Kapitel 8

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Alessandro

Ich hätte mir nicht die Mühe machen und mich zischend aufrichten sollen. Der Schmerz hat sich durch meinen gesamten Körper geschlichen, während mich eine Bedienstete sauberwusch und einen Rollstuhl bereithielt, weil ich keinen Fuß nach den anderen setzen konnte. Zum ersten Mal bin ich wegen einer Schusswunde lahmgelegt und brauche zur Stütze einen verdammten Rollstuhl.

Auch wenn ich es nicht zugeben mag, hat die kleine gute Arbeit geleistet. Die Wunde ist gut desinfiziert und genäht worden. Außerdem liegt der Verband perfekt. Nichtsdestotrotz sind meine Laken mit Schweiß und Blut besudelt, weswegen ich mir für die nächsten Tage ein neues Zimmer nehmen muss. Denn meines muss neu eingerichtet und durchgelüftet werden.

Ich hätte mich gerne etwas länger ausgeruht, doch mein jüngerer Bruder unterbrach mich bei meinem Tun und berichtete mir von Vaters Plan. Somit blieb mir die Ruhe vergönnt, denn ich machte mich sofort auf den Weg zu Vaters Büro, wo die Blondine auf den Boden kniete, ihr Kinn reckte und zitterte. Sie scheiterte bei dem Versuch die Stärkere zu spielen.

»Nun, wie lautet deine Entscheidung?« Ihre nussbraunen Irden werden größer und ihre Gesichtszüge verändern sich schlagartig. Sie schaut mich an. Ihr Blick fast schon unschuldig, und vor angebahnter Wut sind die Wangen rot. Ich kann ihr Blick nicht richtig definieren, aber ehrlichgesagt interessiert es mich auch nicht.

Warnend heben sich meine Augenbrauen zu meinem Haaransatz, denn ich kann es nicht gebrauchen ein Weib wie sie an meiner Seite zu haben. Ich habe im Allgemeinen nicht vor mich zu verehelichen, selbst wenn mein Vater dieses Ziel anstrebt und es ihm am Ende egal ist, wen ich heirate. Doch er kann nicht zu lassen, dass eine Schlampe den Platz an meiner Seite annehmen soll.

Blondes Haar, das völlig zerzaust über ihre Schultern fließt. Ein seidendünnes Hemd, das gerade so ihr Körper bedeckt und dennoch ein Hauch von nichts. Ihre Zunge streift ihre vollen, spröden Lippen, die zu einer Linie geformt sind, während ihr Blick eine Weile auf mir verweilt und dann zu meinem Vater gleitet.

Triff keine falschen Entscheidungen.

Wenn nötig, mache ich dir das Leben zur Hölle, ganz gleich, ob du meins gerettet hast.

Ich schweige, denn mein Vater hat uns ausdrücklich klargemacht uns nicht einzumischen und so lange er das Sagen hat, haben wir die Klappe zu halten. Er mag zwar nicht mehr so viel, wie vor einigen Jahren in Geschäften verwickelt sein, aber strahlt immer noch solch eine Machenschaft aus, dass selbst uns bange wird.

Meine Hände bilden eine Faust, als sich ihre Lippen öffnen und dann die Erleichterung. »Ich werde niemals ein Teil eurer Verbrecherbande.«

»Das Urteil wäre gesprochen. Ich habe da noch ein hübsches Plätzchen in-« Erneut schweige ich, als mein Vater seine Hand hebt und mich unterbricht. Er geht zu ihr hinüber, legt seine Finger unter ihr Kinn und hebt es an. Dann flüstert er etwas in ihr Ohr, als er sich zu ihr hinuntergebeugt hat und sie wird bleich.

Ich runzle meine Stirn, sehe zu Demetrio und hebe fragend meine Augenbrauen. Jedoch zuckt mein Bruder unwissend mit seinen Schultern und beobachtet, wie unser Vater zurücktritt. Ein höhnisches Grinsen umspielt seine Lippen, bevor ihm ein raues Lachen entflieht. Die Blondine beißt sich auf die Unterlippe und schaut verunsichert auf den Boden, dann nickt sie. »Okay. Ich ... werde ihn heiraten«, bringt sie es kraftlos über die Lippen.

Entsetzen macht sich in mir breit. Ich fasse mir ein die Seite und ächze schmerzerfüllt, als ich versuche mich aufzurichten, aber kläglich scheitere. Zorn brodelt in mir auf und meine Muskeln spannen. »Was soll das?«

»Ich bin es leid, dass du ständig mit einem Weib auftauchst, die nicht deine Frau ist oder wird! Du musst langsam lernen standhaft zu werden, Alessandro.«

Ein Schauer kriecht über meine Wirbelsäule. Mein Magen dreht sich und meine Sicht wird von einem Netz benebelt. Ich bin rasend vor Wut und dass ist einzig und allein die Schuld der Blondine. »Und du denkst, die nächstbeste Hure ist perfekt für den Job?«

»Wäre dir Juli lieber?«, fragt mein Vater und zieht an seiner Zigarre, die er zuvor beiseitelegen hat. Der Qualm steigt empor und benebelt die Luft. Als er sieht, wie ich das Gesicht angestrengt verziehe und meine Finger in mein Fleisch bohre, nickt er wissend. »Habe ich mir schon gedacht.«

»Da das nun geklärt ist, werde ich eine Angestellte bitten ein Raum für euch zurechtzulegen, da deins, wie mir zu Ohren gekommen ist versifft aussieht«, spricht mein Vater sein Machtwort. Damit ist er nicht mehr umzustimmen. Aber wenn er denkt, dass ich nett zu ihr sein und sie lieben werde, ist er an der falschen Person geraten und das weiß er.

Ich hebe meine Hand und gestikuliere damit, dass mich die Bedienstete wegbringen soll. Im Moment sehe ich rot und will einfach nur weit weg von hier – von ihr.

»Vergiss deine Verlobte nicht.«

Mein Kiefer versteift und ich blicke über meine Schulter, während er ungehemmt auf das Weib deutet. Mittlerweile hat sie sich wieder aufgerappelt, reibt sich ihre Handgelenke und wirkt verloren. Ich will widersprechen, protestieren und sie am liebsten aus dem Haus schmeißen. Dabei weiß ich selbst, dass wenn ich das Thema erneut aufgreife, ich mit einer Wand spreche. Also bleibe ich still und lasse mich hinausführen.

Es ärgert mich, dass Vater der Einzige ist, den ich nicht widersprechen kann und ich immer wieder ein Gespräch gegen ihn verliere. Seufzend reibe ich mir meinen Nasenrücken und schiele zu der blondhaarigen, die uns schweigend hinterher tapst. »Du solltest dir etwas Vernünftiges anziehen ... und du musst dringend duschen. Dich riecht man noch bis nach Lissabon.«

Ihr Blick schnellt zu mir, aber sie verteidigt sich nicht. »Was?« Belustigt schnaufe ich. »Hat es dir die Sprach verschlagen?«

Ein breites Lächeln bildet sich auf ihren Lippen, was mich irritiert. »Nein. Ich habe gerade nur daran gedacht, wie ich dich schlage.«

»Wie gut, dass ich meine Waffe nicht dabeihabe. Ansonsten hätte ich dir jetzt eine Kugel verpasst.«

Sie japst nach Luft, weswegen ich mich beruhigt zurücklehne. Ich habe die Reaktion bekommen, die ich erwartet habe und das stellt mich gewissermaßen zufrieden.

Bis wir in einen der neu eingerichteten Räume angekommen sind, war es still. Im Raum gebe ich der Bediensteten den Auftrag meiner Verlobten Kleidung zu bringen, die ihr einigermaßen passen sollte. Wenn nötig, soll sie einfach Kleidung von meiner Schwester nehmen – sie und die anderen sind heute sowieso nicht im Haus und haben keine Ahnung, was abgeht.

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Das erste Kapitel aus seiner Sicht. 🔥
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Hell's heartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt