Kapitel 7

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Eloise

Ich kann mich nur wage daran erinnern, wie mir mal Jemand sagte, dass alles, was im Leben passiert, nicht grundlos ist. Dass es immer einen bestimmten Grund gibt, warum das so sein soll und warum ich heute, vor drei Männern stehe, die mich herablassend ansehen und über mein Leben bestimmen.

Mein Körper gehorcht mir nicht, als ich bei dem Versuch mich zu beruhigen, kläglich scheitere. Unter seinen Griff schlottere ich unentwegt und halte meine Tränen zurück. Ich versuche die mutige zu spielen, in einen Raum voller arroganter Besserwisser, die denken sie können mich kontrollieren. Und gerade können sie es.

Frustriert beiße ich mir auf die Unterlippe und halte meinen Blick auf das Oberhaupt, auf dessen Lippen ein Spitzbübisches Lächeln liegt. Zwischen Zeige und Mittelfinger eine Zigarre geklemmt. Er lehnt sich lässig in seinem Lederartigen Chefsessel zurück und nimmt einen Zug.

Gleichzeitig fällt mein Blick auf Jaxon, der verschlossen seine Arme ineinander verschränkt hat und mürrisch dreinblickt. Sein einschüchternder Blick sorgt für einen unangenehmen Schauer.

Der breitere, der mich bis eben noch sanft die Treppen hinaufstiegen ließ und schließlich brutal in die Knie gezwungen hat, lehnt am Tisch. Eindringlich beobachtet er mich, als würde er aufspringen und mich strangulieren, sobald ich nur mit den Wimpern zucke.

Nun, im Licht des Raumes und nicht Unterdruck gesetzt, um einen sterbenden das Leben zu retten, kann ich sie genauer mustern und mir Auffälligkeiten merken, die mir vielleicht zugutekommen.

Jaxon ist schlank, scheint aber ein gut definierter Körper zu haben. Außerdem ist da seine Narbe, die sein junges Gesicht attraktiver wirken lässt. Seine Haltung sagt kaum etwas aus, außer, dass er mich nicht leiden kann. »Ich würde sie lieber anketten.«

»So dankst du mir also?«

Dann wäre da noch der Namenlose, dessen gebräunte Haut mit einzigartigen mustern verziert ist. Seine braunen Locken liegen wirr auf seinem Kopf und seine braun-grünen Iris strahlt Gefährlichkeit und Dominanz aus. Zudem mir ein Ring auf seinen Finger auffällt – ist er verlobt oder vielleicht sogar verheiratet? »Seid still, beide. Ihr benimmt euch wie zwei kleine Kinder, die sich um ein Spielzeug streiten.«

»Demitrio hat recht. Entweder du schweigst oder kannst gehen, Jaxon.« Anschließend ihr Vater, der nur den Raum betreten muss, damit alles stillsteht. Er glänzt in seinem blauen Anzug, mit den braun-grauen Strähnen, die ihm vom Gesicht hängen. Wenn er lächelt, dann bilden sich Lachfalten und ein tiefes Grübchen auf der linken Seite seiner Wange.

Jaxon schnauft bei der Anmerkung seines Vaters und klappt widerwillig seinen Mund zu. Besser so. »Nun denn... « Noch bevor der Mann seinen Satz zu Ende sprechen konnte, wird die Tür aufgebrochen und der mit der Schusswunde tritt ein. Hinter ihm eine Dame, die den Rollstuhl, in den er zwangsmäßig sitzt, hineinschiebt. Sein Gesichtsausdruck ist alles andere als glücklich und angenehm.

Sofort nimmt er mich ins Visier, straft mich mit seinem Blick und überlegt sich, wie er mich am besten tötet. Sein dunkles Haar klebt nach wie vor in seinem Gesicht, nass und frischgewaschen wie mir scheint. Erschöpfung ist in seiner Miene zu lesen, über den Augenringen und seinen flimmernden Lidern. »Was soll das, Pai?«, wendet er sich direkt an seinen Vater.

Wie ich bereits vermutet habe, ist das eine ganze Familie – verrückt!

»Du denkst, nur, weil mir diese Schlampe das Leben gerettet hat, dass ich sie direkt zur Frau nehmen soll?«

Bitte?

Meine Augen weiten sich und ich versuche zu verstehen, was er gerade gesagt hat. In meinem Kopf rattert es und obwohl ich mir im Klaren bin, was seine Worte bedeuten, will ich es nicht verstehen. Das ist doch ein Scherz?

Ich gehe alles durch, was ich getan habe; meine Entscheidungen, die ich getroffen habe. All meine Versäumnisse und Aufbringung, die mich dahin gebracht haben, wo ich hinwollte und letztendlich doch den falschen Weg eingeschlagen habe. Mein Herz schlägt ohrenbetäubend schnell und ich bekomme kaum mit, was sie Besprechen, denn alles dreht sich nur darum, dass ich ihn nicht heiraten darf. Mit Sicherheit werde ich kein Teil einer Familie, die böse Absichten hat und schon gar nicht heirate ich einen egozentrischen Mistkerl, der mich als eine Hure betitelt.

Wie sind sie überhaupt dazu gekommen mich mit so einem, wie ihn zu vermählen? Ich bin ein Niemand ohne Ansehen, Reichtum oder einer Familie mit Führungsqualitäten, und ich habe immer gedacht, dass solche Familien es nur auf jene Sachen abgesehen haben. Ehen, die nur durch zwei Parteien entstehen, mit demselben Ziel auf das eine – ihrer Machtstellung und der Staatsgewalt. Da braucht es mehr, als nur eine Kugel aus dem Körper eines Mannes, dessen Vater zu einer der womöglich gefährlichsten Gangs der Welt gehört zu entfernen.

»Sei still, Bursche!«, raunt sein Vater in einem tiefen, gefährlichen Ton. Mein Magen dreht sich und ich werde das dumpfe Gefühl nicht los, dass er sich bei seinen Entscheidungen nicht umstimmen lässt.

Das tiefe grün seiner Iris trifft auf meine, die vor Angst erzittern. Ich schlucke den Schmerz trocken herunter und recke nach wie vor mein Kinn. »Sie könnte sich als Hure verkaufen lassen.«

»Was!?«, fahre ich dazwischen. Entsetzt klappt meine Kinnlade nach unten und ich kann einfach nicht glauben, was der Scheißkerl von sich gibt. »Ich bin keine verdammte Schlampe, die sich wie ein Objekt herumreichen lässt!«

Mein Herz rast. Ich bin wütend und kann meine Gefühle kaum im Zaum halten, denn dieser Mann bringt alles durcheinander. Seine bloße Anwesenheit raubt mir den Atem und sorgt dafür, dass ich mich eingeengt fühle – unfähig etwas ausrichten zu können. Tief atme ich ein, wodurch mein Brustkorb sich sichtlich hebt. In dem dünnen Fetzen vom Hemd fühle ich mich nackt und dreckig.

»Dein Erscheinungsbild sagt da etwas ganz anderes, Hure

Zischend hole ich Luft und starre ihn finster an. »Schicker Rollstuhl. Mal mit Laufen probiert?«

Ich halte den Atem an, weil ich zu weit gegangen bin und die Luft plötzlich ganz dick und stickig geworden ist. Seine Augenbrauen tief in die Stirn gehoben, krampfen sich seine Hände an den Rädern des Rollstuhls. Seine Adern ragen hervor und er spannt seinen Unterkiefer an. Vielleicht ist das der Zeitpunkt, in den ich meine Beine in die Hände nehmen und rennen sollte.

Als er seinen Mund öffnet, um etwas zu sagen, dass mich moralisch auseinandernimmt, unterbricht ihn sein Vater, der ein Whiskeyglas zu Boden schmeißt. »RUHE!«

Einzelne Scherben des Glases liegen zersplittert auf den Boden und jeder, der sich hier befindet, einschließlich seiner Söhne, schnappt nach Luft. Ich sehe zur Bediensteten, deren Hände vor Angst zittern und ihre Augen geschockt geweitet sind. Zudem sie sich runtergebeugt hat, als das Glas zersprang.

»Entweder du heiratest meinen Sohn oder du arbeitest in einen unser Bordell«, brummt er. »Die Entscheidung liegt ganz bei dir.«

»Das kannst du nicht zu lassen!«, rechtfertigt sich der dunkelhaarige gereizt.

Die anderen beiden Söhne schweigen und beobachten das Geschehen im Schatten des Lichts. Ich werde das Gefühl nicht los, dass Demetrio mich mit seinem Blick nicht loslassen kann. Unverfroren und so scharf wie die Klinge eines Messers behält er mich in seinem Blickfeld und das macht mich unruhig.

»Ich bin das Oberhaupt dieser Familie und ich entscheide, was hier in diesem Haus passiert! Habe ich mich da klar ausgedrückt?«

Hell's heartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt