„O...okay. Soll ich dich fahren?" Die Frage kam so plötzlich, dass Fayn automatisch nickte. Aivens Mundwinkel wanderten nach oben. „Gut, dann gehst du noch schnell ins Bad und anschließend gehen wir runter zum Frühstück, einverstanden? Madalyn wartet bestimmt schon auf uns." Fayn seufzte und schob sich, ohne noch etwas zu erwidern, an seinem Freund vorbei ins Badezimmer. Der junge Mann schloss die Tür hinter sich und atmete hörbar aus. Sofort stieg ihm der Geruch von Lavendelseife in die Nase und zog ihn förmlich zurück in die Vergangenheit. Auch seine Großeltern hatten diese Seife besessen und der Duft war Fayn bis heute in Erinnerung geblieben. „Fayn? Bist du fertig?", rief Aiven in diesem Moment durch die geschlossene Tür. Er verdrehte die Augen. Weshalb drängelte Aiven denn so? Er konnte es wohl kaum erwarten endlich zu Madalyn zu kommen. Warum ging er dann nicht einfach alleine? Langsam trat Fayn an das mit goldenen Schnörkeln verzierte Waschbecken heran und wollte gerade den Wasserhahn aufdrehen, als sich der Raum plötzlich zu drehen begann. Fluchend stützte der junge Mann sich an dem kalten Porzellan ab. Sein gesamter Körper wurde von einem heftigen Zittern erfasst. Verdammt. Was war das denn schon wieder?
Nur mit Mühe schaffte Fayn es Aiven durch den endlos scheinenden Flur des Hotels zu folgen. Der Schwindel war noch immer nicht verschwunden und nach und nach schien es als würden die Beine des jungen Mannes immer schwerer werden. Verdammt! Er wischte sich die Schweißperlen von der Stirn. In diesem Zustand konnte er auf keinen Fall beim Frühstück aufkreuzen. Es war ja schon schlimm genug, dass er überhaupt mit Aiven und Madalyn essen musste. Fayn blieb stehen und stützte sich mit der rechten Hand an der blau gestrichenen Wand ab. Erneut begann er zu zittern und hatte das Gefühl jeden Moment umzukippen. Warum in aller Welt passierte das jetzt? Hier? Zu einem solch ungeeigneten Zeitpunkt? Keinen Herzschlag später drehte Aiven sich um. „Fayn? Was..." Er brach ab und kam näher. „Hey, was ist los mit dir?" Fayn antwortete nicht, holte tief Luft und genau da gaben seine Beine nach. Er fiel, sah sich schon auf den kalten Fliesen liegen, spürte bereits den Schmerz des Aufpralls. Doch so weit kam es nicht, denn bevor etwas Derartiges passieren konnte, legten sich zwei starke Arme um seine Hüfte und bewahrten ihn somit vor einem Sturz. Natürlich wusste er sofort wer ihn da festhielt. „Ich hab dich." Aivens blaue Augen tanzten vor Fayns Gesicht und beinahe verlor er sich wie schon so oft in ihnen. „Ist dir wieder schwindelig?" Er nickte und sein Freund hob besorgt die Brauen. „Vielleicht sollten wir das Frühstück lieber sein lassen und ins Krankenhaus fahren. Madalyn wird das sicher verstehen." „Quatsch.", wehrte Fayn ab. „Es...es geht bestimmt gleich...gleich wieder." „Beim letzten Mal habe ich dir gesagt, das wir, wenn es nicht besser wird zum Arzt fahren." Aivens Stimme klang entschlossen. „Aber das muss doch jetzt nicht sein. Bitte. Beim nächsten Mal gehe ich ins Krankenhaus oder zu einem Arzt, versprochen." Fayn lächelte und sein Freund rollte mit den Augen. „Na gut. Du hast gewonnen. Aber wenn so etwas noch einmal vorkommt, gibt es keine Wiederrede." Aiven löste seinen Griff und trat ein paar Schritte zurück. Ein Fehler, wie sich später herausstellen sollte. Denn genau mit dieser Aktion hatte Fayn, dessen Beine immer noch etwas schwach waren nicht gerechnet und so kam es, dass er das Gleichgewicht verlor und nach hinten kippte. Instinktiv versuchte er sich irgendwio festzuhalten und letztendlich krallten sich seine Finger in den Arm seines Gegenübers, welcher durch den Ruck ebenfalls zu fallen anfing. Schließlich lagen beide Männer am Boden, der Braunhaarige über dem Schwarzhaarigen. „Bist du verletzt?" War das Erste, was Aivens Mund verließ. Wieder waren sich ihre Gesichter so nah und ohne, dass Fayn es wollte, wanderte sein Blick zu den Lippen seines Freundes hinunter. „Nein. Mir...mir geht es gut." „Tut mir leid. Ich hätte dich nicht loslassen dürfen. Ich dachte, du kannst wieder einigermaßen stehen." „Schon okay, Aiven. Ich habe dich immerhin mit zu Boden gerissen." „Kein Problem.", lachte Aiven und automatisch strich Fayn ihm eine Strähne aus der Stirn. Augenblick gefror das Lachen des Blauäugigen. Zaghaft beugte er sich vor und verringert die Distanz zwischen seinem und dem unter ihm liegenden Gesicht. Die Lippen der beiden Männer kamen sich nun immer näher. Nur noch wenige Zentimeter. Fayns Herz begann zu rasen als sich Aivens Lippen auf seine legten. Doch keinen Wimpernschlag später zog sein Freund den Kopf zurück und rappelte sich auf. „Ich...wir sollten jetzt wirklich weiter. Madalyn fragt sich bestimmt schon, wo wir bleiben." Und da war er wieder. Der erneue Rückzieher. Fayn setzte sich auf. Weshalb entfloh Aiven jeder noch so intimen Situation?
Völlig in Gedanken versunken saß Fayn an dem kleinen Holztisch. Nachdem er mit Aiven und Madalyn ausgiebig gefrühstückt hatten, waren die beiden verschwunden. Wohin, das hatten sie nicht gesagt. Der junge Mann lehnte sich in seinem Stuhl zurück und seufzte. Es war ihm ehrlich gesagt auch egal. Sollten sie doch zusammen glücklich werden. Fayn stand auf und sah sich im Frühstücksraum um. Außer ihm saß nur ein rothaariger Mann an einem der Nachbartische. Das giftgrüne, karierte Hemd passte perfekt zu der ebenfalls grünen Stoffhose. Jetzt erhob sich der Fremde und streckte sich ausgiebig. Seine feuerroten Haare hatte er zu einem Zopf nach hinten gebunden. Fayn runzelte die Stirn. Woher kam dieser Mann so plötzlich? Er war doch zuvor noch nicht da gewesen. Oder? In diesem Augenblick drehte der Rothaarige sich um. Ein böses Lächeln tanzte um seine Mundwinkel. Fayn schnappte nach Luft. Der Mann aus dem Wald! Derjenige der Aiven und ihn damals im Wald verfolgt hatte. Nein. Er schüttelte den Kopf. Eine Halluzination. Das war erneut eine Halluzination. Fayn machte auf dem Absatz kehrt und verließ mit schnellen Schritten den Frühstücksraum. Keinen Wimpernschlag später ertönte ein lauter Knall.
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Das Grauen von Daisy Village🌼
Mistero / ThrillerFayn Musgrave wird Zeuge eines furchtbaren Verbrechens, welches ihn bis ins Mark erschüttert. Doch die Täter und all diejenigen, die sich retten konnten, verschwinden nach dem Ereignis spurlos. Einzig Fayn weiß, was passiert ist und gerät immer mehr...