Aufregung und Veränderung

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Genervt zog ich die Fenstertür des Balkons hinter mir zu und zündete mir eine Kippe an. Ich durfte die Nerven einfach nicht verlieren und versuchte mich zwangsweise zu beruhigen. Ich war zwar anpassungsfähig, aber selbst mir war das alles ein bisschen zu viel. Nach dem großen Knall mit Octavia, oder besser gesagt Oskar, ging alles drunter und drüber. Stella flippte aus, Oskar zog daraufhin komplett bei uns ein, Stolas war ein nervliches Wrack, meine beste Freundin tauchte wie aus dem Nichts wieder auf und erschreckte mich halb zu Tode, als sie mich urplötzlich über eine unbekannte Nummer anrief und so ganz nebenbei wollte Stolas eine Hochzeit planen. Mein Kopf war einfach nur restlos überfüllt und ich wusste überhaupt nicht mehr wo ich anfangen sollte alles zu sortieren. Selbst hier draußen konnte ich dieses grauenhafte Weibsbild zetern und schimpfen hören. Ich neigte meinen Kopf zur Seite und entdeckte Oskar, der offenbar ebenfalls versuchte vor der Situation im Untergeschoss zu flüchten. Ich näherte mich ihm, stellte mich einfach nur dazu und zog ein weiteres Mal an meiner Kippe. "Nichts gegen deine Mutter Herzchen, aber wenn sie sich weiter so im Ton vergreift, werde ich dazwischen funken... Hast du das all die Jahre alleine aushalten müssen?", fragte ich und lehnte mich über das Geländer. Er nickte und umklammerte sich selbst. Ich seufzte und schüttelte den Kopf. "Das wird schon wieder... Kopf hoch, Krone richten, weiter machen!" Im nächsten Moment hörten wir ein lautes Klirren, was mich innerlich zur Weißglut brachte. "Das reicht jetzt... Ich bin gleich wieder da Schätzchen und dann besprechen wir, was wir heute unternehmen, einverstanden?" Er nickte stumm und stand immer noch da, wie ein eingeschüchtertes Kücken. Die einzig gute Sache an dem ganzen Irrsinn war, dass ich endlich einen Draht zu diesem verschlossenen Teenager fand. Ich eilte die Treppen hinunter und riss die Tür zum Salon auf. "Für wen zum Teufel hältst du dich eigentlich, du geistig unbewaffnete, verbal inkompetente, bildungsresistente, kognitiv suboptimierte Nebenexistenz?!", schoss es aus mir heraus und stellte mich ihr direkt gegenüber. Stolas Blick sprach Bände, während Stella nur verärgert dastand und vermutlich nichts von dem verstand, was ich von mir gab. "Geh mir aus dem Weg! Ich bin hier noch nicht fertig!", antwortete sie bissig und schaute mich düster an. "Oh doch! Für heute bist du hier fertig! Mia?! Seien sie doch so freundlich und bringen sie den Müll raus... und zeigen sie doch unserem reizenden Gast den direkten Weg nach draußen.", sprach ich erhobenen Hauptes und blickte ihr standhaft entgegen. Ich schürte ihre Aggressionen und sah ihre Augen vor Wut lodern. "Das wird dir noch leid tun... Von mir aus behalte doch diesen erbärmlichen Mann, aber meine Tochter werde ich mir zurückholen und... ich finde sehr wohl von selbst nach draußen!", zischte sie und machte auf dem Absatz kehrt. Sowie die Tür zukrachte, verlor ich meine Anspannung und seufzte. "Das muss aufhören Stolas! Ich will diese Hexe hier nicht mehr sehen! Wenn ihr Dinge besprechen müsst, dann tut das irgendwo außerhalb dieser Mauern. Dann ist sie vielleicht mal gezwungen sich zu benehmen!", sagte ich gestresst und steckte mir die nächste Kippe an. Er trat mir gegenüber und nahm sie mir aus der Hand, um ebenfalls daran zu ziehen. "Vermutlich hast du Recht...", antwortete er und blies den Rauch langsam an mir vorbei. "Ich habe IMMER Recht.", sagte ich theatralisch und grinste verführerisch. Er lachte und fasste sich gleichzeitig an die Stirn. "Du solltest heute einfach mal nichts tun und dich entspannen... Ich werde mir den kleinen Ausreißer schnappen..." Er sah mich etwas skeptisch an und schien nicht sonderlich überzeugt zu sein. Doch schließlich gewann ich und überzeugte ihn. Ich sackte Oskar ein und hatte schon einen Plan. "Wo gehen wir hin?", fragte er apathisch und trottete neben mir her. "Was hältst du von einem kleinen Make – Over? Du fühlst dich doch nicht wohl in deiner Haut, oder?" Er sah mich mit großen Augen an und schien überrascht zu sein. "Naja, also nein, aber... ich glaube Mum hätte etwas dagegen..."

"Deine Mutter hat ja keine Ahnung, wie gut dir das steht! Außerdem ist es doch unwichtig, was sie oder andere Leute davon halten, solange du dich wohl fühlst. Außerdem weiß ich was gut aussieht und Schätzchen, du sahst fabelhaft aus!", hielt ich dagegen. Diese Bekloppte würde ihn nicht mehr manipulieren! Dafür würde ich sorgen! Ich konnte ihm ein kleines Lächeln abringen und überzeugte ihn schließlich. Auf dem Weg zur Einkaufspassage, erklärte ich ihm, dass Lou uns begleiten würde. Ich erkannte sie bereits von Weitem und lief ihr ungehalten in die Arme. "Lou! Es ist so schön dich wieder zu sehen! Wie geht es dir Süße? Gibt es etwas Neues?", brabbelte ich wild drauf los und bemerkte zunächst gar nicht, dass sie nicht allein war. Sie erwiderte meine feste Umarmung und quietschte schrill. "Ich bin auch froh! Mir geht es bestens, also... was steht an?" Erst nachdem wir uns beruhigt hatten, bemerkte ich, dass sie Angel Dust bei sich hatte. "Ähm... Lou? Warum..."
"Sorry, ich wollte dir das alles nicht am Telefon erklären...", sagte sie mit einem verspielten grinsen und schmiegte sich, nach einer fließenden Drehung, an ihn heran und ließ ihren Fuß nach oben flippen. "Ich konnte diesem kleinen Schmetterling einfach nicht widerstehen.", sagte Angel mit einem verführerischen Grinsen. "Das sind deine Freunde? Das ist doch..." Oskar hatte ich schon fast vergessen, so still wie er bis eben war. "Angel Dust! Live und in Farbe Schätzchen!", antwortete er und zwinkerte ihm zu. "Und du musst dann also das Bonuskind meiner besten Freundin sein! Ich bin Louane!" Oskar lief rot an und war wie versteinert. "Hey kleines Vögelchen! Jetzt entspann dich etwas! Ich beiße nicht... zumindest nicht außerhalb des Studios!", sagte Angel lässig und lachte. Lou stieß ihm in die Seite. Ich versuchte die Situation etwas aufzulockern und schlug vor, zunächst noch einen Kaffee zu trinken. Tatsächlich ging mein Plan auf und vor allem Oskar taute auf. "Und jetzt möchtest du also eine Typveränderung... Da bist du bei uns genau richtig, nicht wahr Lady's?", rief Angel enthusiastisch und grinste frech. Oskar nickte schüchtern und schlürfte den letzten Schluck aus seiner Tasse. Unsere erste Anlaufstelle war ein Friseur, der sich sofort der Sache annahm. "Was genau stellst du dir denn vor?", fragte der Friseurmeister und spielte mit seinen langen, glatten Haaren. "Keine Ahnung, Hauptsache ab..."
"EINFACH NUR AB?! Wir reden doch nicht von Unkraut und ich bin auch kein Gärtner! Deine Haare verleihen dir eine Persönlichkeit und Ausdruck! Sie sind ein Kunstwerk!", protestierte er mit voller Überzeugung. "Dann schneiden Sie sie so, wie seine!", antwortete er kurzum und deutete auf Angels Frisur. "Uhh, das kleine Vögelchen hat Geschmack!" Der Friseur schaute prüfend in den Spiegel und schien kurz zu überlegen. "Ja, das sollte was werden. Ich sehe es schon vor mir! Manifique!", antwortete er begeistert und zückte im nächsten Moment seine Schere. Schon kurze Zeit später, waren die Haare ab und hatten nun eine völlig neue Form. Der freche Schnitt stand ihm wirklich ausgesprochen gut und er schien sich auch viel wohler zu fühlen. Als nächstes besuchten wir einige Geschäfte, wo wir uns austobten. Ihn so ausgeglichen zu erleben, machte mich froh. Ich hatte wirklich das Gefühl, dass ihm unser kleiner Ausflug half sich selbst zu akzeptieren. Die letzten Tage war er wieder so verschlossen. Ich war mir sicher, dass er innerlich irgendwelche Kämpfe mit sich selbst ausfocht und selbst nicht wusste, ob er nun Fisch oder Fleisch war. Als er uns mitteilte, dass es sich für ihn besser anfühle ein Junge zu sein, konnten wir das gut hinnehmen, aber Stella hingegen... Sie ist regelrecht explodiert und hatte diese Nachricht gar nicht gut aufgenommen. Ich vermutete, dass er Angst vor mehr solcher negativen Reaktionen hatte. Außerdem hatte ich die Vermutung, dass er dieses Menschenmädchen vermisste. Ich hatte ihn dabei erwischt, wie er sich Zauberlektüre in sein Zimmer mitnahm. Vermutlich wollte er seine Fähigkeiten verbessern und war zu stolz, um seinen Vater zu fragen. Wobei ich wohl an seiner Stelle auch nicht gefragt hätte, bei dem Trubel, den er verursacht hatte. Ein Glück für ihn, dass er so eine kluge und aufmerksame Stiefmutter hatte! Ich würde mit Stolas reden und ihn überzeugen ihn zu unterrichten. Ich grinste in mich hinein und schaute mir ebenfalls etwas von der Stange an. "Ob mir sowas steht?", fragte ich leise und hielt ein schwarzes Lederkorsett in einer Armlänge von mir weg. "Also, wenn du mich fragst, kann man gar nicht genug Korsetts haben! Es ist alles nur eine Frage der Kombination Baby!", antwortete Angel überzeugend und grinste. Plötzlich kam Lou mit einem ebenso schwarzen Rüschenrock und Overknee's um die Ecke. "Zum Beispiel so!", rief sie und kicherte. "Lou... Sowas trage ich höchstens auf der Bühne und ich arbeite nicht mehr als Showgirl...", antwortete ich überfordert und spielte nervös mit meinen Haaren. "Dein Prinzchen würde diesen Fummel bestimmt äußerst anregend finden...", sagte Lou keck und lachte. "Wo du Recht hast...", gab ich zu und lachte ebenfalls. Unser kleiner Shoppingtrip endete mit 11 gut gefüllten Tüten, die wir mühselig nach Hause schleppten. Die letzten Meter, die ich allein mit Oskar verbrachte, wollte ich sinnvoll nutzen und begann eine Konversation. "Wie fühlst du dich jetzt eigentlich?", fragte ich neugierig. "Ehrlich gesagt, besser. Hätte nicht geglaubt, dass eine neue Frisur und Klamotten so viel ausmachen...", gab er verlegen zu und zuckte mit den Schultern. "Es macht viel mit einem, wenn man sich wohl fühlt, aber... eine Frage habe ich noch... Wie geht es dir nach dem Vorfall auf der Erde? Vermisst du sie?" Ich hoffte, dass ich ihn damit nicht überforderte, aber ich wollte wissen, wie er zu dem Thema stand. Er seufzte und verzog das Gesicht. "Vermissen ist gar kein Ausdruck dafür... Es fuckt mich so dermaßen ab. Ist es normal, dass man sich so lost fühlt? Ich meine, ich kenne sie doch kaum..." Überrascht sah ich zu ihm rüber, da ich nicht damit rechnete, dass er mit mir sprechen würde. "Ich habe mich damals auch so gefühlt, als ich auf deinen Vater getroffen bin... Ist vielleicht ein unglücklicher Vergleich, aber ich kann dich verstehen... Ich habe gesehen, wie sie etwas in dein Handy eingetippt hat... Hast du dich schon bei ihr gemeldet?", wollte ich wissen und versuchte schlau aus seiner Mimik und Gestik zu werden. "Nein... Ich kann sie doch sowieso nie wieder sehen... Dad war mehr als deutlich...und außerdem bin ich mir nicht einmal sicher, ob ich sie überhaupt kontaktieren kann. Wir nutzen doch verschiedene Netzwerke.", versuchte er sich herauszureden. "Dein Vater soll mal schön die Kirche im Dorf lassen. Es gibt bestimmt Wege... Du musst halt hart an dir arbeiten. Angefangen bei deiner Selbstbeherrschung und Zauberkunst..." Ich war gespannt, ob er zugeben würde, dass er schon längst damit beschäftigt war. "Ich versuche es ja... aber ich kann nichtmal Wasser zu Blut werden lassen... Es ist eine Katastrophe...", antwortete er niedergeschlagen. "Dann bitte deinen Dad um Hilfe. Ich glaube nicht, dass er dir dies abschlagen würde, aber wenn ich dir einen Rat geben darf... Melde dich bei ihr. Versuche es einfach und ansonsten sende ihr irgendein Lebenszeichen. Egal wie.", Sagte ich ernst. Er schwieg einen Moment und schien zu überlegen. "Aber was soll ich denn schreiben?", fragte er leise und starrte geradeaus. "Du solltest dich auf jeden Fall dafür entschuldigen, dass du dich nicht direkt gemeldet hast... Der Rest ergibt sich dann schon." Er nickte und wir liefen die Einfahrt hinauf. Als wir in den Palast eintraten, übergab ich Oskar seine restlichen Tüten, mit denen er auf direktem Wege in seinem Zimmer verschwand. Solange er sich da oben sortieren würde, könnte ich in Ruhe mit meinem Liebsten sprechen, dachte ich und fragte einen Dienstboten, wo er sich aufhielt. "Ihre dunkle Lordschaft entspannt sich aktuell am Pool. Kann ich sonst noch etwas für sie tun my Lady?"
"Nein, Danke. Sie haben mir sehr weitergeholfen.", antwortete ich höflich und kam sofort auf schlüpfrige Ideen. Ich grinste in mich hinein und machte mich unverzüglich auf den Weg. Die Poolanlage befand sich im Außenbereich des Südflügels und war um diese Tageszeit wunderschön. Ich konnte ihn bereits auf der Liege liegen sehen und schlüpfte, ohne darüber nachzudenken, aus meinen Klamotten, während ich leichtfüßig auf ihn zuging. In einer zügigen Bewegung setzte ich mich auf ihn und legte meine Arme um seinen Nacken. Überrascht schob er seine Sonnenbrille nach oben und umfasste anschließend meine Oberschenkel. "Vielleicht sollte ich öfter beim Pool auf dich warten...", flirtete er und musterte mich begierig. Ich grinste und küsste ihn leidenschaftlich. "Ich wollte eigentlich ein wenig schwimmen... begleitest du mich?", fragte ich verführerisch und fuhr mit meinen Händen über seinen Oberkörper. Seine Augen blitzten auf. "Mit dem größten Vergnügen...", raunte er und folgte mir ins kühle, glitzernde Wasser. Ich umklammerte ihn und sah ihm in die Augen. "Ich hoffe du konntest dich ausreichend erholen..."
"Oh Darling, du allein bist meine Erholung!", sagte er Lusterfüllt und biss mir daraufhin völlig unerwartet in meinen Hals. Ein Stöhnen entwich mir und ich spürte das intensive Pochen in meiner Vagina. Was tat er nur mit mir? Ich war wie gelähmt und spürte einen leichten Schmerz, der sich durch meine Schlagader zog. Gleichzeitig durchströmte mich aber ein so intensives Verlangen, wie ich es zuvor noch nie verspürte. Ich war ihm vollständig verfallen und konnte mich nicht wehren. Seine Zunge fuhr über das Mal, welches er mir verpasst hatte. Er küsste mich stürmisch und drückte mich gegen den Rand des Pools. Ein intensiver, süßlicher, metallischer Geschmack entfaltete sich, als unsere Zungen sich berührten. Blut. Im nächsten Moment drang er ohne Vorwarnung in mich ein und ließ mich vor Lust schreien. Das Wasser schwappte unsacht über den Beckenrand und passte sich seinen kontrollierten und beherrschenden Bewegungen an. Was war nur los mit ihm? So hatte ich ihn bisher noch nicht erlebt, aber um darüber nachzudenken, fehlte es mir an Konzentration. Ich befand mich in einem Rausch der Ekstase und konnte überhaupt nicht genug von ihm bekommen. Immer wieder versenkte er seine immense Größe in mir und ich spürte, dass sich etwas in mir aufbaute. "Ich will, dass du kommst! Schrei für mich Baby." Das Kribbeln wurde immer intensiver und es gab nichts, was ich dagegen hätte tun können. Nur wenige Sekunden später explodierte ich förmlich und die wellenartigen Bewegungen, die der anhaltende Orgasmus auslöste, stimulierten ihn. Er war rasend und stöhnte, als er schwallartig in mir ausbrach. Dabei hielt er mich verkrampft in seinen Armen und atmete schwer. Allmählich kam ich wieder zur Besinnung und reflektierte, was gerade passiert war. "Stolas? Ist alles in Ordnung? Du warst so... anders.", fragte ich leise und löste mich langsam. Er schaute mich an und schien wieder ganz der Alte zu sein. Sein besorgter Blick scannte mich eindringlich, so als würde er etwas suchen. "Stolas!", sprach ich ihn ein weiteres mal an, weil mir das langsam unheimlich wurde. Erst jetzt regierte er und schüttelte sich kurz. "Es tut mir leid Darling. Ich hatte mich nicht mehr im Griff... Geht es dir gut?" Perplex sah ich ihn an und war nun noch irritierter als vorher. "Du brauchst dir keine Sorgen um mich zu machen. Es geht mir gut... sehr gut sogar, aber... was war das gerade? So kenne ich dich gar nicht...", antwortete ich und suchte nach Antworten in seinen Augen. Er seufzte und stieg aus dem Wasser. "Vielleicht besprechen wir das lieber wo anders mon Cherie." Er reichte mir seine Hand und forderte mich damit auf, ebenfalls rauszukommen. Ich überlegte kurz, aber vermutlich, war dies wirklich nicht der richtige Ort, um ernste Themen zu besprechen. Außerdem wollte ich ja auch noch mit ihm, wegen der Sache mit Oskar, reden. "Liebster? Ich wollte dich eigentlich um etwas bitten.", begann ich, als wir auf dem Weg zur Bibliothek waren. Er schien überrascht zu sein und betrachtete mich von der Seite. "Alles, was du willst, mein Engel... das weißt du doch. Womit kann ich dich glücklich machen?"
"Naja, also eigentlich geht es gar nicht um mich... Es geht viel mehr darum, wie wir deinen Ableger glücklich machen können...", antwortete ich leise und schob mir eine noch nasse Haarsträhne hinter mein Ohr. Er sah mich verwundert an und musste dann schmunzeln. "Du bist wirklich unglaublich. Da denke ich doch tatsächlich, dass du endlich mal einen Wunsch hast, den ich dir erfüllen könnte und dann geht es gar nicht um dich, aber nun gut. Was genau schwebt dir denn vor?" Antwortete er belustigt. Was genau sollte ich mir schon wünschen? Ich hatte doch schon ihn und ich war glücklich, wenn es die Leute um mich herum waren. "Ich mache mir sorgen um Oskar... Ich glaube er ist verliebt und sehr unglücklich. Gibt es nicht eine Möglichkeit, dass er sie wiedersehen kann? Vielleicht kannst du ihm zeigen, wie er mit diesem Hokuspokus vernünftig umgeht." Wir betraten gerade die Bibliothek, als ich feststellte, wie sich sein Blick verfinsterte. "Das ist eine unglaublich dumme Idee Lilly. Ich kann dir sagen, dass das mit Liebe rein gar nichts zu tun hatte! Sie ist besessen von ihm und wenn sie sich wieder sehen, wird er sie verführen und töten! Das kann ich nicht erlauben! Er würde sie, wie ein Lamm zum Schlachter führen und das schlimmste daran ist, dass er sich der Gefahr nicht einmal bewusst wäre. Für ihn mag es sich ja anfühlen, wie die große Liebe, aber die bittere Realität ist, dass ihm seine Sinne einen Streich spielen.", erklärte er mit düsterer Miene. Ich war fassungslos über seine Worte und verstand die Welt nicht mehr. "Das ergibt doch keinen Sinn! Warum sollte er sie töten? Ist das nicht ein bisschen übertrieben?", fragte ich erschüttert. "Weil es unsere Natur ist, Menschen in die Verdammnis zu führen. Wir haben eine sehr intensive Wirkung auf diese Geschöpfe und vorallem die Willensschwachen sind diejenigen, die es trifft. Alles, was sie an ihm anziehend findet, ist eine Täuschung, um Opfer anzulocken. Würde sie sein wahres Wesen erkennen, würde sie vor Angst davonlaufen! Und er ist einfach zu jung und unerfahren, um zu jagen!"
"Um zu jagen? What the Fuck!?", fiel ich ihm erschrocken ins Wort. "Es ist nicht immer leicht ein Teil der Ars Goetia zu sein. Wir alle haben eine Bestimmung und Oskar wird an seinem 18. Geburtstag erfahren, was seine Aufgabe sein wird, aber ich befürchte, dass er zum Seelenjäger berufen wird. Die Wirkung, die er auf dieses Menschenmädchen hatte, war einfach viel zu extrem.", erklärte er aufgebracht und wirkte gestresst. Die Situation überforderte mich und brachte all meine Gedanken und Gefühle durcheinander. "Was soll das bedeuten? Was ist mit dir? Sind unsere Gefühle überhaupt echt, oder bin ich für dich auch nur ein Opfer?!", platzte es aus mir heraus. "Was? Natürlich sind meine Gefühle zu dir echt! Es ist wie ich sagte, ich bin ein Wächter! Außerdem warst du kein Mensch mehr, als wir uns kennenlernten.", protestierte er und riss mich ohne Skrupel an sich. "Ich weiß gerade überhaupt nicht mehr was ich denken oder glauben soll.", knurrte ich verbissen. Er sah mir intensiv in die Augen und streichelte über meine Wange. "Hör zu, ich versuche dir alles zu erklären, aber bitte Zweifel nicht an meiner Liebe zu dir! Du und Oskar seid mir das Wichtigste und Wertvollste in meinem Leben!" Ich atmete tief und versuchte mich zu beruhigen. Ich wollte ihm doch glauben, aber es war nicht gerade leicht so viele gruselige Informationen auf einmal zu verarbeiten. Ich nickte einfach nur und versuchte ihm schließlich einfach nur zuzuhören. Es war faszinierend und beängstigend zu gleich. Ich wusste nicht, dass sie solch eine Bürde trugen. Stolas hatte es ja fast noch gut getroffen, aber wenn Oskar wirklich ein Seelenjäger werden sollte, wäre dass eine Katastrophe. Wir waren tatsächlich beide der Meinung, dass er zu weich dafür war und auch wenn sich seine Natur durchsetzten würde, müsste er mental im Nachhinein damit fertig werden. "Es muss doch aber noch eine andere Variante geben! Kann er nicht einfach lernen damit umzugehen? Ich meine, im Grunde muss er es früher oder später, also warum nicht jetzt? Vielleicht bietet sie ihm ja einen guten Anreiz..." Ich konnte einfach nicht glauben, dass in Oskar ein solches Killerpotenzial schlummern könnte. "Lilly... sei doch vernünftig! Es ist ein sehr hartes Training... Was, wenn er wieder die Beherrschung verliert und ich nicht dabei bin? Dann bringt er sich selbst in Gefahr!", erklärte er besorgt und massierte sich die Schläfen. "Es muss doch einen Weg geben! Ich kann und ich will nicht daran glauben, dass etwas schiefgeht... Außerdem habe ich ihn dabei erwischt, wie er haufenweise Bücher in sein Zimmer geschleppt hat. Wenn du es ihm verbietest, wird er es möglicherweise ohne unser Einverständnis tun. Jetzt haben wir noch die Möglichkeit ein Unheil abzuwenden!", versuchte ich ihn zu überreden. Er seufzte und schaute mich gequält an. "Versteh doch... es ist zu... moment mal. Vielleicht kenne ich doch eine Möglichkeit. Das ist zwar mindestens genau so verrückt, aber..." Er lief hektisch zu einem der Bücherregale und suchte nach etwas bestimmten. "Da haben wir es ja!", rief er und hielt ein dunkelblaues Buch nach oben, welches verschiedene Sternenförmige Symbole auswies. Ich schaute ihn interessiert an und war neugierig. "Sagte dir der Begriff Traumwandern etwas?", fragte er schon fast mystisch und strich mit seiner Hand über den Einband. Ich schüttelte nur den Kopf und war ganz Ohr. Er grinste und schlug dann eine Seite auf, um mir eine Abbildung zu zeigen. "Beim Traumwandern ergreift ein Dämon Besitz vom Geist eines Menschen, während er schläft. Er würde quasi ihre Träume kontrollieren, er könnte sie sehen, mit ihr sprechen, man könnte es fast mit einem Videocall vergleichen. Das Risiko, dass er sie versehentlich umbringt ist wesentlich geringer und es sollte ihm etwas Zeit verschaffen. Außerdem ist es ganz simple Magie. Der Nachteil ist leider nur, dass sie vermutlich verrückt wird..." Ich sah mir die Skizze im Buch genauer an und war ein weiteres Mal schockiert. Das so etwas überhaupt möglich war fand ich einfach nur schaurig, aber wenn das die einzige Möglichkeit war, die er sah, sollte ich möglicherweise seinem Urteil vertrauen. "Das klingt absolut grauenhaft, aber wem du es für das Richtige hältst..."
Jetzt überleg doch mal! Im Traum kann er sie nicht ernsthaft verletzen und das verschafft uns Zeit. Er wird lernen sich zu beherrschen und nebenbei kann er seinen Gefühlen auf den Grund gehen. Dann kann er immer noch selbst entscheiden, was er tun will, aber ihn so blauäugig zu ihr zu schicken wäre einfach nicht klug. Er würde es nicht verstehen und sich ewig vorwürfe machen." Ich musste ja zugeben, dass er damit Recht hatte, aber wohl war mir trotzdem nicht bei der Sache. "Du solltest mit ihm sprechen und ihn vernünftig aufklären..." Er lächelte und schlug das Buch zu. "Ich bin schon unterwegs Darling!", antwortete er neckisch und gab mir noch einen Kuss auf die Stirn, bevor er sich unverzüglich auf den Weg machte. Ich atmete tief durch und musste den Wahnsinn erstmal verarbeiten. Das konnte ja alles noch heiter werden, dachte ich und versank in meinen Gedanken.

Aus dem Schatten der Einsamkeit mitten ins Herz Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt