Der Blutschwur

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"BITTE SAG MIR, DASS DAS ALLES NUR EIN BLÖDER SCHERZ IST!", rief Stolas wütend und bäumte sich auf, während ich mich an meinem Weißwein verschluckte. Oskar befand sich in Schockstarre und schien vor Panik nicht einmal zu atmen. "Hast du eigentlich den Verstand verloren? Menschen haben in unserer Welt nichts verloren, zudem ist es strikt verboten und das weißt du auch! Wenn das jemand herausfinden sollte, wird das Konsequenzen haben! Und ich war so dumm und wollte dich Dinge selbst entscheiden lassen... Oh Lucifer steh mir bei!", ging seine Tirade weiter. Ich stand ebenso unter Strom und wusste nicht, was das Richtige war. Auf der einen Seite war ich mir nach dieser Aktion vollkommen sicher, dass seine Gefühle für sie echt waren, aber auf der anderen Seite wusste selbst ich, dass dieses Mädchen beim besten Willen nicht hierbleiben durfte. Ich atmete tief durch und hinderte Stolas daran, wie ein aufgescheuchter Fasan durch den Raum zu laufen. Ich legte meine Arme um seine Schultern und sah ihn an. "Unruhe bringt uns jetzt auch nicht weiter... So wie ich das sehe, müssen wir versuchen das Beste aus dieser Situation zu machen... Ich schlage also folgendes vor. Du hilfst Oskar dabei sie aufzuwecken und dann bringt ihr sie schleunigst wieder nach Hause. Damit sollte das Thema doch erledigt sein, oder?", sprach ich mit lieblicher und ruhiger Tonlage. Es viel mir zwar nicht gerade leicht die Nerven zu behalten, aber was würde es nützen, wenn ich nun auch noch anfangen würde zu schimpfen. Keine Frage, es war dumm, was er getan hatte, aber die Rechnung bekam er ja schon dafür, indem sein kleiner Exkurs so dermaßen aus dem Ruder lief. Er schnaubte und fasste sich an die Stirn. "Wenn es nur so einfach wäre, wäre das natürlich phantastisch Darling. Leider war mein unglaublich intelligenter Ableger so brilliant auf Voodoomagie zurückzugreifen... Apropos, wer in drei Teufelsnamen hat dir das überhaupt beigebracht? Von mir hast du solch einen Unsinn sicher nicht!", sprach er aufgebracht und schaute Oskar mit einem glühenden Blick an. Verkrampft stand er mitten im Raum und fummelte nervös an den Zugbändern seines Hoodies umher. "Ich wollte mich doch nur etwas ausprobieren... Das Buch sah vielversprechend aus und ich dachte, ich hätte alles im Griff...", krächzte er kleinlaut. So wie er klang, blieben ihm die Worte bald in der Kehle stecken. Stolas schlug sich vor Entsetzen gegen die Stirn. "Ich hätte dich für klüger gehalten! Zeig mir das verdammte Buch..." Oskar nickte steif und setzte sich dann in Bewegung. Wir folgten ihm in sein Zimmer und blieben einen kurzen Augenblick vor Schreck stehen. Sie in seinem Bett schlafen zu sehen, machte uns nochmal deutlicher, dass diese Situation real war. "Nur für unser Verständnis... Wie lange hast du gewartet, um uns davon zu berichten?", fragte ich zaghaft und setzte mich zu dem armen Mädchen ans Bett. Sein Blick weitete sich und feine Schweißperlen bildeten sich auf seiner Nase. Stolas runzelte die Stirn und sah ihn erwartungsvoll an. "So ungefähr... 