27 - Einsame Tränen

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Ayame folgte ihrem Vater schweigend durch das große Tor der Schule, die Welt um sie herum schien sich in einer merkwürdigen, gedämpften Stille zu befinden. Jeder Schritt, den sie tat, fühlte sich schwer und mechanisch an, als ob sie kaum die Kraft hätte, ihre Füße zu heben. Der Schmerz des Verlustes lastete wie ein unsichtbares Gewicht auf ihren Schultern, doch noch schwerer war der Druck, vor ihrem Vater keine Schwäche zu zeigen. Er verlangte Stärke, auch jetzt, wo ihre Welt aus den Fugen geraten war.

Vor der Schule stand der schwarze Wagen des Clans, ein Symbol der Autorität und des Reichtums, das sich in diesem Moment jedoch fast bedrohlich anfühlte. Der Chauffeur, in seine makellose Uniform gekleidet, trat wortlos zur Seite und öffnete die hintere Tür des Wagens. Ayame stieg langsam ein, gefolgt von ihrem Vater, der sich mit seiner gewohnten, steifen Haltung neben sie setzte.

Als die Tür leise ins Schloss fiel und der Wagen sich in Bewegung setzte, wurde die Stille im Inneren fast unerträglich. Das leise Summen des Motors schien wie das einzige Geräusch in einer Welt, die ihre Farbe verloren hatte. Ayame saß mit aufrechtem Rücken, ihre Hände fest ineinander verschränkt auf ihrem Schoß. Ihr Blick glitt über die vorbeiziehenden Straßen, doch nichts drang wirklich zu ihr durch. Es war, als wäre ihr Geist von einem dumpfen Nebel umhüllt, der jeden klaren Gedanken verhinderte.

Die Stille im Wagen war erdrückend. Ayame war es gewohnt, dass ihr Vater nicht sprach, doch in diesem Moment fühlte sich seine schweigende Präsenz wie eine Mauer an, die sie von jedem Gefühl der Nähe und des Trostes trennte. Sie wollte etwas sagen, irgendein Wort, das diese beklemmende Leere durchbrechen konnte, aber nichts schien sich richtig anzufühlen. Die Worte blieben ihr im Hals stecken, während die Zeit sich wie in Zeitlupe zu ziehen schien.

Endlich, als die Spannung fast unerträglich wurde, zwang sich Ayame, die Stille zu durchbrechen. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, so leise, dass sie sich unsicher war, ob ihr Vater sie überhaupt hören konnte. „Wann... wann ist die Beerdigung?“

Ihre Augen blieben weiterhin auf die vorbeiziehenden Bäume gerichtet, als ob sie den Mut nicht aufbringen konnte, ihrem Vater ins Gesicht zu sehen. Sie hatte Angst davor, was sie in seinen Augen sehen würde – oder schlimmer noch, was sie nicht sehen würde.

Ihr Vater zögerte einen Moment, und die Pause schien ewig zu dauern, bevor er schließlich antwortete. Seine Stimme war ruhig und kontrolliert, so wie immer. „Übermorgen.“ Kein Trost, keine Sanftheit – nur ein nüchterner Fakt, ausgesprochen ohne einen Hauch von Emotion. Es klang fast so, als würde er einen geschäftlichen Termin ankündigen, nicht die Beerdigung seiner Frau.

Ayame nickte kaum merklich, doch die Worte ihres Vaters hallten in ihrem Kopf wider, als ob sie nicht wirklich zu ihr durchdringen wollten. Ihre Hände zitterten leicht, und sie spürte, wie sich ihre Kehle zuschnürte. Der Gedanke daran, dass ihre Mutter übermorgen beerdigt werden würde, fühlte sich surreal an. Bis zu diesem Moment hatte es sich wie ein Albtraum angefühlt, aus dem sie jeden Augenblick erwachen könnte. Doch nun, da die Realität unausweichlich näher rückte, wurde ihr klar, dass es kein Entkommen gab.

Die Zeit, die ihnen bis zum Anwesen des Fujimoto-Clans blieb, verstrich langsam. Ayame spürte, wie der Knoten in ihrer Brust immer größer wurde, während das Schweigen zwischen ihr und ihrem Vater schwer wie Blei auf ihr lastete.

Das Auto rollte langsam die lange Auffahrt des Anwesens hinauf, das Knistern der Reifen auf dem Kies durchbrach die Stille. Die Bäume, die sie umgaben, warfen düstere Schatten auf den Weg, die in der Dämmerung beinahe bedrohlich wirkten. Ayame starrte aus dem Fenster, doch die vertraute Umgebung, die sie sonst mit Ruhe erfüllt hatte, fühlte sich nun leer und unbedeutend an. Neben ihr saß ihr Vater, schweigsam wie die letzten Kilometer – sein Schweigen fühlte sich wie eine Mauer an, die sie beide voneinander trennte.

Fluch der Vergangenheit [JJK FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt