richtete ein letztes Mal das rotbraune Kleid, welches einen leicht mittelalterlichen Touch aufwies. Es besaß breite Träger und einen etwas breiteren Gurt an der Taille der mit goldenen Ornamenten bestickt war. Es fiel weit und fließend an mir herunter und würde an der Vorderseite geschnürt. Es war dem Anlass entsprechend herbstlich und nicht übertrieben. Ich wendete mich von meinem Spiegelbild ab und verließ das geräumige Ankleidezimmer, welches er für mich einrichten ließ. Es war immer noch so unwirklich für mich, dass er stets so aufmerksam und bemüht war. Nach wenigen Sekunden auf dem breiten Flur, vernahm ich eine Melodie. Die Klänge des Flügels zogen mich an und zauberten mir ein Lächeln ins Gesicht. Ich liebte es einfach, wenn er spielte. Ich betrat das Zimmer und lehnte mich verträumt neben das Musikinstrument, um ihm zuzusehen. Er blickte mir mit einem zauberhaften Lächeln entgegen und änderte die Melodie. "But I can't help falling in love with you..." Ich sang, er spielte. Wir harmonierten einfach in jeglicher Hinsicht und ich konnte mir nichts Schöneres vorstellen, als für immer bei ihm zu bleiben. In seiner Gegenwart fühlte ich mich vollkommen hilflos und war ihm restlos verfallen. Er ließ mich alle Sorgen vergessen und erreichte die tiefen meines Herzens. Es gehörte allein ihm. Nachdem er die letzten Töne spielte, stand er auf und stand Blitzschnell vor mir. Mittlerweile hatte ich mich an seine Besonderheiten gewöhnt und ich sah ihm verspielt in seine glühenden Augen. Er stützte sich am Flügel ab und beugte sich leicht über mich. "Guten Abend mon Cherie. Du siehst wie immer atemberaubend aus.", flüsterte er. Die Art und Weise seiner Betonung brachte mich in Verlegenheit. Ich legte meine Hände um sein Gesicht und zog ihn näher an mich heran. "Das Kompliment kann ich nur zurückgeben my Lord.", antwortete ich und stahl mir einen Kuss. Der Abend hatte noch nichtmal begonnen und ich stand schon jetzt in Flammen. Seine Hände legten sich um meine Taille und zogen mich eng an seinen stattlichen Körper. Ich konnte mich kaum noch beherrschen und musste mich zügeln, bevor ich ihn in Versuchung führen würde. "Wir müssen aufhören!", sagte ich atemlos und schnappte nach Luft. Es fiel mir nicht gerade leicht, weil alles an ihm so dermaßen einladend auf mich wirkte, dass ich mir am liebsten auf der Stelle das Kleid vom Körper gerissen hätte. Er verzog die Lippen zu einem schelmischen Grinsen und glitt mit seinen Händen weiter nach unten. Mir wurde heiß und kalt zugleich, als er meinen Hintern packte und mich im nächsten Moment, ohne einen Kommentar, auf den Flügel hob. Ich quiekte auf und umschlang ihn reflexartig mit meinen Beinen. Ich wollte mehr. "In deiner Gegenwart kann ich mich einfach nicht beherrschen...", knurrte er und küsste mich stürmisch. Ich warf alle Vernunft über Board und übergab ihm die volle Kontrolle. Das intensive Verlangen in mir wuchs von Sekunde zu Sekunde und erweckte die Ungeduld. Er küsste meinen Hals und schob mein Kleid nach oben, was mir den Verstand raubte. "Ich will dich spüren!", japste ich und spürte das erwartungsvolle Kribbeln in meiner Vulva. Seine Augen loderten vor Leidenschaft. Als ich spürte, wie er sich gegen mich presste, stöhnte ich vor Lust. Voller Begierde wollte ich gerade seine Hose öffnen, da wurden wir durch ein zaghaftes Klopfen unterbrochen. Ich erstarrte und presste meine Lippen aufeinander, um nicht lauthals zu fluchen. Der Dienstbote teilte uns mit, dass der Wagen abfahrbereit war. Es gab wohl keinen Zeitpunkt der unpassender gewesen wäre. Wir sahen uns einen Moment lang an und waren beide wie versteinert. Was ging wohl in ihm vor? "Es tut mir leid, dass ich dich in diese unsittliche Situation gebracht habe...", sprach er höflich, aber unbeholfen. Ich blinzelte und befreite mich irgendwie aus meiner Trance. Mir blieb im Grunde nichts anderes übrig, als mein Bedürfnis hinunterzuschlucken. "Ist schon gut, aber... wir sollten jetzt wirklich aufbrechen.", antwortete ich leicht zerknirscht und versuchte krampfhaft das prickelnde Gefühl der Lust zu unterdrücken. Er musterte mich aufmerksam und richtete seinen Stehkragen. "Ich mache es später wieder gut...", versprach er und nahm zärtlich meine Hand, um sie zu küssen. Ich musste mich schleunigst wieder unter Kontrolle kriegen. Schließlich verließen wir den Palast und fuhren auf das Fest. Dort angekommen, wurden wir bereits in Empfang genommen und zu einem Podest geführt, auf dem ein gemütlicher Pavillon stand. Wir hatten eine optimale Sicht auf den Festplatz und nahmen auf hölzernen, thronähnlichen Stühlen platz. Ich lehnte mich zu ihm herüber, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern. "Ziemlich viel Wirbel für ein einfaches Volksfest..." Er sah mich belustigt an und legte demonstrativ seine Hand auf meine. "Sie bekommen mich nicht sonderlich oft zu Gesicht und sie zeigen mir somit ihre Ergebenheit. Es könnte sie deutlich schlechter Treffen und das wissen sie.", erklärte er ruhig und schaute in die Menge. Ich konnte mir vorstellen, dass er ein guter Regent war. Zumindest war er klug und ließ sich nicht von seinen Emotionen steuern. "Das Fest ist ziemlich groß... Wie viele mögen wohl gekommen sein?", fragte ich neugierig und schaute mich ebenfalls um. "Ich würde schätzen, dass sich an die 40000 Dämonen hier tummeln, aber... das sind längst nicht alle, Darling. Ich habe die Befehlsgewalt über 26 Legionen und Ländereien. Das hier ist also nur ein kleiner Teil meiner Untertanen.", antwortete er mit einem leicht egozentrischen Grinsen. Ich verschluckte mich fast am Rotwein, der uns gereicht wurde und starrte ihn an. Mit so einer beachtlichen Volksgröße hatte ich gar nicht gerechnet. "Du wirkst überrascht., stellte er fest und schenkte mir seine Aufmerksamkeit. "Ich hatte nicht damit gerechnet, dass es so viele sind...", erklärte ich überfordert. "Bitte zerbrich dir nicht deinen Kopf meine Liebste. Ich habe alles im Griff!" Sein ausdrucksstarker Gesichtsausdruck und seine Gelassenheit beruhigten mich ungemein. Solange er bei mir sein würde, müsste ich mich um nichts sorgen, dachte ich und schenkte ihm ein Lächeln. "Wie genau geht es denn jetzt weiter?", fragte ich neugierig und trank einen weiteren Schluck Wein. "Ich werde demnächst die Festspiele eröffnen, die wir uns dann ansehen werden. Anschließend werde ich den Sieger verkünden und den Erntemond präsentieren. Zu guter letzt eröffnen wir die Tanzfläche, zumindest hoffe ich, dass du mit mir tanzen wirst.", erklärte er. Wie könnte ich seinem Charme widerstehen? "Ich würde nichts lieber tun.", säuselte ich abwesend und drohte in seinen Augen zu ertrinken. Die Stunden vergingen und ich genoss die Zeit mit ihm. Wir tranken, redeten, lachten und schauten uns das Spektakel an. Besonders beeindruckend fand ich die Feuerakrobaten, die zwischenzeitlich auftraten und für frischen Wind sorgten. Es faszinierte mich, wie geschickt sie die wilden, lodernden Flammen bändigten. Man hätte meinen können, dass sie mit dem Feuer tanzten. Die Wettkämpfe an sich waren ziemlich alternativ gehalten, bei denen es ausschließlich um Kraft, Ausdauer und Geschicklichkeit ging. Schließlich wurde der Sieger verkündet und ich wusste, dass es bald an der Zeit sein würde den Tanz zu eröffnen. Zappelig und erwartungsvoll wartete ich auf Stolas, der selbstsicher auf mich zutrat. "My Lady, würden Sie mir die Ehre erweisen und mich begleiten?", fragte er charmant und verneigte sich. Ich lächelte sanft und ergriff seine Hand, die er mir höflich, auffordernd entgegenstreckte. Er führte mich in die Mitte der Tanzfläche und machte noch eine weitere Ankündigung. "Meine verehrten Bürger des Höllenkreises des Zornes. Ich, Stolas von den Ars Goetia, bin heute gekommen, um die diesjährige Ernte, mit dem Schein des einzig wahren Erntemondes, zu lobpreisen." Dabei hielt er sein Grimoire aufgeschlagen in der Hand und offenbarte seinem Volk, mit einer einzigen Handbewegung, den orangefarbenen Vollmond. Es war beeindruckend. Die Masse staunte und sah wie gebannt in den verzauberten Nachthimmel. "Gefällt es dir?", fragte er leise und sah verstohlen zu mir herüber. Ungläubig sah ich ihn an. "Es ist wunderschön... Deine Magie ist atemberaubend." Er lächelte, ließ sein Buch verschwinden und ergriff meine Hand. "Sie ist nichts im vergleich zu deiner Schönheit mon Cherie. (Wie auf's Stichwort ertönte die Musik.) Schenken Sie mir diesen einen Tanz?"
"Ich würde auch die ganze Nacht mit dir tanzen!", schoss es aus mir heraus. Er führte mich mit einer eleganten Handbewegung vor seine Mitte. Die verspielten Klänge des Streichquartetts verzauberten mich. Unsere Handflächen berührten sich, als wir anfingen zu tanzen. Ich vergaß alles um mich herum und war ausschließlich auf ihn fixiert. Er war wirklich ein wunderbarer Tänzer und wirbelte mich in schwungvollen Bewegungen über die Tanzfläche und obwohl sich diese nach und nach füllte, hatte ich das Gefühl, dass es nur uns beide gab. Er drehte mich und zog mich an sich heran. Ich verlor jegliches Zeitgefühl und verfiel ihm ein weiteres Mal. Plötzlich passierte etwas, was ich niemals an diesem Abend erwartet hätte. Er passte einen günstigen Moment beim Tanzen ab und kniete auf einmal vor mir. Er hielt immer noch meine Hand und sah mir intensiv in die Augen. "Stolas... Was machst du da?", fragte ich verunsichert und war wie gelähmt. "Liebste Lilly, du hältst mich jetzt sicherlich für einen liebeskranken Idioten und ich hoffe, dass ich dir keine Angst einjage, aber ich möchte mit dir die Ewigkeit verbringen. Ich bin nicht bereit dich jemals wieder herzugeben und es gibt keine Worte dieser Welt die beschreiben könnten, wie sehr ich dich liebe, wertschätze und in meinem Leben brauche. Hiermit halte ich offiziell um deine Hand an und möchte dich fragen, ob du meine Frau werden willst?" In seiner anderen Hand hielt er auf einmal eine kleine Schatulle, die er geschickt aufklappte. Mir stockte der Atem. Fragte er mich wirklich, ob ich ihn heiraten wollte? War das ein Traum? "Stolas, ich... ich weiß nicht, was ich sagen soll. Also ja, mein Herz schreit ja, aber was ist mit..." Ich brachte den Namen, der mir auf der Zunge brannte, nicht über die Lippen. "Mach dir darüber keine Gedanken Darling! Du bist die Einzige für mich und genau das möchte ich dir mit diesem Antrag beweisen... Bitte sag ja..." Er sah mich fast schon flehend an. Nach seinen Worten gab es doch nur noch eine mögliche Antwort. "Ja... ich will deine Frau werden.", wimmerte ich und verlor Freudentränen. "Du machst mich so unglaublich glücklich!", sagte er mit glänzenden Augen und steckte mir den wunderschönen diamantenbesetzten Ring auf meinen Finger. Die jubelnde Menge um uns herum erinnerte mich daran, wo wir uns befanden. "Du hast eindeutig den Verstand verloren...", sprach ich lächelnd, als er sich aufrichtete und mich in seine Arme zog. "Den habe ich ungefähr vor 18 Jahren verloren meine Liebste!", antwortete er breit grinsend. "Den Eindruck habe ich auch. Der Ring ist wirklich unglaublich schön..."
"Ich habe diese Steine in den unendlichen Weiten des Weltalls aufgespürt. Der Ring sollte etwas Besonderes sein und wurde speziell für dich angefertigt ...", erklärte er und machte mich damit sprachlos. Ich küsste ihn voller Leidenschaft und fiel meinen Emotionen zum Opfer. Das Kribbeln breitete sich in meinem gesamten Körper aus und ich drohte förmlich zu explodieren. Er schien zu bemerken, was in mir vor sich ging und hielt plötzlich inne. "Lass uns nach Hause gehen, damit wir dort weiter machen können, wo wir aufgehört haben.", flüsterte er mir ins Ohr und liebkoste anschließend meinen nackten Hals. Ich hatte das Gefühl zu entgleisen und war nicht mehr in der Lage einen einzigen gescheiten Satz zu Stande zu bringen. Stattdessen nickte ich einfach nur geistesabwesend und ließ mich von ihm leiten. Ohne weitere Aufmerksamkeit auf uns zu lenken, führte er mich geschickt aus der Menge heraus und brachte mich zur Limousine. Ich konnte immer noch nicht verstehen, was gerade passiert war und schaute auf meinen Ringfinger. So wie es aussah waren wir... verlobt.

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