5 Stunden..." Uns fiel beinahe die Kinnlade hinunter. Allerdings hatten wir auch keine Zeit mehr seine Handlungen in Frage zu stellen, weshalb Stolas sich kommentarlos das Buch vornahm und eifrig anfing zu lesen. Währenddessen schaute ich mir das Menschenmädchen genauer an und stellte sofort fest, dass sie ziemlich abgebaut hatte. Schon bei unserer ersten Begegnung fiel mir zwar auf, dass sie klein und zierlich war, aber sie musste an Gewicht verloren haben. Auch ihre Haut war unnatürlich blass und sie wirkte im gesamten ziemlich erschöpft und kränklich. "Sie sieht verändert aus... was weißt du alles über sie?", fragte ich neugierig und nahm vorsichtig ihre Hand, um herauszufinden wie hoch ihr Blutdruck war. "Ich dachte ich kenne sie gut, aber... offenbar hatte ich mich getäuscht..." Ihr Puls war ziemlich niedrig, was nicht unbedingt ungewöhnlich für junge Frauen war, aber irgendwie bereitete sie mir Sorgen. "Also hat sie dir etwas verschwiegen?", fragte ich und betrachtete ihn aufmerksam. Er nickte und schaute zu Boden. "Ich fand sie in einer... Bar. Sie arbeitet als... Tänzerin. Ihr Boss meinte, dass sie ihr Studium vergessen könne, wenn sie den Job verlieren würde." Schockiert sah ich sie an und konnte nicht glauben, was er da sagte. "Sie ist noch so jung... Was ist mit ihrer Familie? Wer kümmert sich um sie?", brodelte es aus mir heraus. Er umklammerte sich und verlor entgültig seine Maske. "Ich weiß es nicht...", flüsterte er mit Tränen in den Augen. Stolas war immer noch tief im Buch versunken und tippte plötzlich mit seinem Finger auf eine Seite im Buch. "Das ist es! Ich habe hier etwas!", rief er und zeigte Oskar die Textstelle. Er wischte sich die Tränen aus den Augen und sah sich die Seite genauer an. Er erstarrte und blickte erschrocken auf. "DAS KANN ICH NICHT!", rief er aufgebracht und wich ein Stück zurück. "Das hättest du dir früher überlegen müssen! Du hast die Wahl. Entweder, du spielst weiter mit ihr, wie mit einer Marionette und lässt sie qualvoll verenden, oder du rettest sie, indem du den Blutschwur leistest und ihr dein Versprechen gibst!", sprach Stolas ernst und klappte das Buch zu. "Gibt es keinen anderen Weg? Ich will sie doch retten, aber sie wird mich hassen, wenn ich das tue!" Er sank mit dem Rücken an der Wand zu Boden und hielt sich die Hände vor sein Gesicht. So verzweifelt hatte ich ihn noch nie erlebt. "Würde mir jemand erklären, was hier gerade vor sich geht?", mischte ich mich ein und erhob mich. "Ich versuche es mal zusammenzufassen. Er hat sie zu einer Sklavin gemacht und diese tückische Form der Magie kann nicht ohne Weiteres durchbrochen werden. Voodoozauberei fordert immer ein Tribut, weshalb man sich gründlich damit auseinandersetzen sollte. Damit sie aus ihrer Trance erwachen kann, muss er ihr versprechen, sie zu einer von uns zu machen... Was auch im Grunde unsere einzige Wahl ist, weil wir sie ohnehin nicht einfach so gehen lassen können. Sie weiß einfach zu viel..." Seine ernste Ausstrahlung und dieser finstere Gesichtsausdruck machten mir zu schaffen. "Was soll das bedeuten? Er muss sie umbringen?", fragte ich schockiert. "Nicht einfach nur umbringen Darling... Sie muss es selbst wollen und sich in einem Ritual für ihn opfern. Tut sie dies nicht, wird sie wieder zu einer willenlosen Hülle und wird für immer eine Gefangene sein. Es ist, wie ich sagte. Diese Form der Magie ist tückisch und man zahlt einen hohen Preis!" Ich war sprachlos und musste das alles erstmal zusammenbringen. "Aber, wenn sie sich selbst dafür entscheiden muss, rettet er sie doch damit nicht! Wie genau stellst du dir das vor? Sollen wir sie hier im Palast einsperren? Das ist doch Wahnsinn!"
"Ja, es ist der blanke Wahnsinn, da gebe ich dir Recht und würde es eine andere Möglichkeit geben, käme diese Option hier gar nicht erst zur Sprache.", sagte er mit Nachdruck. Mir war das alles nicht geheuer und ich ahnte bereits, dass das Ganze noch für ordentlich Wind sorgen würde. Eine Alternative fiel mir aber tatsächlich auch nicht ein, weshalb ich es letzten Endes schweigend so hinnahm. Ich sah zu Oskar hinüber, der wie ein zerstörtes Kind, zusammengekauert auf dem Fußboden saß und überhaupt nicht in der Lage war, eine Entscheidung zu treffen. Aber was konnten wir groß von ihm erwarten? Er war noch so jung, hatte keinerlei Lebenserfahrung und musste die letzten Monate so viele Veränderungen akzeptieren. Wir hätten einfach das Risiko erkennen müssen. Andererseits entschied Stolas sich dafür ihn seine Erfahrungen machen zu lassen, was auch Richtig war, aber wenn ich mir nun das Resultat ansah, plagte mich dennoch ein schlechtes Gewissen. Ich atmete tief durch und setzte mich direkt neben ihn. "Es ist deine Entscheidung Herzchen... Niemand kann dich zwingen, etwas zu tun, was du nicht willst, aber... wenn du fair sein möchtest, solltest du ihr die Möglichkeit geben ihr Schicksal selbst zu wählen..." Er sah mich an und hatte diesen glasigen, leeren Ausdruck in seinen Augen, der mein Herz berührte. Wann hatte ich zuletzt jemanden gesehen, der so traurig war? Er atmete tief und schien über meine Worte nachzudenken. "Also gut. Ich mach's...", antwortete er apathisch und erhob sich langsam. Er reichte mir die Hand und half mir dabei aufzustehen. Auf einmal war er wieder so verschlossen und verbarg seine Gefühle, die ihn gerade eben noch beherrschten. "Was muss ich tun, Dad?", fragte er und trat an das Bett heran, um sie anzusehen. Ich hielt mich zurück und beobachtete das ganze lieber aus der Ferne, da es sicherlich keine schöne Angelegenheit sein würde. Allein der Begriff Blutschwur, ließ mich schon erschaudern. Es wäre ja auch zu schön und einfach gewesen, wenn er sie einfach hätte wachküssen können. Aber das hier war nun mal die Hölle, die gottverdammte Unterwelt und kein Märchen, in dem der edle Prinz seine Prinzessin vor dem gemeinen Drachen rettete. Stolas trat auf ihn zu und seufzte. "Es ist eigentlich recht simpel... Du trinkst ihr Blut, dann leistest du deinen Schwur und lässt sie danach von deinem trinken..." Mir drehte sich der Magen um. Das arme Ding würde völlig fertig mit den Nerven sein. Oskar ballte seine Fäuste und stand verkrampft da. Stolas erklärte ihm anschließend genau, was er zu tun und zu lassen hatte. Auf diese detaillierte Erklärung hätte ich auch verzichten können, dachte ich und schluckte schwer. Als Oskar ihr schließlich befahl zu erwachen, setzte sie sich auf und sah ihn mit ausdrucksloser Miene an. Es war erschreckend zu sehen, dass er ihr augenscheinlich alles befehlen und sie sich nicht dagegen wehren konnte. "Es tut mir so leid... Wenn ich könnte, würde ich es rückgängig machen!", waren seine Worte kurz bevor er seine spitzen Dämonenzähne in ihrer Kehle versenkte. Sie blieb völlig stumm und starrte einfach nur ins Leere. Dabei hielt er sie fest und trank, bis er angestrengt von ihr abließ und sich über den Mund wischte. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass sich Stolas zu mir gesellt hatte. "Das ist eine Katastrophe... Ich muss es dem Rat mitteilen, bevor es auf andere Wege herauskommt...", flüsterte er verzweifelt und beobachtete das Geschehen mit seinen scharfsinnigen Augen. "Aber... wenn sie eine von uns wird, dann gibt es doch nichts, was gegen ihre Verbindung sprechen dürfte, oder?", fragte ich nachdenklich. "Im Moment ist sie aber noch eine Sterbliche und wird es auch bis zum Bluemoon bleiben. Außerdem kann es auch sein, dass sie ablehnt und was dann? Sollte sie sich gegen ihn entscheiden, kann sie nicht hierbleiben und ohne seine Befehle, wird sie sterben." Die Vorstellung war grauenhaft und die Fassung zu bewahren fiel mir von Minute zu Minute schwerer. "Dein Blut allein, so süß und rein, soll meinem ebenbürtig sein. Ich trank von dir, nun trink von mir, denn dein Platz ist hier. Du hast noch Zeit dich zu entscheiden, aber bitte lasse mich nicht leiden. Wenn du mich willst, dann bin ich dein, musst nie mehr eine Sklavin sein." Danach zog er den prunkvollen Dolch, welchen Stolas ihm zuvor gegeben hatte, aus seiner Hülle und schnitt sich, ohne weiter zu zögern, in sein Handgelenk. Ich spürte regelrecht, wie ich meine Gesichtsfarbe verlor. "Gleich wird es spannend...", brummte Stolas und nahm eine starre Körperhaltung ein. Oskar befahl ihr, sein Blut zu trinken und hielt ihr seine Hand entgegen. Sie tat, was er verlangte, und umschloss die tropfende Wunde mit ihren Lippen. Nur einen kurzen Augenblick später ließ sie von ihm ab und war wie ausgewechselt. "WHAT THE..." Sie beendete ihren Satz nicht und schaute verwirrt auf. Was folgte war ein ohrenbetäubender, panischer Schrei, der einem das Blut in den Adern gefrieren ließ. Sie sprang aus dem Bett und flüchtete in die nächste Ecke. "Was soll das alles? Wo bin ich hier? Ich will nach Hause!", rief sie verzweifelt und fing bitterlich an zu weinen. Ich hatte zwar bislang nicht das Geringste mit diesem Mädchen zu tun, aber es zerriss einem das Herz. "Mina... es tut mir leid...", murmelte Oskar und kniete wie erstarrt auf dem Bett. Sie registrierte gar nichts um sich herum und schaltete vollständig ab. "So wird das nichts! Stolas, schaff Oskar hier raus und versorge seine Verletzung! Ich übernehme ab hier!", sagte ich bestimmend und trat Mina direkt gegenüber. Die Umgebung allein war sicherlich schon zu viel für sie, aber auch noch mit diesen unbekannten und nicht gerade kleinen Kreaturen in einem Raum festzusitzen, machte es sicher um einiges schlimmer. Stolas vertraute mir und räumte schließlich das Feld. Ich atmete tief durch und legte meine Hand auf ihre Schulter. "Hallo Schätzchen... erinnerst du dich noch an mich?", begann ich und lächelte sanft. Sie schielte zwischen ihren Händen hervor und nahm sie langsam herunter. Die Tränen hatte ihren Eyeliner vollständig verschmiert. Sie nickte langsam und beruhigte sich tatsächlich ein wenig. "Ist alles ein bisschen viel, hm? Wie fühlst du dich?", fragte ich fürsorglich. Ihre Blicke wanderten durch das riesige Zimmer. "Wie ich mich fühle? Ich weiß es nicht...", antwortete sie mit zittriger Stimme. "Du suchst bestimmt nach Antworten, habe ich Recht?" Sie nickte ein weiteres Mal und hielt ihren Arm dabei fest umklammert. "Ich mache dir einen Vorschlag. Wir fangen noch einmal ganz von vorne an und richten dich ein wenig her, damit du dich etwas wohler fühlst. Dann kann ich dir auch gleich zeigen, wo du dich zurückziehen und schlafen kannst! Bei Mr. Ungeduld lasse ich dich ganz bestimmt nicht!", sagte ich mit einem Augenzwinkern, um die Situation etwas aufzulockern. "Ich soll hier bleiben?", fragte sie mit erschrockener Stimme und riss die Augen dabei weit auf. Nun legte ich meine andere Hand abenfalls auf ihre Schulter und suchte Blickkontakt. "Alles zu seiner Zeit mein Liebchen! Also... begleitest du mich? Ich verspreche dir, dass wir dir all deine Fragen beantworten werden!" Sie atmete tief und ließ sich schließlich von mir überreden. Es musste ihr leichter fallen, da meine Erscheinung, ihrer glich. Als wir das geräumige Zimmer betraten, sah sie sich fasziniert und gleichzeitig misstrauisch um. "Das Zimmer ist ja locker so groß, wie eine ganze Wohnung. Was ist das hier? Eine Art Schloss?", fragte sie und fuhr mit ihrer Hand über die Hölzerne Armatur des Kamins. Ich konnte mir das Grinsen nicht verkneifen. "Schloss trifft es wohl im Grunde ganz gut. Darf ich fragen, wie dein Leben auf der Erde so aussieht?" Sie seufzte und ließ sich auf das Sofa fallen. "Ich wüsste zwar, was es Sie angeht, aber... mein Leben ist das reinste Chaos. Ich bin eine wandelnde Katastrophe..." Sie fasste sich gegen die Stirn und wirkte verloren. "Hm, weißt du... mein Leben war auch eine lange Zeit sehr chaotisch. Es kommen auch wieder bessere Zeiten, aber es gibt noch eine weitere Sache, die mich neugierig macht. Oskar berichtete davon, dass er dich in einer Bar aufgegriffen hat. Warum arbeitest du in solch einer Szene? Du bist doch noch so jung!" ich hoffte, dass sie sich weiter öffnen würde und wartete geduldig ab. Sie sah zu mir auf und schluckte. "Weil ich es muss..." Eine Träne lief ihre Wange hinunter und zerplatzte auf dem Parkett. Ich setzte mich zu ihr und tröstete sie. "Du brauchst das Geld, stimmts? Gibt es denn niemanden, der sich um dich kümmert?"
"Nur so ein schäbiger Sozialarbeiter... Ich bin ganz allein.", offenbarte sie mir, schniefte und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. "Nun... jetzt bist du es nicht mehr. Vielleicht war es ja dein Schicksal auf Oskar zu stoßen." Sie verdrehte die Augen und verschränkte die Arme vor der Brust. "Er hat mich einfach entführt... Ich bin stinksauer auf ihn! Außerdem weiß ich immer noch nicht, was das hier für eine kranke Horrorshow sein soll! Ich habe seine Augen sofort erkannt, aber alles andere... Wie ist das möglich?", fragte sie und bekam langsam wieder mehr Biss und Ausdruck. "Erst einmal bringen wir dein hübsches Gesicht in Ordnung und ich suche dir etwas zum Anziehen raus. Danach suchen wir die beiden Spezialisten, einverstanden?", antwortete ich melodisch. Sie stimmte zu und ließ sich von mir ein wenig aufhübschen. Mit großen Augen betrachtete sie sich im Spiegel und drehte sich zur Seite. "Also eines muss man Ihnen lassen. Sie haben wirklich Geschmack!"
"Nach 18 Jahren im Showbusiness weiß man, was gut aussieht! Freut mich, dass es dir gefällt.", antwortete ich mit einem kecken Grinsen. Anschließend verließen wir das Zimmer und gingen gemeinsam durch den gefühlt endlos langen Flur. Zumindest kam er einem endlos vor, wenn man ihn noch nie zuvor passiert hatte. Ich bemerkte ihre teils neugierigen und teils verängstigten Blicke. Die einprägsamen Bilder mussten sie fast erdrücken und noch mehr Fragen aufwerfen. "Leben die etwa alle hier?", fragte sie verunsichert. "Aber nein Herzchen! Wo denkst du hin? Das ist nur die Verwandtschaft!", erklärte ich lachend. "Eine ziemlich große Verwandtschaft... Und wer ist das?" Sie deutete auf ein Bild von Oskar, welches vor seinem Outing entstand und betrachtete es argwöhnisch. "Erkennst du sie nicht? Das ist Octavia... du kennst sie unter dem Namen Oskar.", antwortete ich mystisch betont. Ihr fiel fast die Kinnlade hinunter. "Er ist ein Mädchen? Ich wusste doch, dass ewas faul ist an der ganzen Geschichte. Er ist viel zu sensibel und einfühlsam..."
"Spielt es denn eine Rolle, wer oder was er mal war?", fragte ich neugierig und wartete gespannt auf ihre Reaktion. Sie wirkte nachdenklich und spielte mit ihren Fingern. "Sie oder er ist nicht mal ein Mensch... keine Ahnung, ob es eine Rolle spielt! Grundsätzlich wäre es mir ja egal, aber... ich hasse es, wenn man mich anlügt!", antwortete sie leicht bockig. Ich grinste in mich hinein. Sie hatte wirklich etwas Erfrischendes an sich und ich verstand, weshalb Oskar sie so wahnsinnig mochte. Schließlich betraten wir die Küche, wo offensichtlich gerade eine Diskussion, über den anstehenden Geburtstag, stattfand. Oskar erstarrte förmlich, als er Mina sah. Stolas räusperte sich und übernahm das Sprechen. "Wie ich sehe hat Lilly es geschafft dich ein wenig zu beruhigen. Geht es dir so weit gut?", fragte er höflich. Sie senkte sofort ihren Blick und schien ihren Mut wieder zu verlieren. "Stolas mein Liebster? Würde es euch etwas ausmachen, wenn ihr euch vielleicht ein wenig... anpassen könntet? Ich denke, dass es ihr den Übergang erleichtern würde.", sprach ich verführerisch und trat ihm direkt gegenüber. "Ich könnte dir niemals eine Bitte ausschlagen Darling!", antwortete er und verwandelte sich umgehend. Spielerisch zog er mich näher an sich und neckte mich mit kleinen Küssen. "Dad... bitte... muss das jetzt sein?", jammerte Oskar, der nun ebenfalls in seiner menschlichen Erscheinung dastand und sich allen Anschein nach zu gern ein Loch nach China gegraben hätte. "Wir sollten ihn nicht zu sehr ärgern, meinst du nicht auch?", fragte ich verspielt und richtete seine Krawatte. Er verdrehte die Augen und legte schließlich einen Arm um mich. "Wie dem auch sei. Der Tag war lang. Wir sind alle müde und wir haben noch einiges zu besprechen... Ich schlage also vor, dass wir uns an den Tisch setzten und mit unser Frage- und Antwortrunde beginnen." Zögerlich setzte sich Mina auf den freien Stuhl neben Oskar, der es nicht wagte sie anzusehen. "Also... du möchtest bestimmt wissen, wie du hier her gekommen bist und was das für ein Ort ist, oder?", fragte Stolas und trank anschließend einen Schluck Wein. Sie nickte eingeschüchtert und umklammerte dabei ihren Oberarm. "Oskar, wie wär's, wenn du das übernimmst? Schließlich ist es dein Verdienst gewesen.", schlug er streng vor. Oskar seufzte und antwortete schließlich. Nachdem er ihr geschildert hatte, was passiert war, schaute sie ihm trotzig ins Gesicht. "Das ist doch irre! Du kannst mich doch nicht einfach so manipulieren! Was hast du erwartet? Dass ich dir um den Hals falle? Ich habe geglaubt den Verstand zu verlieren!" Sie war sehr aufgewühlt und es würde einige Zeit in Anspruch nehmen, um diese speziellen Umstände zu akzeptieren. "Es tut mir wirklich leid...", flüsterte er und versteckte sein Gesicht unter seiner Frisur. "Uns tut es ebenfalls leid. Oskar braucht noch viel Übung, um Magie richtig anzuwenden und hätten wir bemerkt, dass es ihm so ernst mit dir ist, hätten wir uns etwas einfallen lassen, aber wir hielten es für angemessener ihm seinen Freiraum zu lassen, um einen klaren Kopf zu bekommen..." schaltete sich Stolas ein. Sie nickte und atmete tief. "Es ist jetzt, wie es ist... Ich werde über all das hier nachdenken müssen...", antwortete sie nüchtern und schielte zu Oskar rüber. "Das verstehen wir Herzchen! Du solltest dich ein wenig ausruhen!", antwortete ich liebevoll und schenkte ihr ein wärmendes Lächeln. Ich begleitete sie anschließend zurück, um sicherzugehen, dass es ihr gut ging. "Ich hoffe du verstehst, dass wir die Sicherheitsvorkehrungen verstärken mussten, aber... lass dich von den kleinen Imp's nicht stören!"
"Keine Sorge! Ich hau schon nicht ab! Ich wüsste doch ohnhin nicht, wohin ich sollte und bevor mir noch mehr solcher Wesen begegnen, bleibe ich lieber in diesem goldenen Käfig!", antwortete sie schmollend. "Ich weiß, dass es eine große Belastung und Umstellung für dich ist, aber gebe den Dingen ein wenig Zeit... Wir sind zwar Dämonen, aber es könnte dich schlechter treffen...", erklärte ich und versuchte aus ihrer Körpersprache schlau zu werden. "Sicher... Gute Nacht.", sagte sie leise und stand schon im Türrahmen. "Gute Nacht Herzchen! Du kannst jederzeit nach mir verlangen, wenn dir danach ist!" Sie nickte nur und rang sich ein Lächeln ab, bevor sie die Tür zaghaft schloss. Endlich hatte ich Platz für meine Gedanken, die wie Staudamm über mir zusammenbrachen. Eine Flut aus Emotionen erreichte mich und brachte mich ins Grübeln. Tief in meinem inneren hoffte ich darauf, dass diese Geschichte ein gutes Ende nehmen würde...

Aus dem Schatten der Einsamkeit mitten ins Herz Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt