Nachdem der Fluch beseitigt war und die angespannte Stille zwischen Naoki und Satoru sich langsam aufgelöst hatte, machten sich die drei auf den Rückweg zur Jujutsu High. Die Dämmerung war inzwischen hereingebrochen, und das Licht der sinkenden Sonne ließ die Bäume in ein warmes, aber melancholisches Gold tauchen. Abgesehen vom gelegentlichen Rascheln des Grases unter ihren Füßen und dem sanften Rauschen des Windes in den Ästen herrschte eine beinahe bedrückende Stille. Ayame, die noch immer den Knoten der Enttäuschung in ihrer Brust spürte, sagte nichts. Ihre Gedanken wirbelten umher wie Herbstblätter im Wind, unfähig, einen klaren Halt zu finden. Der Bogen in ihrer Hand fühlte sich schwerer an als sonst, als würde er das Gewicht ihrer Versäumnisse tragen.
Naoki ging ruhig neben ihr her, seine Arme waren wie gewohnt vor seiner Brust verschränkt. Doch Ayame spürte, dass er, ähnlich wie sie, von den Ereignissen des Tages bewegt war. Die Spannung, die nach dem kurzen verbalen Schlagabtausch mit Satoru in der Luft gehangen hatte, lastete noch immer auf ihm. Auch wenn er nach außen hin ruhig wirkte, konnte Ayame erkennen, dass Satorus Worte tiefer gesessen hatten, als er zugeben wollte. Naoki war selten frustriert, doch heute war etwas anders gewesen. Etwas an Satorus Haltung hatte in ihm einen Nerv getroffen.
Satoru hingegen schlenderte hinter ihnen her, als ob nichts von Bedeutung geschehen wäre. Seine Sonnenbrille verdeckte seine Augen, und auf seinem Gesicht lag der übliche überhebliche Ausdruck, als wäre der Tag für ihn nicht mehr als eine leichte Abwechslung gewesen. In seinen Bewegungen lag eine Art müheloser Gelassenheit, die in dieser angespannten Situation fast schon irritierend wirkte. Ayame fragte sich, ob ihn überhaupt irgendetwas ernsthaft beschäftigte, oder ob alles für ihn nur ein Spiel war – eine Bühne, auf der er sich selbst als unbesiegbar inszenierte.
Nach einer Weile durchbrach Naoki die Stille. „Also", begann er schließlich, seine Stimme ruhig, aber mit einem Hauch von Sarkasmus. „Wie berichten wir Yaga von dieser... ‚Mission'?" Er legte eine besondere Betonung auf das Wort „Mission", und Ayame spürte den unterschwelligen Frust, der in seiner Frage mitschwang. „Sollen wir ihm einfach sagen, dass Satoru das Ganze für uns erledigt hat?"
Satoru grinste nur leicht und hob eine Augenbraue, als ob ihn die Bemerkung amüsierte. „Erklären?" Er ließ das Wort spielerisch in der Luft hängen, bevor er gleichgültig mit den Schultern zuckte. „Sag ihm, was du willst. Am Ende zählt nur das Ergebnis, oder? Und das Ergebnis ist, dass keiner von euch in Stücke gerissen wurde."
Naoki schüttelte leicht den Kopf, ein Zeichen seiner Frustration, doch er sagte nichts weiter. Ayame spürte die gleiche Enttäuschung in sich aufsteigen. Die Mission war ihre Chance gewesen, sich zu beweisen, zu zeigen, dass sie bereit war, mehr Verantwortung zu tragen. Stattdessen war sie nur eine weitere Erinnerung daran, wie weit sie noch davon entfernt war, ernst genommen zu werden – von Satoru, von Yaga und vielleicht auch von sich selbst.
Der Weg zur Schule schien unendlich lang, und jeder Schritt brachte Ayame ihrer unausweichlichen Konfrontation mit Yaga näher. Sie spürte die drückende Last der bevorstehenden Unterhaltung wie ein Gewicht auf ihren Schultern. Als sie schließlich das vertraute Gelände der Jujutsu High erreichten, atmete sie tief durch. Die vertrauten Gebäude und der friedliche Hof vermittelten ihr einen Hauch von Sicherheit, doch sie wusste, dass die wahre Prüfung noch bevorstand.
Das Schulgebäude wirkte im schwächer werdenden Licht fast erdrückend, als sie die Stufen zu Yagas Büro hinaufgingen. Vor der massiven Holztür angekommen, hielt Ayame einen Moment inne, ihre Hand zitterte leicht, bevor Naoki schließlich entschlossen anklopfte. Die Pause war nur kurz, doch für Ayame schien sie sich wie eine Ewigkeit hinzuziehen, bis Yagas tiefe, autoritäre Stimme von drinnen ertönte: „Herein."
Langsam öffneten sie die Tür und traten in den Raum. Yaga saß wie immer hinter seinem großen, schweren Schreibtisch, ein Stapel Papiere lag vor ihm, doch er blickte sofort auf, als sie den Raum betraten. Seine scharfen Augen wanderten von Satoru zu Naoki und schließlich zu Ayame. Für einen Moment herrschte angespannte Stille, während sie darauf warteten, dass er das Wort ergriff. „Bericht", forderte er schließlich knapp, seine Stimme ruhig, aber mit einem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete.
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Fluch der Vergangenheit [JJK FF]
FanfictionAyame Fujimoto, eine junge Jujuzistin in Ausbildung, kämpft nicht nur gegen gefährliche Flüche, sondern auch gegen die dunklen Geheimnisse ihrer eigenen Familie. An der Seite von Satoru Gojo, einem überragenden Talent mit einer mysteriösen Aura, mus...