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Nach dem Vorfall schlief ich das ganze Wochenende kaum. Meine Gedanken kreisten ständig um die Ereignisse und ließen mich nicht zur Ruhe kommen. So lag ich nun, halb schlafend und völlig erschöpft, auf meinem Tisch in der Schule. Die Minuten schleppten sich dahin, während ich versuchte, meine Augen offen zu halten und mich irgendwie durch den Tag zu quälen.

Heute war Flo in der Schule, aber sie ignorierte mich komplett, als ob ich gar nicht existierte.

Ihre Worte vom letzten Mal hallten in meinem Kopf wider, und ich hielt mich daran, indem ich starr aus dem Fenster schaute und versuchte, mich nicht von ihrer Gegenwart beeinflussen zu lassen.

Plötzlich riss mich eine sanfte Stimme aus meinen Gedanken.

"Ist der Platz neben dir noch frei?" fragte ein Mädchen, das neben meinem Tisch stand.

Ohne großes Interesse drehte ich mich zu ihr um. Vor mir stand ein Mädchen mit leuchtend blauen Haaren, die ihr in weichen Wellen bis zu den Schultern fielen. Ihre grünen Augen musterten mich neugierig, als würde sie mehr in mir sehen wollen, als ich selbst bereit war zu zeigen.

Ich nickte nur und schob meinen Rucksack vom Stuhl neben mir, während mein Blick kurz an ihr vorbeiglitt. Flo saß in der Nähe, aber sie beachtete mich weiterhin nicht.

Dennoch sah ich, wie sie das blauhaarige Mädchen mit einem abwertenden Blick bedachte, als ob allein ihre Anwesenheit ein Ärgernis für sie wäre.

"Ich bin Sascha," stellte sich das Mädchen vor und streckte mir ihre Hand entgegen.

"Sam," erwiderte ich kurz angebunden und schüttelte ihre Hand.

Ihre Lippen verzogen sich zu einem freundlichen Lächeln, das eine ungewohnte Wärme ausstrahlte. Sie wirkte zugänglicher und freundlicher als Flo, und etwas an ihrer entspannten Art ließ mich kurz aufatmen.

Saschas Haut hatte einen leichten, sonnengeküssten Teint, und ihre Augen waren ein frisches, helles Grün, das mich an junge Blätter im Frühling erinnerte.

"Ich war die letzten Wochen leider krank," begann sie, während sie nervös mit ihren Fingern spielte.

Ihre Unsicherheit war fast greifbar, aber ihre Offenheit wirkte ehrlich und unverstellt.

"Würde es dir etwas ausmachen, mir den Stoff zu erklären?" fragte sie weiter und sah mich dabei hoffnungsvoll an.

"Kann ich machen," antwortete ich und versuchte, etwas mehr Begeisterung in meine Stimme zu legen.

"In der großen Pause?" schlug ich vor.

Sascha sah einen Moment überrascht aus, als hätte sie nicht damit gerechnet, dass ich so bereitwillig zustimmen würde. Dann nickte sie hastig, ein kaum hörbares "Danke" verließ ihre Lippen, das mehr wie ein gehauchtes Versprechen klang. Wir hatten noch ein paar Stunden bis zur Pause, und währenddessen schaute Sascha interessiert in mein Heft und folgte aufmerksam dem Unterricht.

Als es schließlich zur großen Pause klingelte, wurden wir abrupt unterbrochen. Flo trat an meinen Tisch, und ohne Vorwarnung knallte sie etwas auf die Tischplatte.

"Deine Sachen," zischte sie, ihre Stimme voller unausgesprochener Vorwürfe.

Es war mein Pulli und meine kurze Hose, die sie mir so heftig entgegenschmiss, als wolle sie damit ein weiteres unsichtbares Zeichen setzen.

Ich nahm die Kleidung und packte sie ruhig in meinen Rucksack, ohne auch nur ein Wort zu sagen oder Flo eines Blickes zu würdigen. Sascha, die das Ganze mit angesehen hatte, blickte verwirrt zwischen uns hin und her. Die Spannung in der Luft war fast greifbar, eine drückende Stille, die niemand zu durchbrechen wagte.

The devil's name is loveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt