11 - Schritt für Schritt

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Nach dem Training zog Ayame sich zurück und setzte sich abseits des Trainingsplatzes auf eine Bank. Der große Baum, der über ihr thronte, spendete angenehmen Schatten, während sie die Kühle des späten Nachmittags in sich aufnahm. Die Blätter raschelten leise im Wind, und das sanfte Rauschen beruhigte ihre angespannten Nerven. Ihre Hände lagen locker in ihrem Schoß gefaltet, doch ihre Gedanken wirbelten wie unstete Blätter in ihrem Kopf, schwer zu greifen und noch schwerer zu ordnen. Ihr Blick wanderte in die Ferne, wo die Sonne langsam begann, hinter den Wolken zu verschwinden. Der Himmel, der sich in sanftes Orange und tiefes Rosa tauchte, reflektierte die Ruhe des Abends, die im Kontrast zu dem Chaos in Ayames Innerem stand.

„Schritt für Schritt," flüsterte sie leise vor sich hin. Die Worte hatten ihr vor wenigen Stunden noch Zuversicht gegeben, als Naoki sie ausgesprochen hatte, doch jetzt fühlte sich die Leichtigkeit verflogen an. Unsicherheit nagte an ihrem Selbstbewusstsein. Hatte sie wirklich Fortschritte gemacht? Oder war es nur eine Frage der Zeit, bis sie ihre Grenzen überschreiten würde? Der Gedanke, zu versagen, lastete schwer auf ihr. Sie spürte, wie die Erschöpfung sich nicht nur über ihren Körper legte, sondern auch ihren Geist langsam einhüllte.

In der Nähe schlenderte Suguru über den Campus, sein Gang war wie immer entspannt, beinahe gemächlich, als hätte er alle Zeit der Welt. Er hatte kein bestimmtes Ziel, als seine Augen auf Ayame fielen, die auf einer Bank saß, allein und in Gedanken versunken. Ihr stiller, nachdenklicher Ausdruck und das leise Seufzen, das er aus der Entfernung hörte, ließen ihn innehalten. Einen Moment lang beobachtete er sie, ihre Haltung verriet mehr, als sie vielleicht beabsichtigte. Es war die Haltung einer jungen Frau, die gerade gegen Unsicherheiten kämpfte, die sie vielleicht nicht laut auszusprechen wagte.

Mit ruhigen, fast lautlosen Schritten näherte Suguru sich ihr, ohne sie zu unterbrechen. Ayame bemerkte ihn erst, als er neben ihr Platz nahm. Ihr Kopf drehte sich zur Seite, ihre Augen weiteten sich leicht vor Überraschung, als sie erkannte, wer sich zu ihr gesetzt hatte.

Suguru setzte sich ruhig neben sie, ohne jede Eile. Er lehnte sich leicht zurück, als wolle er den Moment genauso genießen wie sie. Es war keine bedrängende Nähe, sondern eine, die Raum ließ, die eine gewisse Gelassenheit und Ruhe ausstrahlte. Ayame spürte trotzdem, wie ihre Hände sich unbewusst in ihrem Schoß verkrampften. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass ausgerechnet Suguru, den sie kaum kannte, sich zu ihr setzen würde. Die plötzliche Nähe ließ ihre Gedanken erneut durcheinanderwirbeln, und sie wusste nicht, was sie sagen sollte.

Eine Weile herrschte eine angenehme Stille zwischen ihnen. Das sanfte Rauschen der Blätter und das entfernte Zwitschern der Vögel füllten den Raum, den ihre Worte nicht füllten. Ayame spürte das Gewicht von Sugurus Anwesenheit, doch es war kein erdrückendes Gewicht. Es war beruhigend, fast einladend, doch sie zögerte, den ersten Schritt zu machen. Vielleicht war es auch nicht nötig, vielleicht reichte es aus, einfach in dieser ruhigen Atmosphäre zu sitzen. Doch Suguru, immer aufmerksam und einfühlsam, brach schließlich die Stille mit einer Frage, die weder drängend noch fordernd klang.

„Schwerer Tag, hm?" Seine Stimme war leise, fast so, als wolle er das Gleichgewicht dieses friedlichen Moments nicht stören. Es lag weder Urteil noch Erwartung in seinen Worten – nur eine sanfte Einladung, das Gespräch zu beginnen, wenn sie es wollte. Seine freundliche Art nahm ihr ein wenig von der Anspannung, die sie zuvor gefühlt hatte.

Ayame zögerte kurz, unsicher, ob sie ihm antworten sollte. Ihre Gedanken waren noch immer ein Chaos, und sie wusste nicht, ob sie ihm ihre Zweifel offenbaren sollte. Doch irgendetwas in seiner ruhigen, unaufdringlichen Präsenz ließ sie spüren, dass er keinen Druck auf sie ausübte. Schließlich atmete sie tief durch und nickte leicht. „Ja... irgendwie schon," murmelte sie, ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern. Sie fühlte, wie das Aussprechen dieser einfachen Worte etwas von der Last löste, die sie bedrückte.

Fluch der Vergangenheit [JJK FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt