Kapitel 24

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Es war kurz nach vier Uhr morgens, als ich endlich den Kiosk abschloss und die Lichter ausmachte. Die Straßen waren still, nur ab und zu fuhr ein einsames Auto vorbei. Die Kälte der Nacht hatte sich durch meine Jacke gekrochen, und ich war müde, so müde, dass jeder Schritt sich schwer anfühlte. Mein Kopf dröhnte immer noch von dem Restalkohol und den Gedanken, die mir seit dem gestrigen Abend nicht mehr aus dem Kopf gingen.

Als ich die Tür hinter mir zuzog und den Schlüssel im Schloss umdrehte, hörte ich plötzlich eine vertraute Stimme. „Hey, Jimin."

Ich zuckte zusammen und drehte mich schnell um. Da stand Yoongi, mit einer Tüte in der Hand und einem gelassenen Lächeln auf dem Gesicht, als wäre es das Normalste auf der Welt, um diese Uhrzeit vor dem Kiosk zu stehen. Sein Blick war ruhig und unaufdringlich, und ich konnte nicht anders, als ihn für einen Moment einfach nur anzustarren.

„Yoongi? Was machst du hier?" Meine Stimme klang heiser und brüchig.

Er zuckte mit den Schultern und grinste. „Ich dachte, ich hole dich ab. Außerdem..." Er hielt die Tüte hoch und öffnete sie ein Stück, damit ich einen Blick hineinwerfen konnte. „...ich hab Haarfarbe dabei. Meine Eltern sind nicht da, wie wäre es, wenn wir deine Haare färben?"

Ich blinzelte und sah ihn an, als hätte er den Verstand verloren. „Was? Jetzt? Yoongi, es ist vier Uhr morgens..."

„Na und?", unterbrach er mich mit einem breiten Grinsen. „Es ist die perfekte Zeit für eine Veränderung, findest du nicht?"

Ich starrte ihn weiterhin verwirrt an, unfähig, seine plötzliche Begeisterung zu verstehen. Es war, als würde er so tun, als wäre nichts passiert, als wäre der Kuss von letzter Nacht nur eine weitere Anekdote in unserer Freundschaft, die man schnell vergessen konnte. Und vielleicht war das seine Art, damit umzugehen, die Realität zu ignorieren, bis sie nicht mehr existierte.

Ein Teil von mir wollte ihn zur Rede stellen, ihn fragen, was das alles sollte und warum er jetzt hier war. Aber ein anderer Teil, der müde und überfordert war, wollte einfach nur mitmachen. Vielleicht, dachte ich, während ich tief durchatmete, würde diese Ablenkung mir helfen, meine Gedanken zu ordnen.

„Okay", sagte ich schließlich, mehr zu mir selbst als zu ihm. „Okay, warum nicht?"

Yoongis Lächeln wurde noch breiter, und ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und ging in Richtung seiner Wohnung. Ich folgte ihm, immer noch verwirrt und unsicher, was das alles bedeutete. Die Straßen waren leer, nur wir beide liefen nebeneinander her, und es fühlte sich seltsam vertraut an, fast wie eine Wiederholung von all den Nächten zuvor, als wir einfach nur zusammen waren, ohne dass etwas Kompliziertes zwischen uns stand.

Als wir bei Yoongi ankamen, ließ er mich zuerst eintreten und schloss die Tür hinter uns. Die Stille seiner Wohnung war beruhigend und ich setzte mich auf den Rand des Sofas, während er die Tüte mit der Haarfarbe auf den Tisch stellte und begann, alles Nötige herauszuholen.

„Welche Farbe hast du überhaupt mitgebracht?" fragte ich, um das Schweigen zu brechen.

„Überraschung", antwortete er und versteckte die Packung leicht vor mir. „Vertrau mir es wird dir stehen."

Ich nickte langsam, meine Gedanken immer noch ein wenig benommen. Das war eine drastische Veränderung, aber vielleicht war genau das, was ich brauchte. Eine Möglichkeit, das Chaos in meinem Kopf zu beruhigen, indem ich einfach etwas anderes tat, etwas Unerwartetes.


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