Kapitel 7

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Aurelia

Nachdem ich das Fenster aufgerissen hatte, wehte eine kühle Brise herein und ließ die Vorhänge flattern. Ein Moment der Stille. Ein Moment, in dem ich mich umsah und das Zimmer richtig betrachtete. Mein Blick wanderte über die Möbel, die schlichte, aber elegante Einrichtung, die Wände und da waren sie. 

Gitarren. 

Fünf elektrische Gitarren hingen an der Wand, sorgfältig aufgereiht wie Waffen in einem Arsenal. Ich trat näher und betrachtete sie genauer. Jede einzelne war ein Kunstwerk, von der Lackierung bis zu den fein abgestimmten Saiten. Und da kam die Erinnerung zurück, an den Musikwettbewerb. Es war an diesem Tag, als ich Azrael zum ersten Mal wirklich wahrgenommen hatte, als er sich mir gezeigt hatte, nicht nur als der Mann, den ich beiläufig im Publikum bemerkt hatte. Nein, er hatte mich herausgefordert, auf eine Weise, die ich nicht ignorieren konnte. Ich erinnere mich noch genau an den Moment. Der Raum war voll, das Publikum summte vor Aufregung, während ich auf das Klavier zusteuerte, mein Instrument, meine Zuflucht. 

Doch plötzlich erklang eine E-Gitarre, und alle Augen wandten sich von mir ab – hin zu ihm. Azrael stand auf der Bühne, eine seiner Gitarren in der Hand, und spielte mit einer solchen Leidenschaft und Präzision, dass mir fast der Atem stockte. Es war eine Herausforderung, das war klar. Er hatte das nicht für die Menge getan. 

Er hatte es für mich getan. 

Seine Finger glitten über die Saiten, als würde er mit der Gitarre sprechen, sie zum Leben erwecken. Ich erinnere mich an den Blick, den er mir zuwarf, ein stummer Dialog, eine stumme Provokation. »Zeig mir, was du kannst«, schienen seine Augen zu sagen. Und das tat ich. 

Ich setzte mich ans Klavier und ließ meine Hände über die Tasten fliegen, ließ die Musik sprechen, denn Worte schienen in dem Moment überflüssig. Es war ein Duell, aber kein feindseliges. Es war, als würden unsere Seelen in der Musik miteinander kommunizieren. Und genau das machte mich so wütend. Wie konnte jemand, den ich kaum kannte, mich so herausfordern und gleichzeitig so sehr anziehen? 

Ich schüttelte den Kopf, um den Gedanken loszuwerden. Das hier war keine Bühne, das war die Realität. Eine gefährliche Realität, in die ich mich ohne es zu wollen verwickelt hatte. Ich musste hier raus. Mein Blick wanderte weiter durch den Raum, bis ich das Bett fixierte. Neben der Matratze stand ein kleiner Nachttisch, auf dem ein Glas Wasser und eine Uhr standen. Ein Gedanke schoss mir durch den Kopf, und ich eilte hinüber. In der Schublade des Nachttischs lag mein Handy. 

Azrael hatte es mir nicht abgenommen. Ich griff danach und entsperrte es schnell. Taavi. Ich musste ihn anrufen. Die Verbindung stellte sich her, und als ich seine vertraute Stimme hörte, konnte ich die Erleichterung in meiner Brust spüren. 

»Aurelia? Wo bist du? Was ist passiert?« Ich holte tief Luft und versuchte, meine Worte zu sortieren. 

»Taavi, ich... ich bin bei Azrael. Er hat mich mitgenommen, nachdem es im Club eskaliert ist. Ich...es ist kompliziert, aber ich bin gerade bei ihm zu Hause.« Taavi schwieg einen Moment, wahrscheinlich um zu verarbeiten, was ich ihm gerade erzählt hatte. 

»Hat er dir wehgetan?«, fragte er schließlich, und seine Stimme war voller Sorge. 

»Nein«, sagte ich schnell. 

»Er... es ist einfach nur viel passiert. Ich muss hier raus, Taavi. Aber ich will dich nicht in Gefahr bringen.« Ich zögerte, bevor ich hinzufügte: 

»Komm bitte nicht hierher. Ich treffe dich um 15 Uhr im Café an der Ecke. Versprich mir, dass du nicht herkommst.« 

»Aurelia, bist du sicher?« 

Teuflische SeelenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt