Morgengrauen und neue Melodien

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Die ersten Sonnenstrahlen fielen durch die Vorhänge und tanzten auf den Holzdielen meines Zimmers. Ich blinzelte verschlafen und spürte, wie das fremde Bett sich unter mir noch ungewohnt anfühlte. Das Aufwachen in einem anderen Land brachte eine merkwürdige Mischung aus Unruhe und Aufregung mit sich. Der gestrige Abend kam mir in den Sinn, die Momente der Unsicherheit, die erdrückenden Gedanken und das Gefühl, nicht dazu zu gehören. Doch mit dem neuen Tag keimte in mir eine leise Hoffnung, dass sich vielleicht etwas ändern könnte.

Langsam zog ich mich an und machte mich auf den Weg in die Küche, in der Hoffnung, sie noch leer vorzufinden. Doch als ich die Tür öffnete, sah ich Lena, die bereits fröhlich lächelnd am Frühstückstisch saß. „Guten Morgen, Valli!", rief sie mir entgegen und schenkte mir ein strahlendes Lächeln. „Komm, setz dich! Der Kaffee ist frisch und das Frühstück wartet nur auf dich."

„Guten Morgen", murmelte ich leise und setzte mich zu ihr. Ich griff nach einer Tasse und schenkte mir Kaffee ein. Die Wärme des Getränks tat mir gut und half mir, den Schlaf aus den Augen zu vertreiben. Doch die Ruhe, die ich mir erhofft hatte, währte nur kurz.

„Du bist gestern ziemlich früh abgehauen. War alles okay?" Lenas Stimme klang besorgt, und ich spürte, wie meine Kehle trocken wurde. Was sollte ich sagen? Die Wahrheit? Nein, das wäre zu viel. „Ja, ich war einfach müde. Die Reise hat mich doch mehr mitgenommen, als ich gedacht hatte." Meine Stimme klang ruhig, aber innerlich kämpfte ich mit den Worten.

Lena musterte mich einen Moment, als könnte sie meine Ausflucht durchschauen, doch dann nickte sie und lächelte wieder. „Verständlich. Es war auch ein langer Tag." Erleichtert, dass sie nicht weiter nachfragte, entspannte ich mich ein wenig und konzentrierte mich auf mein Frühstück.

Nach und nach kamen die anderen Künstler dazu, und der Raum füllte sich mit Gesprächen und Gelächter. Ich lauschte den Stimmen um mich herum, mischte mich nur selten ein, aber das war okay. In dieser stillen Beobachterrolle fühlte ich mich sicherer.

Der Vormittag war für die Proben reserviert, also machte ich mich auf den Weg in einen der Musikräume der Villa. Die Entscheidung, „Blurry Eyes" von Michael Patrick Kelly auszuwählen, hatte mich lange beschäftigt. Das Lied war wunderschön, emotional, und ich wollte es auf meine Weise interpretieren. Eine Akustikversion mit dem Piano schwebte mir vor, aber die Umsetzung machte mir Sorgen.

Der Raum, den ich betrat, war groß und lichtdurchflutet, ein Flügel stand majestätisch in der Mitte. Ich setzte mich an die Tasten, legte meine Finger darauf und schloss die Augen. Die Melodie formte sich in meinem Kopf, aber je mehr ich spielte, desto unsicherer wurde ich. Die Akkorde klangen falsch, die Übergänge holperten, und das Gefühl, das ich vermitteln wollte, schien verloren zu gehen.

Frustriert schlug ich die Hände vors Gesicht und atmete tief durch. „Warum klappt das nicht?", fragte ich mich leise. Die Zweifel, die mich schon so lange begleiteten, nagten wieder an mir. Aber ich wusste, dass Aufgeben keine Option war. Also sammelte ich mich, setzte mich erneut an das Piano und begann wieder zu spielen. Diesmal ließ ich mir mehr Zeit, suchte nach den richtigen Tönen, den passenden Nuancen. Stück für Stück fügte sich die Melodie zusammen, und langsam entstand meine eigene Version von „Blurry Eyes", sanft und doch kraftvoll, voller Emotionen, die ich in die Musik legte.

Stunden vergingen, während ich mich in den Klängen verlor. Mit jeder Wiederholung wuchs mein Vertrauen in das, was ich schuf. Schließlich hatte ich das Gefühl, etwas Besonderes geschaffen zu haben – eine Interpretation, die meine eigene Geschichte erzählte.

Erschöpft, aber zufrieden, verließ ich den Musikraum und wollte mich, wie gewohnt, in mein Zimmer zurückziehen. Doch auf dem Weg dorthin stieß ich erneut auf Lena, die mir mit einem verschmitzten Lächeln entgegenkam.

„Na, was hast du jetzt vor?", fragte sie, und ich konnte den kecken Unterton in ihrer Stimme nicht überhören.

„Ich dachte, ich ruhe mich ein wenig aus", antwortete ich ausweichend, in der Hoffnung, dass Lena mich gehen lassen würde. Doch sie ließ nicht locker.

„Ruhe schön und gut, aber wie wäre es, wenn wir zusammen kochen? Das ist eine gute Möglichkeit, den Kopf freizubekommen, und wir könnten was Leckeres für alle zaubern." Ich zögerte, doch Lenas fröhliche Energie war ansteckend. Schließlich gab ich nach und lächelte leicht. „Okay, warum nicht."

In der Küche fühlte ich mich schnell wohler. Die einfachen, vertrauten Handgriffe beim Kochen halfen mir, mich zu entspannen. Lena übernahm die Rolle der Küchenchefin, gab Anweisungen und witzelte, während wir gemeinsam Gemüse schnitten, Pasta kochten und Soßen zubereiteten. Die Leichtigkeit der Situation ließ mich meine Sorgen für eine Weile vergessen, und ich erwischte mich dabei, wie ich lachte und Lenas Scherze erwiderte.

„Wenn wir mit der Musik nichts mehr anfangen können, eröffnen wir einfach ein Restaurant", schlug Lena lachend vor, als wir die fertigen Gerichte auf große Servierplatten verteilten.

„Ja, mit dir als Küchenchefin und mir als stiller Partnerin", witzelte ich zurück und bemerkte, wie gut es sich anfühlte, so locker zu sein.

Beim Abendessen wurde unser Essen begeistert aufgenommen. Die Teller wurden schnell geleert, und die anderen überhäuften uns mit Komplimenten. „Das ist wirklich fantastisch, ihr beiden", lobte Yvonne, während sie sich noch eine Portion auf den Teller lud. Auch die anderen stimmten ihr zu, und ich konnte nicht verhindern, dass meine Wangen vor Freude und Verlegenheit leicht erröteten. Stefanie, die neben mir saß, sah mich mit einem anerkennenden Lächeln an und zwinkerte mir zu.

„Du hast eindeutig mehr Talente, als du zugibst, Valli." Ich lächelte schüchtern zurück, das Gefühl von Stolz mischte sich mit einer leichten Nervosität. Ich bemerkte, wie Stefanie mich im Laufe des Abends immer wieder ansah, und jedes Mal spürte ich, wie mein Herz einen kleinen Sprung machte. Meine Wangen glühten, und ich hoffte, dass niemand meine Verlegenheit bemerkte.

Als das Abendessen vorbei war und die Gruppe sich allmählich auflöste, entschuldigte ich mich und zog mich wieder in mein Zimmer zurück. Doch anstatt mich zu entspannen, kreisten meine Gedanken um die Ereignisse des Tages. Immer wieder gingen mir die Gespräche durch den Kopf, und ich fragte mich, ob ich etwas Falsches gesagt oder getan hatte. Hatte ich mich zu sehr geöffnet? War ich vielleicht zu ungezwungen gewesen?

Die Unsicherheiten nagten an mir, und ich spürte die altbekannte Unruhe zurückkehren. Ich beschloss, eine heiße Dusche zu nehmen, in der Hoffnung, dass das warme Wasser meine Gedanken beruhigen würde. Doch selbst danach, als ich mich ins Bett legte, fand ich keinen Schlaf. Die Ereignisse des Tages, die Nähe zu Lena und Stefanie, die Zweifel und die flüchtigen Momente des Glücks – all das hielt mich wach.

Ich wälzte mich in den Laken, meine Gedanken wirbelten umher, bis ich schließlich in den frühen Morgenstunden in einen unruhigen Schlaf fiel, der von Träumen durchzogen war, die ich nicht verstand. Aber tief in meinem Herzen wusste ich, dass etwas in Bewegung geraten war – etwas, das ich weder kontrollieren noch zurückhalten konnte.

𝘚𝘵𝘳𝘰𝘯𝘨𝘦𝘳 𝘸𝘪𝘵𝘩 𝘺𝘰𝘶 - 𝘚𝘵𝘦𝘧𝘧 𝘍𝘢𝘯𝘧𝘪𝘤𝘵𝘪𝘰𝘯Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt